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VwGH: Auch Mietzeiten sind für die Fristenberechnung bei der Hauptwohnsitzbefreiung relevant

15 März 2018

Seit den gesetzlichen Änderungen durch das Stabilitätsgesetz 2012 unterliegen Immobilienveräußerungen unabhängig von der Behaltedauer der Einkommensteuerpflicht. Von dieser umfassenden Steuerpflicht sind lediglich selbst hergestellte und als Hauptwohnsitz genutzte Gebäude bzw. Immobilien ausgenommen. Die letztgenannte Ausnahme stand bereits des Öfteren in Diskussion. Die Anwendbarkeit der Befreiung für die Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen ist nämlich nur in zwei Konstellationen möglich. Dies, wenn das Eigenheim dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder alternativ wenn das veräußerte Gebäude ab der Anschaffung bis zur Veräußerung durchgehend für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren als Hauptwohnsitz gedient hat und der Wohnsitz aufgegeben wird.

Strittig war in einem vor Kurzem vom österreichischen Höchstgericht entschiedenen Fall, wie der Fristenlauf im Falle der erstgenannten Hauptwohnsitzbefreiung (5-Jhresfrist) zu ermitteln ist, wenn die veräußerte Immobilie zwar innerhalb der oben gennannten Fristen als Hauptwohnsitz gedient hat, der Veräußerer jedoch nicht während des gesamten Zeitraumes Eigentümer der Immobilie war.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) lehnte die Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung mit der Begründung ab, dass die Hauptwohnsitzbefreiung die Nutzung einer Eigentumswohnung während bestimmter Fristen als Eigentümer erfordere. Die Hauptwohnsitzbefreiung käme daher nicht zur Anwendung, wenn der spätere Eigentümer und Veräußerer der Immobilie während eines Teiles dieser maßgeblichen Fristen nicht Eigentümer war. Das BFG vertrat daher die Ansicht, dass die Veräußerung der Besteuerung unterliege.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) teilte die Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht: Der Wortlaut der Befreiungsbestimmung stellt nur auf die durchgehende Nutzung der Wohnung als Hauptwohnsitz, nicht aber auf einen bestimmten Rechtstitel für diese Nutzung ab. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn (der Finanzierung eines neuen Wohnsitzes) lässt sich ableiten, dass die Anwendbarkeit dieser Befreiung die Eigentümerstellung während des Zeitraumes, in dem die Wohnung dem Steuerpflichtigen als Hauptwohnsitz diente, voraussetze.

Das österreichische Höchstgericht kam daher zu dem Ergebnis, dass Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung gegeben und die Veräußerung daher als steuerfrei zu behandeln war. Die Tatsache, dass die gegenständliche Wohnung nicht über den gesamten Zeitraum, in dem sie dem Steuerpflichtigen als Hauptwohnsitz gedient hat, eine „Eigentumswohnung“ war, ändere an der Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung nichts.

 

Ansprechpartner:
Dr. Stephanie Novosel, MSc (WU)
Steuerberater, Manager Tax
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