Fallstricke bei der Ferngeschäftsführung mit Deutschland

Wird eine in Österreich ansässige Person als Geschäftsführer:in einer deutschen GmbH eingesetzt, kommt dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung wesentliche Bedeutung bei der Besteuerung der Geschäfsführer:innenbezüge zu.


Besteuerung von Geschäftsführer:innenbezügen gem. Art. 16 DBA Österreich Deutschland (DBA DE) 

Vergütungen, die eine in Österreich ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer:in oder als Vorstandsmitglied einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft bezieht, dürfen gem. Art. 16 Abs. 2 DBA Deutschland zur Gänze in Deutschland besteuert werden. Es erfolgt daher in einem solchen Fall keine Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen den Staaten nach Arbeitstagen abhängig von der physischen Präsenz.

 

Ort der tatsächlichen Geschäftsführung seit 2021 als zentrales Merkmal für die Ansässigkeit

Bis Mitte 2021 galt für die Bestimmung der Ansässigkeit der Gesellschaft für Zwecke des Art. 16 DBA DE die sog. „Zugangstheorie“. Der Ort der Arbeitsausübung wurde demnach dort angenommen, wo die Weisungen der geschäftsführenden Organe (den Mitarbeiter:innen) zugingen. Im Sinne dieser Zugangstheorie galt im Falle einer Ferngeschäftsführung i.d.R. vereinfacht der Sitzstaat der Gesellschaft als deren Ansässigkeitsstaat für DBA-Zwecke, (Verständigungsvereinbarung vom 1.6.1994, siehe auch Punkt 7 des Erlasses des BMF vom 30.11.2006, BMF-010221/0187-IV/4/2006). Eine tatsächliche Analyse, ob der Ort der geschäftlichen Oberleitung wirklich in Deutschland war, erfolgte früher i.d.R. nicht und die Einkünfte aus der Ferngeschäftsführung waren somit am deutschen Sitz der Gesellschaft zu versteuern.

Mit Konsultationsvereinbarung vom 30.3.2021 zwischen Österreich und Deutschland kam es zu einer Änderung dieser Verwaltungspraxis (kommuniziert mittels Erlass des BMF vom 17.6.2021, 2021-0.412.101): Art. 16 Abs. 2 DBA Deutschland kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Gesellschaft auch abkommensrechtlich in Deutschland ansässig ist.

Ist die GmbH in beiden Staaten unbeschränkt steuerpflichtig (weil beispielsweise der Sitz der Gesellschaft in Deutschland liegt, sich der Ort der Geschäftsleitung jedoch in Österreich befindet), orientiert sich die abkommensrechtliche Ansässigkeit am Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung (Art. 4 Abs. 3 DBA DE). Liegt der Ort der Geschäftsführung einer deutschen Gesellschaft daher in Österreich, ist die deutsche GmbH abkommensrechtlich in Österreich ansässig. Art. 16 Abs. 2 DBA DE wäre in diesem Fall mangels abkommensrechtlicher Ansässigkeit der GmbH in Deutschland nicht erfüllt, sodass das Besteuerungsrecht der Einkünfte des:r Geschäftsführer:in nach Maßgabe von Art. 7, Art. 14 oder Art. 15 DBA gemäß dem physischen Aufenthalt in Österreich bzw. Deutschland aufzuteilen wäre (vgl. auch EAS 3433). Der:die Geschäftsführer:in könnte sodann in Österreich lohnsteuerpflichtig werden!

 

Bestimmung des Orts der tatsächlichen Geschäftsführung

Der Ort der Geschäftsleitung befindet sich dort, wo die grundlegenden Leitungs- und kaufmännischen Entscheidungen, die für die Führung der Geschäfte des Rechtsträgers bzw. der Gesellschaft als Ganzes notwendig sind, im Wesentlichen getroffen werden (Rz 24 OECD-MK zu Art. 4 OECD-MA 2014).

Entscheidend ist der Ort, an dem diese Entscheidungen getroffen werden, und nicht etwa der Ort, an dem geschäftsleitende Anordnungen zugehen.

Trifft der:die Alleingeschäftsführer:in daher alle grundlegenden Leitungs- und kaufmännischen Entscheidungen im Wesentlichen während seiner in Österreich ausgeübten Tätigkeit, so ist die GmbH nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 3 DBA DE in Österreich ansässig.

 

Fazit

Wir empfehlen, bei bestehenden Vertragsverhältnissen von in Österreich ansässigen Geschäftsführer:innen deutscher Gesellschaften zu überprüfen, wo sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung konkret befindet sowie ob es beispielsweise aufgrund von Home Office zu einer Verlagerung des Aufenthaltsorts der Geschäftsführung gekommen ist. Dies sollte auch entsprechend dokumentiert und laufend beobachtet werden. Ebenso ist zu prüfen, ob sich daraus etwaige Veränderungen für die Besteuerung der Geschäftsführungsvergütung (z.B. Lohnsteuerpflicht in Österreich) ergeben.

Im Falle von Home Office ist zudem (auch wenn sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung nicht in Österreich befindet) darauf Acht zu geben, ob durch die Tätigkeiten im Home Office aus körperschaftsteuerlicher Sicht eine Home Office Geschäftsleitungsbetriebstätte in Österreich begründet wird, der ein sachgerechter Gewinn zuzuweisen wäre. Die deutsche Gesellschaft würde damit in Österreich beschränkt steuerpflichtig werden. Derzeit kann eine Home Office Betriebsstätte nach Rechtsansicht des österreichischen BMF nur vermieden werden, wenn der tatsächliche Aufenthalt im Home Office 25% (d.i. 1 Tag) nicht überschreitet (bis zu 1 Tag ist so gelegentlich, dass es dem Nachhaltigkeitsanspruch einer Betriebsstättenbegründung nicht gerecht wird).

Bei einer Verlagerung des Orts der Geschäftsleitung kann es zur Verlagerung der steuerlichen Ansässigkeit der Gesellschaft kommen. Bei Verlagerung der Ansässigkeit wird die Gesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig im Staat des Orts der Geschäftsleitung. Dies wiederum kann in bestimmten Fällen eine zumindest partielle Entstrickungsbesteuerung samt Aufdeckung von stillen Reserven auslösen. Ein Wegzug (Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht bzw. Verlagerung der Ansässigkeit) ist der österreichischen Finanzverwaltung binnen eines Monats formlos anzuzeigen.

Gerne beraten wir Sie individuell über die Auswirkungen einer Ferngeschäftsführung mit Deutschland.

 


Autorinnen: 

Christina Höchtl

christina.hoechtl@bdo.at
+43 5 70 375 - 1518

       

Christine Stauber

christine.stauber@bdo.at
+43 5 70 375 - 8506

Abonnieren Sie die neuesten Nachrichten von BDO!

Please fill out the following form to access the download.