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Highlights Wartungserlass Einkommensteuerrichtlinie

20 September 2018

Die Einkommensteuerrichtlinien (EStR) wurden zuletzt im Jahr 2015 aktualisiert. Der nunmehr vorliegende EStR-Wartungserlass 2018 arbeitet sämtliche seit der letzten Wartung ergangenen gesetzlichen Änderungen, BMF-Erlässe, VwGH-Judikate und geänderte Verwaltungsmeinungen ein. Der Wartungserlass hat einen Umfang von mehreren hundert Seiten, weshalb im Folgenden nur punktuell die für die Praxis wichtigsten Änderungen dargestellt werden können:

Einkünftezurechnung bei Zwischenschaltung einer Körperschaft (Rz 104)
Die Rz 104, die sich mit der Einkünftezurechnung bei Zwischenschaltung einer unter dem Einfluss des Steuerpflichtigen stehenden Kapitalgesellschaft beschäftigt, wurde an die Judikatur und die mittlerweile erfolgte Gesetzesänderung angepasst. Da der VwGH die Drittanstellung von Geschäftsführern – abgesehen von missbräuchlichen Gestaltungen – als grundsätzlich zulässig erachtet hat, wurden die Ausführungen bis zur Veranlagung 2015 entsprechend angepasst. Ab der Veranlagung 2016 ist aber auf Grund der gesetzlichen Neuregelung vorbehaltlich einer künftigen gegenläufigen Rechtsprechung des VwGH wiederum von der grundsätzlichen Unzulässigkeit einer Drittanstellung von Geschäftsführern auszugehen.

Eine direkte Zurechnung der Einkünfte bei der natürlichen Person als organschaftlicher Vertreter, Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, Sportler und Vortragender soll nur erfolgen, wenn die Körperschaft über keinen eigenständigen, sich von dieser Tätigkeit abhebenden Betrieb verfügt. Ein „sich abhebender Betrieb" kann vorliegen, wenn diese Tätigkeit eine gewisse quantitative Relevanz im Verhältnis zur höchstpersönlichen Tätigkeit aufweist. Ein Umsatzverhältnis von zumindest 20% wird i.d.R. einen eigenständigen sich abhebenden Betrieb begründen.

Beispiel:
Ein Arzt hat neben seiner universitären Tätigkeit noch eine GmbH, über die folgende Tätigkeiten abgerechnet werden: Zahlungen von Pharmafirmen als Kostenersatz für Wirksamkeitsprüfungen von Medikamenten sowie pharmakologische Gutachtertätigkeiten, wofür Universitätsassistenten zu Hilfsdiensten (Recherche) herangezogen werden (Umsatzvolumen i.H.v. 35% der Gesamtumsätze der GmbH).

Die gutachterliche Tätigkeit des Arztes ist als „wissenschaftliche Tätigkeit" eine höchstpersönliche Tätigkeit. Das Heranziehen von Universitätsassistenten zu Recherchetätigkeiten ist nicht dazu geeignet, einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb dieser Gutachtertätigkeit zu begründen. Da jedoch das Umsatzverhältnis (65% des Gesamtumsatzes) des Betriebszweiges Wirksamkeitsprüfung von Medikamenten eine ausreichende qualitative Relevanz (>20% des Gesamtumsatzes) aufweist, liegt insgesamt ein eigenständiger, sich abhebender Betrieb vor.

Ferner stellen die EStR nunmehr klar, dass bei der Einkünftezurechnung an die hinter der Körperschaft stehende natürliche Person nicht nur die Einnahmen, sondern auch sämtliche Ausgaben der Körperschaft der natürlichen Person zuzurechnen und bei der Körperschaft zu neutralisieren sind. Keine Aussage treffen die EStR leider darüber, wie mit den bei der Körperschaft erfolgten gesellschaftsrechtlichen Gewinnausschüttungen zu verfahren ist. UE kann die Körperschaft nach Umqualifizierung ihrer Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben in Einlagen und Einlagenrückzahlungen aus steuerlicher Sicht keine Gewinnausschüttungen getätigt haben, weshalb die gesellschaftsrechtlichen Gewinnausschüttungen zu Einlagenrückzahlungen umqualifiziert und von den entrichteten Kapitalertragsteuern entlastet werden müssen.

