Trotz langen Wartens ist immer noch nicht klar, ob in Deutschland eine neue Regierung gefunden ist. Die CDU stimmte auf ihrem Parteitag am 26. Februar 2018 dem Koalitionsvertrag mit CSU und SPD zu. Abzuwarten bleibt das Mitgliedervotum der SPD. In dem 177 Seiten starken Koalitionsvertrag sind zu den verschiedensten Bereichen auch steuerliche Themen enthalten. Neben konkreten Änderungen gibt es auch zahlreiche allgemeine Absichtserklärungen. Das Wichtigste haben wir für Sie nachfolgend zusammengestellt:
Allgemeines
Schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags
Ab dem Jahr 2021 soll der Solidaritätszuschlag schrittweise abgeschafft werden; in einem ersten Schritt im Umfang von EUR 10 Mrd. Durch eine Freigrenze mit Gleitzone sollen rund 90 % der Steuerpflichtigen vollständig vom Solidaritätszuschlag entlastet werden. Damit soll insbesondere eine Entlastung unterer und mittlerer Einkommensgruppen erfolgen.
Vermeidung der kalten Progression
Damit die Steuerbelastung der Bürger nicht erhöht wird, will die Regierung auch zukünftig alle zwei Jahre den Einkommensteuertarif zur Vermeidung der kalten Progression an die Inflationsrate anpassen.
Gerechte Verteilung der Steuerlast bei Ehegatten
Es wird eine Verbesserung der Informationen zum Faktorverfahren bei der Besteuerung von Ehegatten angestrebt. Steuerpflichtige mit Steuerklassenkombinationen III/V sollen in ihren Steuerbescheiden künftig regelmäßig über das Faktorverfahren informiert werden und auf die Möglichkeit zum Wechsel in die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor hingewiesen werden.
Steuerliche Entlastungen für E-Fahrzeuge
Bei der pauschalen Dienstwagenbesteuerung von Privatfahrten soll für E-Fahrzeuge (Elektro- und Hybridfahrzeuge) ein reduzierter Satz von 0,5 % des inländischen Listenpreises eingeführt werden (bisher: 1 %).
Für gewerblich genutzte Elektrofahrzeuge soll zudem befristet für fünf Jahre eine Sonderabschreibung von 50 % im Jahr der Anschaffung eingeführt werden. Diese Änderungen erfolgen im Zuge der Förderung der Elektromobilität in Deutschland.
Steuerliche Entlastung für ehrenamtliche Tätigkeiten
Es sollen künftig höhere steuerliche Förderungen von bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten erfolgen, um die Bereitschaft für ehrenamtliche Aufgaben zu erhöhen und diesen Tätigkeiten mehr Anerkennung zu widmen.
Familien
Erhöhung des Kindergeldes um EUR 25
Das Kindergeld und der Kinderfreibetrag sollen erhöht werden. Geplant ist die Erhöhung des Kindergeldes pro Kind um insgesamt EUR 25 pro Monat in zwei Teilschritten, zum 01.07.2019 um EUR 10 und zum 01.01.2021 um EUR 15. Der steuerliche Kinderfreibetrag soll gleichzeitig entsprechend erhöht werden. Ob das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag günstiger ist, wird vom Finanzamt im Rahmenabgegebenen Steuererklärung geprüft.
Zuschuss für die Eigentumsbildung von Familien
Um die Eigentumsbildung von Familien finanziell zu unterstützen, soll für den Ersterwerb eines Neubaus oder einer Bestandsimmobilie ein „Baukindergeld“ als Zuschuss in Höhe von EUR 1.200 pro Kind und Jahr über einen Zeitraum von zehn Jahren gezahlt werden. Das Baukindergeld soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von EUR 75.000 im Jahr und einem zusätzlichen Freibetrag von EUR 15.000 je Kind gewährt werden. Es gibt z.Zt. keine eindeutigen Informationen, inwieweit ein entsprechender Antrag ggf. sogar rückwirkend zum Stichtag der Bundestagswahl im September 2017 gestellt werden kann.
Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer
Für den erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien soll ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer geprüft werden. Generell liegt der derzeitige Steuersatz je nach Bundesland zwischen 3,5 % und 6,5 %. Mit der Einführung eines Freibetrages würden die Nebenkosten beim Grundstückserwerb sinken.
Immobilien
Sonderabschreibungen für Wohnungsneubau
Bis Ende des Jahres 2021 sollen befristete Sonderabschreibungen zur Förderung des freifinanzierten Wohnungsneubaus eingeführt werden, welche zusätzlich zur linearen Abschreibung 5 % p.a. in einem Zeitraum von vier Jahren betragen.
