Ist für Kreative neben all den Tech-Start-ups noch Platz?

Tech-Start-up oder Kreativwirtschaft – Wer ist innovativer?

Kann es darauf überhaupt eine eindeutige Antwort geben? Für viele Menschen ist Innovation in erster Linie ein Synonym für Forschung und Entwicklung. Man denkt an Deep-Techs, Bio-Techs, Labore, Prototypen und Digitalisierung. Tech-Unternehmen müssen oft jahrelang in Forschung und Entwicklung investieren, bevor sie ein einzigartiges Produkt oder eine revolutionäre Dienstleistung auf den Markt bringen können. Immer auf der Jagd nach dem „nächsten großen Ding“.

Wie sieht es gleichzeitig auf der anderen Seite aus? Täglich schaffen kreative Köpfe auf dieser Welt wahre Wunderwerke. Oft sind es einzelne Genies oder kleine Kollektivgruppen, die die Menschen mit außergewöhnlichen Arbeiten begeistern. Pop-up Street Art à la Banksy, ausgefallene Youtube-DIY-Videos oder einfach nur modische Lastenfahrraddesigns inspirieren und schaffen so wieder die Grundlage für weitere Innovation. Nicht umsonst gilt besonders die Kreativwirtschaft als Motor für Innovation und Wandel.

 

Wie lässt sich die Innovationskraft messen?

Wenn man herausfinden will, welche der beiden Bereiche das Innovationsmatch gewinnt, braucht es Vergleichsdaten. Wie man Innovation misst, wurde im österreichischem Forschungs- und Technologiebericht untersucht. Definiert man Innovation als rein technischen-wissenschaftlichen Fortschritt ist die Zahl der angemeldeten Patente und Publikationen wohl einer der besten Indikatoren dafür. Österreich liegt bei der Patentintensität und der Anzahl der wissenschaftlichen Artikel EU-weit auf Platz 5 bzw. 8. Aber nicht jede Innovation lässt sich gleich in ein Patent umwandeln. Ein weiterer Indikator sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung, diese betrugen in Österreich im Jahr 2020 rund 12,14 Mrd.€. Der Hauptanteil von über 40% wird von den Unternehmen selbst aufgebracht. Auf der anderen Seite fördert der Staat mit einem Anteil von 33,5% maßgeblich innovative Forschung und Entwicklung.

Mehr als ein Viertel des österreichischen Wirtschaftswachstumes sind direkt oder indirekt auf solche Investitionen in Innovationen zurückzuführen. Durch F&E-Förderungen der FFG profitierten Unternehmen neben einem deutlich höheren Beschäftigungswachstum (7,1% vs. 0,4%) auch von einer deutlicheren Umsatzsteigerung (10,8% vs. 2,5%).

Weitere wichtige Faktoren für die Innovationsfähigkeit sind die Anzahl externer Kooperationen, der Grad der Digitalisierung sowie das firmeneigene Humankapital. Letzteres ist ein Schlüsselkriterium, da Innovationen von Menschen für Menschen erdacht werden. Es zählen aber nicht nur messbare Größen wie die Anzahl der Uniabschlüsse. Auch „weiche“ Faktoren, wie Spaß im Job und kooperative Teamarbeit machen einen Unterschied. Sie fördern nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern erhalten und steigern nachhaltig die Innovationskraft der gesamten Organisation. Den Einfluss des Home Office auf Innovationen habe ich in meinem letzten Artikel diskutiert.

Trotz all der Anhaltspunkte gibt es kein Patentrezept, um die Innovationskraft zu messen. Im Kunst- und Kulturbereich lassen sich kreative Innovationen und Projekte nicht im Labor erzeugen oder in einem Journal veröffentlichen.

 

Wer entscheidet, was innovativ ist?

Innovation ist per Definition nicht auf reine Techniklösungen oder patentierbare Erfindungen beschränkt. Der Begriff beschreibt vielmehr den Prozess der Suche nach „Neuem“. Das können nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse sein, sondern auch neue künstlerische Lösungswege oder bisher unbekannte Ausdrucksformen. Beides setzt Neugier, Kreativität und Lust auf Erneuerung voraus. Warum wird umgangssprachlich bei dem Wort Innovation immer nur von neuen Ideen und Erfindungen gesprochen, die auch wirtschaftlich verwertbar sind? Stimmt die Wahrnehmung mit den Fakten überein?