Präzisierungen zum Fruchtgenussrecht (Rz 111ff)
Die durch den VwGH verschärften Voraussetzungen für das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums beim Fruchtgenussberechtigten wurden eingearbeitet. Ferner wurde klargestellt, dass Zahlungen für Substanzabgeltung als Abschreibungsäquivalent nur beim Vorbehaltsfruchtgenuss, nicht hingegen beim Zuwendungsfruchtgenuss als zulässig erachtet werden. Die Verpflichtung des Fruchtgenussberechtigten für Zahlung der Substanzabgeltung an den Fruchtgenussbesteller muss ausreichend publizitätswirksam dokumentiert werden (z.B. in Form eines Notariatsakts). Eine derartige Vereinbarung muss aber nicht gleichzeitig mit der Fruchtgenussbestellung abgeschlossen werden. Sie wirkt jedoch nur für die Zukunft. Eine rückwirkende Geltendmachung der Substanzabgeltung ist nicht zulässig.

Die vom VwGH entwickelte Unterscheidung der entgeltlichen Übertragung eines Fruchtgenussrechts entweder der „Ausübung nach“ oder der „Substanz nach“ wurde in die EStR übernommen (Rz 115 ff). Wird das Fruchtgenussrecht der „Substanz nach“ entgeltlich übertragen oder wird darauf zugunsten des Eigentümers verzichtet, liegt ertragsteuerlich eine Veräußerung vor. Gehört das Fruchtgenussrecht zum Privatvermögen des Fruchtgenussberechtigten, ist die Veräußerung grundsätzlich nicht steuerbar. Ein Spekulationsgeschäft liegt i.d.R. mangels Anschaffung des Fruchtgenussrechts nicht vor. Wird entgeltlich auf ein Fruchtgenussrecht verzichtet, das anlässlich der früheren Übertragung eines Wirtschaftsgutes vorbehalten wurde, ist dies in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als einheitlicher Vorgang und somit als Veräußerung zu behandeln. In diesem Fall kann z.B. ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn aus privaten Grundstückstransaktionen vorliegen. Es ist allerdings Voraussetzung, dass das Entgelt für den Verzicht gemeinsam mit dem ursprünglichen Entgelt für die Übertragung des Wirtschaftsguts mindestens 50% des gemeinen Werts des übertragenen Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt des Verzichts auf das Fruchtgenussrecht beträgt. Wird das Fruchtgenussrecht hingegen der „Ausübung nach“ entgeltlich an einen Dritten übertragen, stellt dies aus ertragsteuerlicher Sicht eine Nutzungsüberlassung dar. Dies führt – vergleichbar mit der Untervermietung durch einen Hauptmieter – zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beim übertragenden Fruchtgenussberechtigten.

Bilanzberichtigung nach § 4 Abs 2 EStG (Rz 643 und 3120a EStR)
Eine bereits beim Finanzamt eingereichte Bilanz ist zu berichtigen, wenn Sie gegen die allgemeinen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder zwingende steuerliche Vorschriften verstößt und dieser Verstoß dem Steuerpflichtigen bekannt war oder bekannt hätte sein müssen. Unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des VwGH fordern nun auch die EStR für eine Bilanzberichtigung nicht nur eine objektive, sondern auch eine subjektive Unrichtigkeit der Bilanz. Eine Grenze findet dieser Grundsatz allerdings dort, wo die Unrichtigkeit der Bilanz auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung beruht. In diesem Fall muss auch eine nur objektiv unrichtige Bilanz berichtigt werden. Bei lediglich objektiver Unrichtigkeit der AfA-Bemessung ist die AfA ab dem Wirtschaftsjahr, in dem der Fehler bekannt wurde, zu berichtigen. Die Berichtigung erfolgt durch die Verteilung des Restbuchwerts auf die Restnutzungsdauer (Rz 3120 EStR mit Verweis auf VwGH 27.4.2017, Ra 2015/15/0062).

