Mit dem EU-FinAnpG wurden gleich mehrere EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt. Von Bedeutung sind dabei vor allem die Richtlinie zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der EU, die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten Betrug und die Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Die Umsetzung dieser Richtlinien in nationales Recht erfolgte im steuerrechtlichen Bereich durch Schaffung eines EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetzes (EU-BStbG) sowie durch Änderungen im Finanzstrafgesetz (FinStrG). Wirtschaftsrechtliche Änderungen erfolgten u.a. im Kapitalmarktgesetz, im Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WieReG) sowie im Glücksspielgesetz.
Von praktischer Relevanz sind folgende Änderungen:
EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz (EU-BStbG)
Dieses neue Gesetz legt Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten zwischen EU-Mitgliedstaaten fest. Diese können durch unterschiedliche Auslegung bzw. Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entstehen, da in den bilateralen DBA i.d.R. kein verpflichtendes Schiedsverfahren vorgesehen ist. Üblicherweise erfolgte die Konfliktlösung bislang durch Einleitung von Verständigungsverfahren, die aber keine Erledigungsfrist vorsahen. Dies führte in der Praxis dazu, dass Konflikte in den Verständigungsverfahren oft gar nicht gelöst wurden. In weiterer Folge blieben Doppel- oder Mehrfachbesteuerungen weiter bestehen. Durch die neuen Verfahren nach dem EU-BStbG soll ab dem 1.9.2019 eine wirksame Beilegung von Streitigkeiten infolge von Doppel- und Mehrfachbesteuerungen bewirkt werden. Betroffen sind nur Streitfragen im Zusammenhang mit Einkommen oder Vermögen, das in einem Besteuerungszeitraum ab dem 1.1.2018 erwirtschaftet worden ist.
Jede natürliche oder juristische Person, die von einem Besteuerungskonflikt betroffen ist, kann bei der zuständigen inländischen Behörde eine Streitbeilegungsbeschwerde einbringen. Die Beschwerden von natürlichen Personen und kleineren Kapitalgesellschaften werden innerhalb von zwei Monaten von der inländischen an die ausländischen zuständigen Behörden weitergeleitet. Große Kapitalgesellschaften müssen die Streitbeilegungsbeschwerde auch bei der ausländischen betroffenen Behörde selbst einbringen. Die Beschwerde kann ab Einlangen der ersten Mitteilung einer Maßnahme, die im Ergebnis zu einer Streitfrage führt oder führen wird, eingebracht werden. Sie ist spätestens innerhalb von drei Jahren nach Bekanntgabe des für die Streitfrage maßgeblichen Bescheids einzubringen. Durch das Einbringen der Beschwerde wird jedes von der betroffenen Person angeregte Verständigungs- oder Streitbeilegungsverfahren in derselben Rechtssache beendet.
Wird die Beschwerde zugelassen, hat sich die österreichische zuständige Behörde darum zu bemühen, die Streitfrage im Verständigungsverfahren innerhalb von zwei Jahren zu lösen. Wird zwischen den zuständigen in- und ausländischen Behörden keine Einigung über die Streitfrage erzielt, kann die betroffene Person einen Antrag auf Einsetzung eines Schiedsgerichts stellen. Wird dem Antrag stattgegeben, ist innerhalb von 120 Tagen ein Beratender Ausschuss einzusetzen. Die zuständigen in- und ausländischen Behörden können sich aber auch darauf verständigen, anstelle eines Beratenden Ausschusses einen Ausschuss für Alternative Streitbeilegung einzusetzen. Dieser Ausschuss ist hinsichtlich seiner Form, seines Verfahrens und seiner Zusammensetzung zwischen den Behörden frei zu vereinbaren. So wäre es denkbar, anstelle des Beratenden Ausschusses, der in jedem Streitfall neu gebildet werden muss, einen ständigen Ausschuss zur Streitbeilegung einzusetzen. Die Verfahren enden mit einer für die betroffene Person verbindlichen und durchsetzbaren abschließenden Entscheidung.
Änderungen der Bundesabgabenordnung
In der Bundesabgabenordnung wurden mit 1.9.2019 in Kraft getretene flankierende Maßnahmen zum EU-BStbG implementiert. Unter anderem sind Art und Höhe der von einem Streitbeilegungsverfahren betroffenen Abgaben bescheidmäßig festzustellen. Abgabenschulden sind auf Antrag des Abgabepflichtigen jedenfalls in der Höhe des durch diesen Bescheid festgestellten Betrags auszusetzen.