Energetische Gebäudesanierung
Die energetische Gebäudesanierung soll gefördert werden; dem Antragsteller soll ein Wahlrecht zwischen einer Förderung durch Zuschuss oder durch Reduzierung des zu versteuernden Einkommens eingeräumt werden.
Modernisierung der Grundsteuer
Durch die Einführung einer Grundsteuer C soll es den Gemeinden möglich gemacht werden, zusätzlich Bauland zu mobilisieren. Unbebaute Grundstücke sollen demnach zukünftig höher besteuert werden, um Baulandeigentümer zum Realisieren von Bauprojekten anzuregen.
Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass derzeit ein Verfahren zur Überprüfung der Grundsteuer beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Hintergrund ist in erster Linie die Anknüpfung der Bemessung der Grundsteuer an die Wertverhältnisse von 1964. Das Urteil, welches im Sommer erwartet wird, könnte den Gesetzgeber zu einer umfassenden Reform der Grundsteuer zwingen.
Missbräuchliche Gestaltung von Share Deals bei der Grunderwerbsteuer
Es soll eine gesetzliche Regelung zur Beendigung von – vermeintlich - missbräuchlichen Steuergestaltungen bei der Grunderwerbsteuer mittels „Share Deals“ umgesetzt werden. Die dadurch gewonnenen Mehreinnahmen können – entsprechend der Idee im Koalitionsvertrag - von den Ländern zur Senkung der Steuersätze verwendet werden. Bei den hier gemeinten „Share Deals“ werden etwas weniger als 95 % der Anteile übertragen. Dadurch gilt das rechtliche Eigentum als nicht übertragen und es ist keine Grunderwerbsteuer zu entrichten.
Kapitalvermögen
Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Zinserträge
Mit der Etablierung des automatischen Informationsaustausches (AIA) soll die Abgeltungsteuer auf Zinserträge abgeschafft werden. Diese sollen in Zukunft (wieder) mit dem jeweiligen persönlichen Steuersatz besteuert werden. Zum automatischen Informationsaustausch über Finanzkontenhaben haben sich weltweit mehr als 100 Staaten bekannt.
Hinsichtlich Dividenden, Veräußerungsgewinnen und anderen Kapitalerträge bleibt es – allem Anschein nach - dagegen weiterhin bei der derzeit geltenden Rechtslage.
Unternehmensgründungen
Unterstützung von Start-Ups
Um Unternehmensgründungen weiterhin zu fördern, sollen Unternehmen in den ersten beiden Jahren nach ihrer Gründung von der Verpflichtung zur Abgabe von monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit werden.
Die Bedingungen zur Mobilisierung von privatem Wagniskapital sollen verbessert werden.
Des Weiteren soll eine Entbürokratisierung durch das „One-Stop-Shop“ Prinzip für Antrags-, Genehmigungs- und Besteuerungsverfahren erreicht werden.
Zudem sollen kleinere und mittlere Unternehmen eine steuerliche Förderung zu ihren Forschungs- und Entwicklungskosten erhalten, die bei den diesbezüglichen Personal- und Auftragskosten ansetzt.
International
Einführung einer europaweiten Ertragsbesteuerung
Mit einer deutsch-französische Initiative will man sich für eine gemeinsame und einheitliche Steuerbemessungsgrundlage sowie Mindeststeuersätze der Körperschaftsteuer einsetzen. Damit soll ein gemeinsamer Rahmen für Unternehmenssteuern in Europa in Zusammenarbeit mit Frankreich angestrebt werden.
Finanztransaktionssteuer in Europa
Die Einführung einer „substantiellen“ Finanztransaktionssteuer in Europa soll zum Abschluss gebracht werden.
Umsatzsteuer
Ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf europäischer Ebene
Für gewerblich gehandelte Kunstgegenstände, E-Books, E-Papers und andere elektronische Informationsmedien wollen sich die Koalitionspartner für einen europaweiten ermäßigten Mehrwertsteuersatz einsetzen.
Umsatzsteuerbetrug im E-Commerce
Zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs im E-Commerce sollen gesetzliche Regelungen geschaffen werden. Sofern die Betreiber von elektronischen Marktplätzen den Handel unredlicher Unternehmer/-innen nicht unterbinden, sollen sie für Steuerschulden (in diesem Fall für ausgefallene Umsatzsteuer) in Anspruch genommen werden. Des Weiteren sollen den Betreibern Auskunftspflichten zu ihren Händlern/Händlerinnen auferlegt werden.
Erhebungs- und Erstattungsverfahren der Einfuhrumsatzsteuer
Das Erhebungs- und Erstattungsverfahren der Einfuhrumsatzsteuer soll in Kooperation mit den Bundesländern optimiert werden.