Entwurf der Gold Plating Verordnung – Vereinfachungen in der Rechnungslegung
29 November 2018
Das Regierungsprogramm 2017 – 2022 sieht in seinem Kapitel „Moderner Verfassungsstaat“ eine „Deregulierung und Rechtsbereinigung“ vor, die die „Evaluierung von Rechtsnormen einschließlich Staatsverträgen auf ihre Notwendigkeit (inklusive Prüfung der Übererfüllung von EU-Recht)“ beinhaltet. Die Bundesregierung hat daraufhin ein sogenanntes Gold-Plating-Projekt initiiert, mit dem Übererfüllungen europarechtlicher Vorgaben zurückgenommen werden sollen.
Seit kurzem gibt es den ersten Entwurf einer Sammelnovelle Gold Plating, in der diverse Materien, allen voran das Unternehmensgesetzbuch bereinigt werden. Sollte der Entwurf vom Nationalrat verabschiedet werden, können folgende inhaltliche Änderungen erwartet werden:
Mit dem RÄG 2014 wurde in § 189a Z 4 UGB eine Definition des beizulegenden Zeitwerts in das UGB aufgenommen und in § 204 Abs 2 UGB als Bewertungsmaßstab für Finanzanlagen (mit Ausnahme der Beteiligungen) sowie gem § 207 UGB für Gegenstände des Umlaufvermögens übernommen. § 189a Z4 UGB definierte den beizulegenden Zeitwert bei Finanzinstrumenten danach als einen mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmodelle und –methoden bestimmten Wert, sofern sich für diese eine Marktwert nicht verlässlich ermitteln lässt und die angewandten Modelle und Methoden eine ausreichende Annäherung an den Marktwert gewährleisten.
Aufgrund dieser Definition wurde argumentiert, dass der beizulegende Zeitwert für Finanzinstrumente grundsätzlich in allen Fällen ermittelt werden kann, und Zins- und Marktrisiken daher bei der Bewertung sämtlicher Finanzinstrumente und damit zB auch bei der Bewertung von Kundenforderungen in Industrie- und Handelsunternehmen zu berücksichtigen sei. Die Erl RV zu den RÄG-Änderungen in § 207 hielten andererseits jedoch fest, dass damit keine inhaltliche Änderung verbunden sei. Bei Finanzinstrumenten, insbesondere bei Kundenforderungen im Industrie- und Handelsbereich, waren daher die Auslegung des Begriffs beizulegender Zeitwert und dessen Auswirkung auf die Bewertung aufgrund der RÄG-Änderungen unklar.
Mit der Sammelnovelle werden nun folgende Änderungen vorgeschlagen:
- für das Anlagevermögen wird in § 204 Abs. 2 UGB auch für die Bewertung der Finanzanlagen der beizulegende Wert und damit jener Wert, der den Nutzungswert für das Unternehmen darstellt, als Maßstab normiert (Wegfall des Halbsatzes, wonach Finanzanlagen zum niedrigeren beizulegenden Zeitwert abzuschreiben sind). Bei Wertpapieren mit Börsenkurs ist damit weiterhin wie bisher der Börsenkurs für die Bewertung heranzuziehen, während bspw. bei Ausleihungen im Zeitpunkt der Bewertung eine Abzinsung mit dem fristen- und risikokonformen Zinssatz erfolgt.
- für den Bereich des Umlaufvermögens wird nicht mehr der beizulegende Zeitwert als Bewertungsmaßstab für die Erfassung von Wertminderungen festgesetzt, sondern der niedrigere Börsenkurs oder Marktpreis. Sollte dieser nicht ermittelt werden können, ist in der Bewertungshierarchie somit keine subsidiäre Bewertung auf Basis allgemein anerkannter Modelle und Methoden mehr erforderlich, sondern der beizulegende Wert heranzuziehen. Folglich werden bei der Forderungsbewertung lediglich die Verzinslichkeit, der Kurs der zugrunde liegenden Währung sowie die Einbringlichkeit, nicht jedoch allfällige Zins- und Marktrisiken zu berücksichtigen sein.