Änderungen im Finanzstrafgesetz
Mit dem EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 wurden auch einige Änderungen im Finanzstrafgesetz vorgenommen. Mangels gesonderter Inkrafttretensbestimmungen sind sämtliche Änderungen mit 23.7.2019 in Kraft getreten.
Als neuer Straftatbestand wurde der grenzüberschreitende Umsatzsteuerbetrug („Karussellbetrug“) in § 40 FinStrG eingefügt. Der Einnahmenausfall im Gemeinschaftsgebiet muss insgesamt mindestens EUR 10 Mio. betragen. Nunmehr ist auch die Hinterziehung von Umsatzsteuern eines anderen Mitgliedstaats im Inland strafbar. Die Strafdrohung für grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug entspricht jener für Abgabenbetrug.
Die gewerbsmäßige Tatbegehung gem. § 38 FinStrG wurde aufgehoben. Allerdings wurde die wiederkehrende Tatbegehung nun als Erschwerungsgrund in § 23 Abs. 2 FinStrG aufgenommen.
Bei Steuer- und Zolldelikten wurden die Höchststrafdrohungen verdoppelt. Die höchste Freiheitsstrafe bei Gerichtszuständigkeit beträgt nunmehr vier Jahre anstelle von zwei Jahren.
Beim Abgabenbetrug wurde der bislang dreistufige Strafrahmen auf einen zweistufigen reduziert. Bei einem strafbestimmenden Wertbetrag bis EUR 500.000 ist eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren zu verhängen. Neben einer maximal vierjährigen Freiheitsstrafe kann eine Geldstrafe bis zu EUR 1,5 Mio. drohen. Verbände sind mit einer Verbandsgeldbuße bis zu EUR 5 Mio. zu bestrafen. Liegt der strafbestimmende Wertbetrag über EUR 500.000, ist eine Freiheitsstrafe von ein bis zehn Jahren zu verhängen. Neben einer maximal achtjährigen Freiheitsstrafe kann eine Geldstrafe bis zu EUR 2,5 Mio. verhängt werden. Verbände sind mit einer Verbandsgeldbuße bis zu EUR 8 Mio. zu bestrafen.
Die Zuständigkeitsgrenze für den Spruchsenat wurde von EUR 15.000 auf EUR 10.000 gesenkt.
Änderungen im Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG)
Mit dem EU-FinAnpG wurden auch umfangreiche Änderungen im Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz umgesetzt. Die für die Praxis wichtigsten Änderungen (die frühestens am 10.1.2020 in Kraft treten) sind:
- Trusts und trustähnliche Vereinbarungen werden ins Register aufgenommen.
- Rechtsträger haben die Sorgfaltspflichten zumindest jährlich durchzuführen und dabei angemessene, präzise und aktuelle Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse einzuholen und dem Register mitzuteilen, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.
- Ein berufsmäßiger Parteienvertreter kann, wenn er die wirtschaftlichen Eigentümer eines Rechtsträgers festgestellt und überprüft hat, ein Compliance Package über das Unternehmensserviceportal an die Registerbehörde übermitteln. Dieses Compliance Package dient als Plattform zur Speicherung der erforderlichen Dokumente (Organigramm, Gesellschaftsverträge, Nachweise der Anteilsrechte und Nachweise zu Treuhandschaften) zur Feststellung der wirtschaftlichen Eigentümer. Die übermittelten Dokumente können von anderen Unternehmen eingesehen werden, die Sorgfaltspflichten zur Verhinderung der Geldwäsche haben – etwa von Kreditinstituten, Steuerberatern und Rechtsanwälten. Damit kann der zeitaufwändige Prozess der Anfrage und der Übersendung der Dokumente an diese Unternehmen in Zukunft durch die Einsicht in ein Compliance Package ersetzt werden.
- Gegen berufsmäßige Parteienvertreter oder deren Beschäftigte, die wirtschaftliche Eigentümer festgestellt, überprüft und gemeldet oder ein Compliance Package übermittelt haben, können Dritte nur dann Schadenersatzansprüche erheben, wenn diese vorsätzlich oder "krass grob fahrlässig" gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen haben.
- Während bisher für die Allgemeinheit eine Einsicht in das Register nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses möglich war, wird ab 10.1.2020 die Einsicht ohne Einschränkungen (natürlich beschränkt auf bestimmte Daten) möglich sein.