Unter dem Schlagwort BEPS (Base Erosion und Profit Shifting) wurde von der OECD zuletzt ein Maßnahmenplan zur Vermeidung künstlicher grenzüberschreitender Gewinnverlagerungen und Verminderungen der Steuerbemessungsgrundlage entwickelt. Eine dieser Maßnahmen soll nunmehr mit dem Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG) in Österreich umgesetzt werden, das derzeit als Regierungsvorlage unter dem Titel "EU-Abgabenänderungsgesetz 2016" vorliegt.
Mit dem VPDG werden multinationale Unternehmensgruppen verpflichtet, eine dreistufige Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen, die aus Stammdokumentation, landesspezifischer Dokumentation und länderbezogener Berichterstattung bestehen soll.
Master File
Das Master File soll dabei aus einer Verrechnungspreisdokumentation mit umfassenden Informationen zur Unternehmensgruppe bestehen. Nach dem ebenfalls bereits vorliegendem Entwurf der Verrechnungspreisdokumentationsgesetz-Durchführungsverordnung muss die Stammdokumentation (Master File) folgende Teilbereiche abdecken:
- Organisationsaufbau
- Beschreibung der Geschäftstätigkeit
- Immaterielle Werte
- Unternehmensgruppeninterne Finanztätigkeit
- Finanzanlage- und Steuerpositionen
Local File
Das Local File soll spezielle Informationen zu Geschäftsvorfällen der jeweiligen Geschäftseinheit, insbesondere Informationen zu Finanztransaktionen sowie zur Vergleichbarkeitsanalyse enthalten. Auch die im Local File darzulegenden Informationen werden im Durchführungsverordnungsentwurf näher spezifiziert.
Länderbezogene Berichterstattung (Country-by-Country Report)
Mit diesem dritten Eckpfeiler der Verrechnungspreisdokumentation haben grenzüberschreitend tätige Unternehmen der Steuerverwaltung in standardisierter Form einen Überblick über die globale Verteilung der Umsätze, des Vorsteuerergebnisses, der bezahlten Ertragsteuern, die Beschäftigtenzahl, der materiellen Vermögenswerte und der einzelnen Geschäftstätigkeiten auf die einzelnen Staaten zu liefern.
Betroffene Unternehmen
Master und Local File sind von in Österreich ansässigen Unternehmen zu erstellen, wenn
- die Umsatzerlöse 50 Millionen Euro in zwei aufeinanderfolgenden Wirtschaftsjahren
überschritten haben.
Die Verpflichtung zur Erstellung des Master und Local Files trifft laut Regierungsvorlage nicht nur eigenständige Gesellschaften sondern unter bestimmten Voraussetzungen, die in der Regel erfüllt sein werden, auch Betriebsstätten. Eine österreichische "Geschäftseinheit" (Gesellschaft oder Betriebsstätte) unterliegt aber nur dann dem VPDG, wenn sie Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist. Das heißt, es muss neben der inländischen Geschäftseinheit zumindest eine weitere Geschäftseinheit in einem anderen Land vorliegen.
Unternehmensgruppen, die im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Millionen Euro konsolidierte Umsatzerlöse erzielt haben, müssen zusätzlich die länderbezogene Berichterstattung (Country-by-Country Report) anfertigen. Der Country-by-Country Report (CbCR) ist in folgenden Fällen verpflichtend in Österreich einzureichen:
- die oberste Muttergesellschaft ist in Österreich ansässig,
- die oberste Muttergesellschaft ist in ihrem Ansässigkeitsstaat nicht zur Vorlage verpflichtet,
- mit dem Ansässigkeitsstaat der obersten Muttergesellschaft besteht keine qualifizierte Vereinbarung zum Austausch der länderbezogenen Berichterstattung oder
- es besteht eine qualifizierte Vereinbarung, der automatische Austausch wurde jedoch ausgesetzt oder über einen längeren Zeitraum versäumt.
Inkraftreten
Die 3-stufige Verrechnungspreisdokumentation ist für Wirtschaftsjahre ab 1. Jänner 2016 zu erstellen.
Die länderbezogene Berichterstattung (CbCR) muss spätestens 12 Monate nach dem letzten Tag des Wirtschaftsjahres auf elektronischem Wege über FinanzOnline übermittelt werden. Stammdokumentation (Master File) und landesspezifische Dokumentation (Local File) sind ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung dem zuständigen Finanzamt auf dessen Ersuchen innerhalb 30 Tagen zu übermitteln.
Grundsätzlich kann die gesamte Dokumentation auch in englischer Sprache beigebracht werden.
Strafbestimmungen
Wer die länderbezogene Berichterstattung (CbCR) vorsätzlich nicht fristgerecht oder unrichtig übermittelt bzw. die Übermittlung gänzlich unterlässt, macht sich eines Finanzvergehens schuldig, welches mit bis zu 50.000 Euro zu bestrafen ist. Auch grobe Fahrlässigkeit wird mit bis zu 25.000 Euro geahndet.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann nur festgehalten werden, dass das VPDG einen erheblichen zusätzlichen Aufwand für Konzernunternehmen mit sich bringt. Der Gesetzgeber geht laut Vorblatt zum Gesetzesentwurf davon aus, dass der einmalige Aufwand für die erstmalige Erstellung der länderbezogenen Berichterstattung rd. 200.000 Euro und der Stamm- sowie landesspezifischen Dokumentation rd. 400.000 Euro betragen wird.
Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass derzeit eine Änderung der EU-Bilanzierungsrichtlinie diskutiert wird, die multinationale Unternehmen (mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro) zur Veröffentlichung eines "Ertragsteuerinformationsberichtes" verpflichtet. Der Inhalt dieses Berichtes deckt sich zwar weitgehend mit der oben dargestellten länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country-Report). Im Gegensatz zum CbCR, der nur den Steuerbehörden zu Verfügung gestellt wird, soll der von einem Abschlussprüfer geprüfte "Ertragsteuerinformationsbericht" aber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.