Laut dem aws Jahresbericht 2021 wurden im Förderprogramm „Creative Impact“ 88 Projekte mit einem Volumen von 5,6 Mio. Euro gefördert. Rechnet man noch die Förderung für den Filmstandort in Österreich mit 7,75 Mio. Euro hinzu, ergibt sich bei einer gesamten Finanzierungsleistung in Höhe von 7.857 Mio. Euro eine Förderquote für Kreative von gerade einmal 1,7%. Mit einem Anteil von etwa 4% an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung und einem schnelleren Wachstum als die Gesamtwirtschaft ist die österreichische Kreativwirtschaft in der Förderlandschaft unterrepräsentiert. Der Löwenanteil der Förderungen geht in Bereiche wie Digitalisierung, Green-Tech oder Mikroelektronik.

Der Trend in Richtung verwertbare Innovationen hält weiter an. Hier können technisch-naturwissenschaftliche Start-Ups mit ihren messbaren Zahlen und Daten am besten punkten. Führt dieser Umstand dazu, dass in Zeiten von Kennzahlen und Dashboards immer mehr Fördergelder an zahlenorientierte Organisationen vergeben werden? Bleiben die Kreativen zurück?

 

Innovationsförderung – Gibt´s das auch für Kreative?

Vor allem kreative Unternehmen, die ihre Innovationen nicht so eindeutig mit den oben erwähnten Größen messen können, müssen andere Wege finden, um Ihre Innovationskraft darstellen zu können. Denn die Entwicklung von Innovationen ist oft nur mit öffentlichen Fördergeldern möglich, die nur allzu oft an messbare Ergebnisse gebunden sind. Die Kultur- und Kreativwirtschaft steht vor der Herausforderung, sich die heißbegehrten Fördertöpfe mit finanzhungrigen (Deep/Bio-)Tech-Start-ups zu teilen.

Nach dem Ende 2021 der „Creative Impact“ ausgelaufen ist, ein spezielles Programm für die Kreativwirtschaft, stellt sich die Frage nach Alternativen. Warum nicht das Beste aus beiden Welten vereinen? Mit den Nachfolgeprogrammen „Preseed/Seedfinancing - Innovative Solutions“ des aws sollen innovative, impactorientierte Gründungsprojekte von der Kreativwirtschaft bis hin zu Social Entrepreneurship gefördert werden. Neben einem „Proof of Concept” und „gesellschaftlichem Mehrwert“ sind auch ein „skalierbares Geschäftsmodell“ Fördervoraussetzung in beiden Programmen.

Diesen neuen Anforderungen könnten fachlich homogene Projektteams nicht mehr gewachsen sein. Kreative Köpfe, mit ihren schöpferischen Stärken und lateralem Denken, müssen Wege finden ihre Erfindungen mit technischen oder digitalen Aspekten auszustatten, wenn sie heutzutage an Förderungen kommen wollen. Dafür braucht es auch in der Kreativbranche IT-Ingenieure:innen und Manager:innen, die mit ihrem soliden technischen und wirtschaftlichen Knowhow High-Tech in die Geistes- und Kulturwissenschaften bringen. Das Arbeiten außerhalb der bekannten und vorgegeben Muster kann für beide Seiten der entscheidende Impuls für geniale Ideen sein. Solch eine interdisziplinäre Kombination kann nachhaltige Innovationen mit echtem Mehrwert für alle schaffen.

 

Fazit

Zu Beginn dieses Artikels wurde die falsche Frage gestellt: Es geht nicht darum wer innovativer ist, die Technik oder die Kreativwirtschaft. Es geht darum, zu begreifen, dass Innovation nicht universell messbar ist und die herangezogenen Hilfsgrößen oft nur den technisch-wissenschaftlichen F&E-Bereich abbilden. Wenn es um die Vergabe von Fördergeldern geht, ist dieser Umstand für Tech-Firmen aber ein entscheidender Pluspunkt. Die Kreativwirtschaft zieht dann oftmals den Kürzeren – zu Unrecht, gemessen an ihrem Beitrag zur Wirtschaftsleistung. Man darf nicht vergessen, dass auch kreative Innovation einiges zu bieten hat. Um mehr Förderungen für kreative Innovationen zu bekommen, braucht es ein neues Zusammenspiel aus beiden Bereichen. Das aws Förderprogramm „Innovative Solutions“ ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

 

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