Bilanzielle Berücksichtigung von Steuernachforderungen (Rz 1600)
In der Vergangenheit bestand in der Fachwelt Uneinigkeit darüber, wann Steuernachforderungen bilanziell zu berücksichtigen sind. In den EStR wurde nun der Rechtsprechung des VwGH gefolgt. Die Nichterfassung einer Steuernachforderung stellt einen unrichtigen Bilanzansatz dar, der im Jahr der Entstehung („Wurzeljahr“) zu berichtigen ist. Eine Nachforderung an Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeber- und Sozialversicherungsbeiträgen ist daher in jenem Jahr zu bilanzieren, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Nur  wenn eine Steuer vorsätzlich verkürzt wurde, genügt die bloße Kenntnis des Steuerpflichtigen von der Verkürzung alleine noch nicht, um eine Passivierung einer daraus allenfalls resultierenden Steuerschuld zu rechtfertigen. In diesem Fall ist für den Zeitpunkt der Passivierung erforderlich, dass die Nachforderung zumindest der Höhe nach bekannt und deren Geltendmachung hinreichend wahrscheinlich ist (z.B. bei einer Betriebsprüfung).

Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze des UGB
Die Änderungen des Unternehmensrechts durch das RÄG 2014 wurden eingearbeitet. So wird auf die Zuschreibungspflicht gem § 208 Abs 1 UGB und die Bildung einer Zuschreibungsrücklage im Wirtschaftsjahr 2016 sowie deren Auflösung näher eingegangen. Da ab 2016 in der Unternehmensbilanz unversteuerte Rücklagen und Bewertungsreserven nicht mehr gesondert auszuweisen sind, können die steuerlichen Begünstigungen gem §§ 8 Abs 2, 12 Abs 1 und 8 sowie 13 EStG für Wirtschaftsjahre ab 2016 in der Mehr-Weniger-Rechnung geltend gemacht werden. Eine geeignete Evidenzhaltung für steuerliche Zwecke ist aber notwendig (Rz 2471 ff).

Beitragszuschlag nach ASVG
Beitragszuschläge der Sozialversicherung stellen keine Strafe bzw Sanktion mit strafrechtlichen Charakter dar, sondern sind als Pauschalersatz der Dienstgeber für den Verwaltungsaufwand der Sozialversicherung zu werten und daher als Betriebsausgaben abzugsfähig (Rz 1490a EStR).

Unentgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen (Rz 5972 EStR)
Bei der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils erfolgt keine Veräußerungsgewinnermittlung, sondern der Erwerber hat die bisherigen Buchwerte fortzuführen. Eine Schenkung liegt allerdings nur dann vor, wenn der Rechtsnachfolger tatsächlich bereichert wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn der reale Wert des Mitunternehmeranteils positiv ist. Die Übernahme der mit dem negativen Kapitalkonto des Geschenkgebers verbundenen Einkommensteuerlatenz durch den Geschenknehmer stellt dabei keine Gegenleistung für die Übertragung des Mitunternehmeranteils dar.

