Interessenskonflikt im Family Office vorprogrammiert?

Wandel ist ein ständiger Begleiter in unser aller Leben. Das permanente Erneuern und Anpassen an geänderte Rahmenbedingungen begleitet uns im privaten Bereich, in der Natur, aber auch im wirtschaftlichen Kontext. Neue Trends und globale Herausforderungen wie der Klimawandel oder die momentan allgegenwärtige Covid-19-Krise machen es auch für Unternehmen notwendig, sich in ihrer Markpositionierung laufend neu zu definieren und zu erfinden. Nur dadurch gelingt es, am Puls der Zeit zu bleiben und Kundenbedürfnisse besser als die Konkurrenz zu erkennen, um so in einer globalisierten Welt langfristig zu bestehen. Damit notwendige Impulse für die Zukunft gesetzt werden können, stellt sich in Familienunternehmen in diesem Zusammenhang zu gegebener Zeit die Frage nach einem Generationenwechsel. Um den Übergang von einer Generation auf die andere möglichst friktionsfrei zu gestalten, gilt es hier einige wichtige Punkte zu beachten.
 

Generationenkonflikt und -konsens liegen oft nahe beieinander. Wie bereits die Kommunikationstheorie zeigt, ist es nicht (nur) wichtig, was A sagt, sondern insbesondere von Relevanz, was B versteht. Vor diesem Hintergrund wird zwischen unterschiedlichen Generationen regelmäßig über vergleichbare Themen gesprochen und eine ähnliche Zielsetzung verfolgt, die involvierten Generationen finden dennoch oftmals schwer zueinander. Allem voran sind Unternehmensübergaben innerhalb einer Familie ein komplexes Thema. Die „ältere Generation“ will das eigene Lebenswerk nicht aufs Spiel setzen bzw. loslassen. Die „jüngere Generation“ steht vor dem Hintergrund sich laufend ändernder Marktbedingungen akutem Handlungsbedarf für strategische und organisatorische Änderungen. Zwei auf den ersten Blick in gegenteilige Richtungen laufende Ziele, die sich jedoch sinnvoll verbinden lassen. Aufgrund einer falschen Herangehensweise können sie jedoch häufig zu generationsübergreifendem Streit, Bruch mit der Familie und/oder Schaden für das Unternehmen führen.


Struktur & Commitment als Grundpfeiler für den friktionsarmen Übergang

Um familieninternen Streitigkeiten/Differenzen durch maßgeschneiderte Governance-Strukturen vorzubeugen, werden Family Offices in Österreich gesellschaftsrechtlich regelmäßig in Privatstiftungen organsiert. Dadurch ist gewährleistet, dass sämtliche Familienmitglieder, auch unterschiedlicher Generationen und Familienstränge, durch geeignete Partizipationsstrukturen regelmäßig an einen Tisch gebracht werden. Mittels dieser Struktur, basierend auf einer soliden Grundlage und verschriftlichten Statuten für die Familie, können die Familienmitglieder optimale Entscheidungen für das Unternehmen sowie das sonstige Familienvermögen treffen. Die Wahl der Rechtsform einer Privatstiftung kann insbesondere auch aus nicht steuerlichen Gründen ungeachtet von der Art und der Vermögensstruktur des an die Privatstiftung zu übertragenden Vermögens (z.B. Unternehmensanteile, Immobilien, Wertpapiere, Kunst & andere Vermögenswerte) Sinn machen, da auf diese Art und Weise eine Bündelung der Vermögenswerte ermöglicht wird. In weiterer Folge kann auch eine Zerschlagung des Vermögens (durch die Nachfolgegeneration) verhindert werden. Durch den in den Stiftungsurkunden festgelegten Stiftungszweck wird des Weiteren ein Rahmen festgelegt, der generationsübergreifend für Guidance sorgen soll.


Neue Managementkonzepte bestimmen die Zukunft des Family Offices

Generelle Guidance und das geordnete Treffen familienintern abgestimmter (mittel- und langfristiger) Entscheidungen ist aber nicht alles. Kurzlebige Wirtschaftszyklen erfordern ein proaktives Management von Familienunternehmen und verlangen nach zeitnahen, treffsicheren Entscheidungen. Auch müssen Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidungen in diversen Assetklassen (Private Equity, Aktien, Fonds, Immobilien etc.) laufend richtig evaluiert werden. Erfahrungsgemäß gibt es in diesem Zusammenhang in vielen Privatstiftungen noch einiges an Nachholbedarf. Oftmals ist weder eine klar kommunizierte Strategie ex ante („Wo wollen wir in 5 Jahren stehen?“) vorhanden, noch findet ein aktives Controlling der Ziele ex post („Haben wir das erreicht, was wir uns vorgenommen haben?“) statt. Dieser Umstand verlangt nach Veränderung, um Familienvermögen nachhaltig absichern und zukunftsweisende Schritte rechtzeitig setzen zu können.


Zusammenfassend

  • Der Generationenübergang in Familienunternehmen kann ohne das Setzen der geeigneten Maßnahmen zu gravierenden Friktionen innerhalb der Familie und negativen Konsequenzen für das Familienunternehmen führen.
  • Die Organisation des Familienvermögens in einer Privatstiftung schafft treffsichere und klar definierte Governance-Strukturen und Partizipationsmöglichkeiten im generationsübergreifenden Austausch.
  • Die Privatstiftung muss im 21. Jahrhundert ankommen und darf keinen reinen Vermögensverwaltungscharakter haben.
  • Kurzlebige Wirtschaftszyklen verlangen nach zeitnahen Entscheidungen basierend auf einer soliden Datenbasis, einem laufenden Stiftungscontrolling und einer klar kommunizierten Strategie.

 

Mag. Christopher Houben, Director und Prokurist, gibt auf Basis langjähriger Erfahrung personalisierte Empfehlungen in den Bereichen Turnaround, Controlling & Optimierung.