- Die Erl RV halten fest, dass es sich bei diesen Änderungen nur um Klarstellungen handelt, die bereits der ursprünglichen Intention des RÄG 2014 entsprechen und bekräftigen damit, dass es bereits durch das RÄG 2014 inhaltlich zu keinen Änderungen gekommen ist.
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Die Möglichkeit Rückstellungen für Abfertigungen und Jubiläumsgelder nach finanzmathematischen Grundsätzen zu berechnen, wenn dagegen im Einzelfall keine erheblichen Bedenken bestehen, wird in § 211 Abs 1 UGB gesetzlich verankert. Der Gesetzgeber folgt damit der bereits bisher in AFRAC 27 vertretenen Auffassung und schreibt diese Möglichkeit der vereinfachten Berechnung explizit gesetzlich fest.
Auch hinsichtlich der Anwendungsvoraussetzungen („wenn im Einzelfall keine erheblichen Bedenken bestehen“) folgt der Gesetzgeber den Erläuterungen entsprechend der bisherigen Kommentarmeinung und der AFRAC Stellungnahme. Bedenken gegen eine finanzmathematische Berechnung ergeben sich danach dann, wenn aufgrund der großen Anzahl der Mitarbeiter und/oder der starken Fluktuation eine finanzmathematische Bewertung die Risiken für den voraussichtlich zu leistenden Betrag nicht ausreichend berücksichtigt und dieser Fehlbetrag außerdem wesentlich ist. Ein freies Wahlrecht soll allerdings nicht eröffnet werden. Die Erläuterungen halten diesbezüglich ergänzend fest, dass der in § 201 Abs. 2 Z 7 UGB normierte Grundsatz der bestmöglichen Schätzung impliziert, dass bereits vorhandene statistische Daten und versicherungsmathematische Kalkulationen weiterhin für die Rückstellungsbewertung heranzuziehen sind.
Hinsichtlich der Jubiläumsgeldrückstellungen halten die Erläuterungen Folgendes fest: „Auch Jubiläumsgeldzusagen kann es ausreichend sein, dass eine finanzmathematische Berechnung angestellt und dieser Betrag durch Berücksichtigung Fluktuationswahrscheinlichkeit korrigiert wird.“ Auch dies entspricht dem Succus von AFRAC 27. Die Erläuterungen zu Rz 68 und 83 enthalten dazu weitere detaillierte Anwendungshinweise.
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Die Anwendung des Grundsatzes der Wesentlichkeit wird erweitert:
Mit dem RÄG 2014 wurde der Begriff der Wesentlichkeit im UGB verankert. Entsprechend dem Mitgliedstaatenwahlrecht der EU Bilanz-Richtlinie wurde der Anwendungsbereich in § 196 Abs 2 UGB jedoch auf die Bereiche „Darstellung“ und „Offenlegung“ beschränkt.
Mit der vorliegenden Novelle soll diese Einschränkung wieder aufgehoben werden, womit der Wesentlichkeitsgrundsatz in Zukunft umfassend und erstmalig auch auf die für die Bilanzierung wesentliche Bereiche „Ansatz“ und „Bewertung“ anwendbar sein wird. Im Gegensatz zu den erläuterten Gesetzesänderungen bei den Finanzinstrumenten und Personalrückstellungen kommt es hier zu einer materiellen Änderung, die im Hinblick auf die internationale Entwicklung der Rechnungslegung zu begrüßen ist. Mit der Gesetzesänderung wäre auch klar, dass der Grundsatz der Wesentlichkeit auch uneingeschränkt bei der Anhang-Erstellung berücksichtigt werden kann. Derzeit ist dies strittig.
Das AFRAC hat im März den Entwurf einer Stellungnahme zur Wesentlichkeit bei der Aufstellung von UGB-Abschlüssen (AFRAC 33) veröffentlicht, der nun im Lichte der Änderungen durch das Gold-Plating überarbeitet werden wird.
Die Novelle sieht eine Anwendung der Verordnung ab 1. Juli 2019 vor und wäre (die Beschlussfassung in der vorliegenden Form vorausgesetzt) erstmalig auf Unterlagen der Rechnungslegung für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2018 beginnen.