Quellensteuer

Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 28.6.2022 entgegen der bisherigen Ansicht des BFG festgestellt, dass Eheleuten in Österreich keine gemeinsame Antragslegitimation zur Stellung eines Rückerstattungsantrags für die im Abzugswege einbehaltene Kapitalertragsteuer zukommt. Kommt mehreren Personen die Verfügungsberechtigung über ein gemeinsames Wertpapierdepot zu und wurde in Österreich Quellensteuer einbehalten, so muss jede:r Depotinhaber:in einen gesonderten Rückerstattungsantrag über die ihm:ihr zurechenbare anteilige Quellensteuer stellen. 


Sachverhalt

Der Entscheidung ging ein Rechtsstreit eines Schweizer Ehepaars mit dem österreichischen Finanzamt voraus. Das Ehepaar verwahrte Wertpapiere auf einem gemeinsamen Depot bei einer österreichischen Bank. Beide Eheleute waren in Österreich beschränkt steuerpflichtig und hatten ihre steuerliche Ansässigkeit gemäß dem zwischen Österreich und der Schweiz anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen in der Schweiz. Die aus dem inländischen Depot bezogenen Einkünfte aus Kapitalvermögen unterlagen daher der beschränkten Steuerpflicht in Österreich und wurden mit Kapitalertragsteuer belastet. Um einen aus steuerlicher Sicht abkommenskonformen Zustand herzustellen, wurde von dem Paar als Depotinhaber ein Rückerstattungsantrag samt Ansässigkeitsbescheinigung beim österreichischen Finanzamt eingebracht. Im entsprechenden Formular (ZS-RD1) waren beide Personen als Antragsteller:in genannt und beide hatten das Formular gemeinsam als solche unterfertigt.

Der Antrag wurde vom österreichischen Finanzamt jedoch mit der Begründung abgewiesen, dass eine Antragstellung mehrerer Personen auf einem Formular nicht zulässig sei, da in Österreich das Prinzip der Individualbesteuerung gelte. Zudem stehe einem Antrag mehrerer Personen die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht entgegen. Gegen den abweisenden Bescheid des Finanzamts brachte das Ehepaar Beschwerde ein, um für künftige Anträge Rechtssicherheit zu schaffen.


Entscheidung des BFG

Das BFG teilte die rechtliche Würdigung der Schweizer Eheleute und stellte in seinem Erkenntnis fest, dass das Ehepaar berechtigt gewesen wäre, den Rückerstattungsantrag gemeinsam zu stellen. Als Begründung führte das BFG unter Verweis auf die Vereinbarung zwischen Österreich und Schweiz über die Durchführung der Entlastung bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren aus, dass der:die Empfänger:in von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren Anspruch auf die Steuerentlastung habe, sofern ihm:ihr das Recht zur Nutzung der den Ertrag einbringenden Kapitalanlagen zustehe. Da das Recht zur Nutzung des gemeinsamen Depots im gegenständlichen Fall dem Ehepaar gemeinsam zukomme, seien auch beide gemeinsam als Empfänger:in der Kapitalerträge anzusehen und können daher den Erstattungsanspruch gemeinsam geltend machen.


Versagung der gemeinsamen Antragslegitimation durch den VwGH

Gegen die Auffassung des BFG erhob das Finanzamt außerordentliche Revision an den VwGH, in der es zur Zulässigkeit des Rechtsmittels ausführte, dass es bisher an Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich einer gemeinsamen Antragsbefugnis von Eheleuten in einem Rückerstattungsverfahren fehle.

Der VwGH betrachtete die Revision als zulässig und hob das Erkenntnis des BFG in weiterer Folge als rechtswidrig auf, da eine Feststellung über die Antragsberechtigung im Erstattungsverfahren aufgrund der Subsidiarität von Feststellungsbegehren unzulässig sei und daher die rechtliche Grundlage für die Entscheidung des BFG fehle. Zudem fehlte im Anlassfall dem Erkenntnis des BFG die grundlegende Feststellung, dass die Ehegattengemeinschaft als solche in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig sei, was aber nach dem zwischen Österreich und der Schweiz anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen zwingend notwendige Voraussetzung für die Abkommensberechtigung wäre. Dementsprechend liege kein Anhaltspunkt vor, dass ein Antrag durch die Ehegattengemeinschaft – die jedenfalls nach österreichischem Recht keine Steuersubjektivität besitze und nicht Abgabenschuldnerin sei - zulässig wäre.


Zusammenfassende Würdigung und Ausblick

Trotz gegenteiliger Ansicht des BFG verneint der VwGH im konkreten Fall die gemeinsame Antragslegitimation einer Ehegattengemeinschaft für Rückerstattungsanträge betreffend die in Österreich erhobene Quellensteuer. Sind daher mehrere Personen gemeinsam Inhaber:innen eines inländischen Wertpapierdepots, hat jede:r Mitinhaber:in gesondert einen Rückerstattungsantrag für die ihm:ihr anteilig zurechenbare Quellensteuer beim Finanzamt einzubringen. Dabei gilt es zu beachten, dass das Verfahren zur Rückerstattung einbehaltener Quellensteuern aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 in § 240 Abs. 4 BAO neu geregelt wurde. Für weitere Informationen verweisen wir in diesem Zusammenhang auf unseren Beitrag vom 9.2.2023 (Abzugsteuerrückerstattung).

Es empfiehlt sich daher, in diesen Fragen bereits vorab die steuerliche Würdigung von einem:einer Steuerberater:in beurteilen zu lassen, um Fehler in der Abwicklung zu vermeiden.

Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen zur Verfügung.

 


Autor: 

Thomas Ruckensteiner 
thomas.ruckensteiner@bdo.at
+43 5 70 375 - 1624

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