Änderungen bei Grundstücksveräußerungen
Grundsätzlich stellt die Rückabwicklung einer Grundstücksveräußerung eine weitere (neue) Veräußerung dar. Nur wenn die Rückabwicklung aufgrund einer gerichtlichen Vertragsauflösung mit Ex-tunc-Wirkung (z.B. im Fall eines Irrtums) erfolgt, stellt die Rückabwicklung ein rückwirkendes Ereignis dar. In diesem Fall wird die Rückabwicklung auch dann steuerlich anerkannt, wenn die ImmoESt bereits entrichtet wurde. Des Weiterenist bei Grundstücksveräußerungen gegen Ratenzahlungen oder gegen Rente eine Rückabwicklung auch dann steuerlich anzuerkennen, wenn noch kein Abgabenanspruch entstanden ist. Ein ImmoESt-Anspruch entsteht erst dann, wenn die Summe der zugeflossenen Raten oder Renten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Grundstücks überstiegen hat. Solange dies nicht der Fall ist, ist kein Abgabenanspruch entstanden und der Vertrag kann ohne ertragsteuerliche Konsequenzen rückabgewickelt werden (Rz 6623 EStR).

Die mittlerweile ergangene Judikatur des VwGH zur Hauptwohnsitzbefreiung wurde ebenfalls in die EStR eingearbeitet. Das Erfordernis des Vorliegens von Wohnungseigentum bzw. eines Wohnungseigentumsvertrags zum Zeitpunkt der Veräußerung wurde ebenso aufgenommen wie die Einrechnung der Mietzeit vor dem Kauf der Eigentumswohnung oder des Eigenheims in die Mindestfrist für die Hauptwohnsitzbefreiung (Rz 6640 und 6642 EStR). Die bisher in den EStR enthaltene einjährige Frist für die erforderliche Aufgabe des Hauptwohnsitzes zur Geltendmachung der Hauptwohnsitzbefreiung wurde entsprechend der Judikatur des VwGH etwas aufgeweicht. Steht daher bei Abschluss des Verkaufsvertrags fest, dass der Hauptwohnsitz aufgegeben wird, der neue Hauptwohnsitz aber noch nicht bezugsfertig ist, kann die Toleranzfrist auch ein Jahr übersteigen (Rz 6643 EStR). Die Hauptwohnsitzbefreiung umfasst weiterhin nur eine Grundstücksfläche von 1.000 m² (Rz 6634 EStR).

Für die Praxis von Interesse ist auch die neue Aussage in den EStR, wonach im Fall eines ratenweisen Zuflusses des Veräußerungspreises die Regelbesteuerungsoption jedes Jahr von Neuem in Anspruch genommen werden kann. Durch eine Optionsausübung im Vorjahr besteht keine Bindungswirkung für die Folgejahre (Rz 6683 EStR).

Entgeltlicher Verzicht auf ein Wohnrecht (Rz 6611 EStR)
Der entgeltliche Verzicht auf ein Wohnrecht fällt unter die Einkünfte aus Leistungen und ist zum progressiven Tarif steuerpflichtig. Wurde ein Wohnrecht im Zuge der Veräußerung eines Gebäudes zurückbehalten und hat es dadurch den Veräußerungserlös gemindert, stellt das Entgelt für die nachträgliche Aufgabe des Wohnrechts einen nachträglichen Veräußerungserlös aus der Grundstücksveräußerung dar.

Herstellerbefreiung bei Veräußerung von Gebäuden (Rz 6647 EStR)
Die Herstellerbefreiung für selbst errichtete Gebäude steht nur dann zu, wenn innerhalb der letzten zehn Jahre keine Vermietung vorlag. Wird ein Gebäude mit der Absicht, der Vermietung, errichtet und werden Aufwendungen bereits vor Beginn der Einnahmenerzielung berücksichtigt, wird eine Einkunftsquelle begründet. Wird das Gebäude in weiterer Folge noch vor Beginn der Vermietung veräußert, kann die Herstellerbefreiung nicht angewendet werden.

Wird etwa zur Stärkung der Kaufabsicht im Zuge von Verkaufsverhandlungen ein Optionsentgelt vereinbart, steht dieses Entgelt der Inanspruchnahme einer Herstellerbefreiung nicht entgegen. Das Optionsentgelt wird nicht zur Erzielung von Einkünften i.V.m. dem Gebäude vereinbart, sondern stellt eine Art „Stillhalterprämie" und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen dar.