2020. Das Jahr, das niemand wollte
Cyber & Risk Trends
- Politischer Aktivismus äußert sich auch im Bloßstellen von ausländischen kriminellen Gruppierungen oder staatlich sanktionierten, ausländischen Hackern durch inländische Nachrichtendienste bzw. Behörden. Was Anfang 2019 systematisch als Trend durch amerikanische Behörden begann und sich später durch Partner-Nachrichtendienste in Großbritannien und Australien fortsetzte, hat jedoch noch einen weiteren wesentlichen Hintergrund: Durch eine Veröffentlichung von bis dato geheimen Angriffswerkzeugen und Methoden werden private Sicherheitsforscher motiviert, weiter zu forschen – eine Art „Crowd Sourcing” von Cybersicherheit entsteht. Ziel ist es, bereits weniger bekannte Software oder Onlinedienste bei IT-Verantwortlichen als mögliche Angriffsvektoren darzustellen und so rechtzeitig zu verbannen. Auch bei diesem Trend gibt es Kollateralschäden, wie politisch-motivierte Interventionen zu TikTok und Huawei im Jahr 2020 demonstrierten. Der im Jahr 2020 etablierte „Trumpismus“ wird uns als politische Bewegung noch länger begleiten, wie Beobachter meinen. Erste Anzeichen sind in Europa bereits sichtbar: Die rechtsextreme Initiative „Ein Prozent“ schürt seit einiger Zeit Zweifel an der Zuverlässigkeit der Briefwahl für die im Jahr 2021 kommenden Landtags-, Kommunal- und Bundestagswahlen in Deutschland.
- Geopolitisch rätseln Experten, wie der designierte US-Präsident Joe Biden und sein Kabinett die diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea gestalten werden. Denn trotz Corona-Krise, dramatischen Handelseinbrüchen mit dem verbündeten China und ersten Anzeichen einer kommenden Hungerkatastrophe präsentierte der nordkoreanische Diktator auch noch im Oktober 2020 eine neue Interkontinentalrakete und pocht weiterhin auf die Eröffnung des Mega-Zentralspitals im Herzen von Pjöngjang. Neben den Abteilungen 3 und 5 des nordkoreanischen Nachrichtendienstes „Reconnaissance General Bureau“ mehren sich ebenfalls Gerüchte, dass russische Nachrichtendienste möglicherweise sehr gut an den ausländischen Opfern erpresserischer Schadsoftware verdienen. Mitglieder der Gruppierung Maze entstammen gerüchteweise aus dem Umfeld russischer Geheimdienste, was das abrupte Ende von Maze vor wenigen Wochen erklären könnte.
- Staatlich sanktionierte Spionage wird durch die Erfolgsmeldungen zu Impfstoffen gegen Corona/Covid-19 beschleunigt. Klarerweise müssen international sanktionierte Länder verstärkt mit unerlaubten Mitteln nach wirksamen Alternativen zu eigenen medizinischen Wirkstoffen suchen. Dies erinnert sofort an den berühmten Begriff „Schurkenstaat“. Ein dänischer Whistleblower veröffentlichte im November erste Details zu einer nachrichtendienstlichen Kooperation zwischen dem dänischen Militärnachrichtendienst und dem Nachrichtendienst der Vereinigten Staaten. Zu den betroffenen „Schurkenstaaten“ zählen gemäß Enthüllungen, veröffentlicht von der Zeitung Jyllands-Posten und Radio Dänemark, Länder wie Deutschland, Frankreich, Schweden, Norwegen und Holland. Im Hauptfokus der Spionage standen vor allem große staatliche Beschaffungen dieser Länder. Der Fall demonstriert, dass politische Versprechen zu keiner Spionage unter befreundeten Staaten, nach den Enthüllungen von Edward Snowden, wieder gebrochen wurden.
- Virtuelle Lösegelderpressungen bzw. Ransomware wird im Jahr 2020 treffend als „Pandemie in der Pandemie“ bezeichnet. Sicherheitsforscher sehen dabei die folgenden Trends für 2021: Da immer öfter Betreiber von kritischer Infrastruktur durch Schadsoftware bedroht werden, könnte sie absichtlich oder sogar unabsichtlich zu einem Großausfall von kritischer Infrastruktur in einem westlichen Land führen und möglicherweise für Todesfälle verantwortlich werden. Auch gibt es schon Überlegungen, ob zukünftig Gendatenbanken zum Ziel von Cyberangriffen mit Datenlecks werden könnten, da aus solchen der genetische Fingerabdruck von Personen auslesbar wäre. Für viele bald spürbar wird jedoch der Trend im Jahr 2021, dass die Versicherungsprämien für Cyberversicherungen steigen werden. Große internationale Versicherungsgesellschaften sprechen dabei von möglichen 20-30% Anstieg bei den Versicherungsprämien.
Das nächste Update folgt im Jänner 2021. Benötigen Sie Literaturhinweise zu den Beispielen oder interessieren Sie sich für unsere Leistungen in diesem Bereich? Unsere Spezialisten Ewald Kager und Lorenz Szabo stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.