Die Novelle des Verwaltungsstrafgesetzes sieht bei hohen Strafdrohungen künftig die Unschuldsvermutung vor. Dennoch haben Leitungsorgane im Fall des Falles die Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nachzuweisen, um mögliche verwaltungsstrafrechtliche Haftung zu vermeiden.
Am 01.01.2019 traten umfassende Änderungen des Verwaltungsstrafgesetzes in Kraft. Darunter auch die neue Bestimmung des § 5 Abs 1a VStG. Danach gilt § 5 Abs 1 zweiter Satz nicht, „wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.“ Nach § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG hat sich der Täter frei zu beweisen – er hat, sofern ein verwaltungsstrafrechtlicher Tatbestand erfüllt ist, der keinen Schadens- oder Gefahreneintritt zum Gegenstand hat, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Konkret bedeutet dies, dass bei Verwaltungsübertretungen mit Strafdrohung bis zu EUR 50.000 der Täter selbst seine Unschuld nachzuweisen hat, während bei EUR 50.000 übersteigender Strafdrohung die Unschuldsvermutung gilt und die Verwaltungsbehörde ein Verschulden des Täters zu beweisen hat.
Bei juristischen Personen und eingetragenen Personengesellschaften sind gemäß § 9 Abs 1 VStG die zur Vertretung nach außen berufenen Personen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich. Um sich von der Verantwortlichkeit befreien zu können, hat eine solche Person (Geschäftsführer, Vorstand etc.) glaubhaft zu machen, dass ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet wurde, welches im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lässt, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist (vgl VwGH 20.03.2018, Ra 2017/03/0092). Die Judikatur stellt an den Nachweis des fehlenden Verschuldens strenge Kriterien.
Dies will der Gesetzgeber nunmehr ändern: Die Erläuterungen zur Verwaltungsstrafrechtsnovelle sehen vor, dass ein Verschulden nicht anzunehmen sein soll, „wenn der Verantwortliche nachweise, dass er eine qualitätsgesicherte Organisation eingerichtet und geführt hat, die durch externe Prüfung oder durch interne Überwachung (…) regelmäßig kontrolliert wird.“ Ausweislich der Erläuterungen stellen folgende Maßnahmen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer qualitätsgesicherten Organisation dar:
- Betrauung eines verlässlichen und geschulten Mitarbeiters mit Kontrollaufgaben
- Fortlaufende Mitarbeiterschulungen
- Einsatz automatisierter Überwachungsinstrumente
- Sicherstellung des Vier-Augen-Prinzips
- Regelmäßige Prüfung unter Ziehung von Stichproben
Ein Internes Kontrollsystem (IKS) ist dabei so auszugestalten, dass Einhaltung der einschlägigen Verwaltungsvorschriften gewährleistet und nachgewiesen werden kann. Der VwGH anerkennt, dass betriebliche Kontrollsysteme sich nicht gleichen und daher einer einzelfallbezogenen Beurteilung unterliegen (vgl VwGH 29.01.2018, Ra 2017/04/0144). Ein IKS muss daher der konkreten Situation eines Unternehmens Rechnung tragen, sodass ein IKS nicht nur anhand der anwendbaren Gesetze und Verordnungen, sondern auch anhand der Unternehmensgröße, -strukturen und –ressourcen zu planen und umzusetzen ist.
Die im Rahmen eines IKS implementierten Kontrollen und Maßnahmen sind nachvollziehbar zu dokumentieren (Risiko-Kontroll-Matrix, Schulungsnachweise, interne Richtlinien, Systembeschreibungen); nicht nur um die Umsetzung im Fall des Falles der Verwaltungsbehörde nachweisen zu können, sondern auch um die Prüfung des IKS durch eine interne oder externe Stelle zu ermöglichen.
Die Prüfung des IKS kann dabei durch die interne Revision erfolgen, die gegebenenfalls auch von externen Beratern beigestellt werden kann. Externe Prüfer sollten zumindest in regelmäßigen Abständen beigezogen werden, um eine unabhängige Qualitätssicherung in Bezug auf die interne Prüfung und Überwachung vorzunehmen. Darüber hinaus kommt auch die Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers mit der Durchführung einer Sonderprüfung in Betracht: Ein Prüfbericht eignet sich als Nachweis für die Effektivität eines IKS und ist potentiell ein „Gütesiegel“ für das betriebliche IKS.
Kurzum: ein wirksames, dokumentiertes und regelmäßig geprüftes IKS kann künftig wesentlich zur Verringerung bzw. Vermeidung verwaltungsstrafrechtlicher Haftung beitragen.
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