Alles muss heutzutage agil sein. Vom Management, über Softwarelösungen, Projektmanagement und Teams - agiles Handeln steht hoch im Kurs. Historisch betrachtet kommt dieser Ansatz aus der Softwareentwicklung. Agilität wird erreicht, indem kleine funktionsübergreifende Teams gebildet werden, die sich selbst organisieren. Sie arbeiten Aufgaben mit knappen Deadlines nicht parallel ab, sondern sequenziell und mit Eigenverantwortung. Dadurch entsteht Fokus, mit dem schnell Ergebnisse erreicht werden.
Wie passen Controlling und Agilität also zusammen? Können auf Zahlentabellen und starre Strukturen trainierte Controller agil sein? Zieht ihnen Agilität nicht den Boden unter den Füßen weg? Der Budgetmarathon wird plötzlich durch viele schnelle Sprints abgelöst. Auf die tägliche Routine folgen rasch wechselnde Projekte mit unterschiedlichsten Projektpartnern. Wie kommt das Controlling damit klar?
Steuerungsagilität
Damit Unternehmen wendig und aktiv bleiben, brauchen sie Agilität. Auch in der Steuerung und damit im Controlling. Steuerungsagilität setzt sich aus 5 zentralen Themenbereichen zusammen:
- Philosophie der Wendigkeit
Management und Controlling interagieren auf Basis von kurzen, schlanken Prozessen und wissen. Sie wissen, welche Reports wie aufbereitet werden müssen.
- Aktivitätsbekenntnis
Führungskräfte bekennen sich zu einem agilen Managementansatz und verinnerlichen diese zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
- Information Flow
Die Weitergabe von Informationen ist unabdingbar: Welche Informationen brauchen agile Teams zur Projektsteuerung und welche benötigt das Management zur Steuerung der agilen Teams und des Gesamtunternehmens?
- User Manual
Ein einheitliches Rahmenwerk wird definiert, das die etablierten Reports und Prozesse mit den Anforderungen der agilen Teams verbindet, Leitplanken vorgibt und damit einheitlich eingesetzt wird.
- Datenknoten
Zentrales Controlling bildet den Datenknoten, in dem alle Fäden der agilen Teams im Unternehmen zusammenlaufen.
Steuerungsagilität fußt auf diesen 5 Themenfeldern. Ohne solide Basis gibt es auch kein agiles Unternehmen. Sind diese Voraussetzungen erst einmal geschaffen, können Controller ganz neue Seiten an sich entdecken.
Controller als Initiatoren der Veränderung
Never change a working process. Dieser Leitsatz galt lange als Devise im Controlling. Die Umwelt ändert sich jedoch mit steigender Geschwindigkeit; Schwankungen und Unsicherheiten nehmen zu. Einfachheit und Klarheit werden von Komplexität und Mehrdeutigkeit abgelöst. Stillsitzen und „business as usual“ führen schnell zur ewigen Stille. Darum kristallisieren sich Veränderungsbereitschaft und deren zeitnahe Umsetzung zunehmend als Schlüsselfaktoren heraus. Der Controllingbereich kann durch die Rollenübernahme des Initiators von Veränderungen Veränderungsmöglichkeiten frühzeitig aufzeigen und in der Umsetzung begleiten. Controller sind aus ihrem historischen Berufsbild heraus als Datensammler und -auswerter perfekt darin ausgebildet, Unternehmensentwicklungen auf Basis von Vergangenheitsdaten zu analysieren. Diese vergangenheitsbezogene Arbeitsweise wird zunehmend um den Blick in die Zukunft erweitert. Mit der Routine aus Reports und Budgets sind Controllingabteilungen bestens dafür gerüstet, schnell Entscheidungsgrundlagen für marktorientierte Themenstellungen aufzubereiten.
Die Marktbrille steht den Controllern auch deshalb gut, da eine engere Zusammenarbeit mit internen Stakeholdern wie z.B. Vertriebseinheiten frühzeitig Chancen und Risiken für das Gesamtunternehmen offenbaren. Notwendige Veränderungsprozesse können dadurch zielgerichtet begleitet werden. So rückt das Wort „agil“ ein Stück näher ans Controlling heran.
Die schnelle Controlling-Eingreiftruppe
Agile Teams benötigen für ihre Projekte oftmals Expertise im Bereich Finanzen, Planung und Analyse. Profis aus dem Controlling können diese Rolle als schnelle, mobile Eingreiftruppe auf Abruf abdecken. Sie agieren im Projektteam als Bindeglied zwischen den operativen Fachexpertinnen und Fachexperten sowie dem Unternehmensmanagement. Die agilen Controller in den kleinen Teams gewinnen somit schnell Erkenntnisse über die Werttreiber im Unternehmen. Damit ist eine zügige Optimierung vor Ort möglich. Zusätzlich lassen sich Auswirkungen sehr schnell auf Gesamtunternehmensebene evaluieren und steigern so die Steuerbarkeit auf Basis aktuellerer Entscheidungsgrundlagen.
Der intensivere Austausch auf Marktebene ermöglicht gezielte Auswertungen und Analysen in kürzerer Zeit. Managemententscheidungen können rascher getroffen und umgesetzt werden. Der große Mehrwehrt der Eingreiftruppe ergibt sich aus der Marktorientierung vor Ort nach dem Prinzip „Agilität durch Nähe“.
Der Controlling-Planet und seine Satelliten
Welches Unternehmen hätte nicht gerne seine eigenen Satelliten, die es kontinuierlich mit den neuesten Informationen versorgt? Mit dem Konzept Controlling-Planet lässt sich dieser Wunsch erfüllen. Die Controlling-Abteilung ist der allmächtige steuernde Planet. In unterschiedlichen Umlaufbahnen kreisen seine Satelliten, die Marktschwingungen und -signale frühzeitig aufnehmen und verarbeiten. Sie senden ihre Informationen kontinuierlich an den Controlling-Planeten. Dort werden sie zu einem Gesamtbild zusammengesetzt.
Um etwas von der Planeten-Satelliten-Analogie wegzukommen: Kleine Controlling-Einheiten sitzen in marktnahen Abteilungen wie dem Vertrieb und identifizieren Signale, die für das Unternehmen relevant sind. Sie fungieren als Dienstleister/Berater für die wertschöpfenden Einheiten im Unternehmen und unterstützen sie mit Analysen und Reports. Diese Analysen und Reports werden laufend an das zentrale Controlling gesendet, das daraus ein Gesamtbild ableitet und Entscheidungsgrundlagen für das Management aufbereitet.
Das traditionelle und oftmals schwerfällige Steuerungskonzept wird durch nahe am Marktgeschehen befindliche Satelliten agiler gemacht. Chancen und Risiken können so schneller identifiziert und behandelt werden.