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Digitalisierung des Controllings – ein teurer Hype?

09 Dezember 2020

Von Thomas Scheuba, Consultant und Christopher Houben, Senior Manager,  BDO | 09.12.2020



Digitalisierung ist in aller Munde, auch in der Welt des Controllings. Bei all den Versprechen und Erwartungen, die mit dem Thema Digitalisierung verbunden sind, ist es verständlich, dass auch die Skepsis steigt. Ist das alles einfach heiße Luft? Unterm Strich geht es bei der Digitalisierung um eine weitere Form der Produktivitätssteigerung. Ob das sinnvoll ist, gilt es mittels einer Kosten-Nutzen Abwägung zu klären.

Für das Controlling ist die Digitalisierung von zentraler Bedeutung um 1) den „single point of truth“ praktikabel zu schaffen, 2) maßgeschneiderte und zugleich einheitliche Berichte rasch zu erstellen, 3) fundierte Entscheidungsgrundlagen effizienter aufzubereiten.
 

Folgende Grundvoraussetzungen gilt es zunächst zu schaffen: 

  • Unabhängig von der Digitalisierung: Reporting Regelwerk
    • Zielgruppendefinition: Eingrenzung der relevanten Stakeholder – sind die Adressat/innen operativ tätig oder managen sie? Wofür brauchen die Adressat/innen die Berichte? Von wem werden Informationen und Daten benötigt?
    • KPI-Booklet: Definition welche Kennzahlen und wie Kennzahlen berechnet werden –Begriffe wie Gewinn müssen genau definiert werden
    • Regelung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten – um Parallelstrukturen zu vermeiden und das effektive Zusammenarbeiten der zuvor definierten Stakeholder zu gewährleisten
    • Schaffung einer gemeinsamen verbalen und non-verbalen Sprache – das einheitliche Anordnen von Jahren etwa, stringente Farbcodes und das Verwenden klar definierter Begriffe erleichtern das Lesen und die Interpretation der Berichte

 

  • Zusätzlich für die Digitalisierung: Data Governance
    • Definition der relevanten Systeme: Saubere, einheitliche Quelldaten – oft laufen Daten aus verschiedenen Systemen zusammen und es ist schwierig, den Überblick zu behalten, welche Daten woher kommen
    • Regelwerk zur einheitlichen, systemseitigen Aggregation und Berechnung der Rohdaten – um nachvollziehen zu können, wie einzelne Kennzahlen und Summen zustande kommen und zu gewährleisten, dass dies immer gleich ist
    • Intuitive und interaktive Darstellung – es ist schier unmöglich, den perfekten, druckfertigen Bericht für jede einzelne Zielgruppe zu erstellen und diese entsprechend zu warten. Durch den intuitiven Aufbau und eine interaktive, digitale Darstellung, kann man diesem Anspruch mit nur wenigen Klicks gerecht werden
    • Blaupause für das Erstellen von Berichten – um zu gewährleisten, dass auch zukünftige Berichte den definierten Anforderungen gerecht werden, eignen sich Blaupausen, die einen möglichst genauen Rahmen schaffen


Schnell wird klar: Um das Controlling effektiv und zielgerichtet zu digitalisieren, braucht es viel Vorarbeit

Ein Reporting Regelwerk ist unabdingbar und sollte auch ohne die angestrebte Digitalisierung gegeben sein. Hierbei handelt es sich zu einem großen Teil um das Schaffen eines gemeinsamen Rahmens und Verständnisses. Berichte sind zum Scheitern verurteilt, wenn die einzelnen Stakeholder, von den Datenlieferant/innen bis hin zu den Adressat/innen eines Berichts, nicht gesamtheitlich gedacht werden. Da in Unternehmen oft zahlreiche Kennzahlen verwendet werden, ist es essenziell, ein Nachschlagwerk zu haben, das eine einheitliche Interpretation der Kennzahlen unterstützt. Allein aus Einschulungsgründen ist dies bereits von Vorteil. Klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, die transparent sind, erleichtern das Abstimmen, vermeiden unnötigen Zusatzaufwand und helfen dabei, Diskussionen auf die Interpretation der Daten zu lenken. Die gemeinsame Sprache ist zentral, wenn es darum geht, Verständnis zu schaffen und Orientierung zu bieten.

Data Governance dagegen erfordert einen massiven Zusatzaufwand, der oft auch mit erheblichen Fixkosten und Investitionen in Systemlösungen verbunden ist. Neben der Auswahl der relevanten Systeme ist insbesondere ein transparentes, nachvollziehbares und einheitliches Regelwerk von zentraler Bedeutung, welches systemseitig die Aggregation und Berechnung der Kennzahlen vornimmt. Dies ist essenziell, um die Notwendigkeit eines späteren manuellen Eingreifens bei der Berechnung von Kennzahlen zu vermeiden und so zahlreiche Fehlerquellen vorab auszuschließen. Das Erstellen von Berichten wird so auf das Auswählen der Kennzahlen und der Betrachtungsweise dieser beschränkt. Die Berechnung läuft, sofern einmal sauber aufgesetzt, automatisch und systemseitig.

Warum all der Aufwand? Sobald einmal sauber und strukturiert aufgesetzt, verändern sich die Diskussionen grundlegend. Das Reporting Regelwerk dreht die Diskussion von einem „Wer misst wie Erfolg/Veränderung/den Status quo für wen?“ hin zu „Was sind die wesentlichen Treiber?“. Die Data Governance geht einen Schritt weiter. Hier wird eine beliebige Betrachtungsweise ermöglicht, zugeschnitten auf die jeweiligen Fragestellungen, ohne sich Gedanken zu Überleitungen oder der Vergleichbarkeit machen zu müssen.

Nachdem entschieden wurde was, warum erhoben werden soll, gilt es zu klären, wie diese Daten erhoben werden sollen. Hier führt die Digitalisierung des Controllings zur Digitalisierung des Unternehmens, um Daten effizient und einheitlich zum Berechnen der benötigten Kennzahlen erheben zu können.
 

Zahlt es sich aus?

Für mittelgroße und große Unternehmen ja. Handelt es sich um einen einmaligen Kraftakt? Das nicht. Auch Kennzahlen und die verwendeten Systeme können und werden sich wohl mit der Zeit ändern. 



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