Beim Treffen der europäischen Finanzminister (ECOFIN) in Brüssel am 2. Oktober 2018 wurde politische Einigkeit über Maßnahmen im Mehrwertsteuerbereich erzielt, die auch für österreichische Unternehmer deutliche Erleichterungen und erhöhte Rechtssicherheit in für die Praxis bedeutsamen Bereichen bringen werden. Im Detail sind mit Inkrafttreten ab 1.1.2020 und vorbehaltlich des formalen Abschlusses des Gesetzwerdungsprozesses folgende Maßnahmen geplant:
Zuordnung der Warenbewegung bei Reihengeschäften
Die derzeit herrschende Rechtsunsicherheit bei Reihengeschäften wird insoweit beseitigt, als bei einer Transportbeauftragung des mittleren Unternehmers zwingend die Lieferung an selbigen auch die bewegte Lieferung (i.g.) darstellt. Allerdings bekommt er ab 1.1.2020 ein Wahlrecht eingeräumt, das ihm erlaubt, die an ihn adressierte Lieferung durch Verwendung der UID-Nummer des Abgangslandes als ruhende Lieferung zu behandeln. Erst der anschließende Weiterverkauf wird entsprechend als i.g. Lieferung im Abgangsland verzeichnet. Für den mittleren Unternehmer ergibt sich dadurch in Zukunft neben Rechtssicherheit auch ein erhöhter Gestaltungsspielraum, der beispielsweise zur Vermeidung umsatzsteuerlicher Registrierungen im Ausland genutzt werden kann.
Rechtsverbindliche und harmonisierte Konsignationslagerregelung
Ausländische Konsignationslager führen für den Lieferanten derzeit zu einer umsatzsteuerlichen Registrierungsverpflichtung im EU-Ausland, sofern der betreffende Mitgliedstaat nicht eine Vereinfachung
vorsieht, nach der trotz Zwischenlagerung in dem Konsignationslager von einer ig Lieferung im Abgangsland ausgegangen werdendarf. Ab 1.1.2020 werden derartige Konsignationslagerregelungen für alle Mitgliedstaaten verpflichtend. Österreichische Unternehmer dürfen dann auch in jenen Mitgliedstaaten ohne Registrierungspflichten Konsignationslager unterhalten, die dies wie Deutschland derzeit nicht zulassen.
Einheitliche Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen
Neben den bisherigen Nachweismöglichkeiten werden ab 1.1.2020 in der gesamten EU einheitliche Nachweispflichten für das Vorliegen einer ig Lieferung gelten. Verfügt ein Unternehmer über zwei bestimmte, voneinander unabhängige Nachweise beispielsweise über einen unterschriebenen CMR-Frachtbrief und eine Rechnung des Spediteurs über den Warentransport, dann wird zukünftig (widerleglich) von einem tatsächlich erfolgten Warentransport in das EU-Ausland ausgegangen. Österreichische Unternehmer, die auch im EU-Ausland ig Lieferungen ausführen, können dadurch europaweit einheitliche Nachweispflichten erfüllen, ohne die jeweiligen nationalen Bestimmungen beachten zu müssen.
Kunden-UID und Meldung in ZM als materielle Voraussetzung für ig Lieferungen
Eine Verschärfung bei ig Lieferungen erfolgt insoweit, als das Vorliegen einer gültigen UID-Nummer des Kunden und die Meldung der i.g. Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung ab 1.1.2020 materielle Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für ig Lieferungen wird. Bisher handelt es sich dabei nach der Rechtsprechung nur um formale Anforderungen.
Weitere Änderungen: Ermäßigter Steuersatz für elektronisch vertriebene Bücher, Zeitungen und Zeitschriften möglich
Das Entgelt für elektronische Publikationen (insbesondere E-Books und Onlineportale von Zeitungen) unterliegt derzeit zwingend dem Normalsteuersatz, während für Publikationen in Papierform der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung gelangt. Durch eine Richtlinienänderung dürfen die Mitgliedstaaten ab der formalen Veröffentlichung der Richtlinienänderung zukünftig auch für elektronische Publikationen den ermäßigten Steuersatz anwenden. Ob der österreichische Gesetzgeber diese Möglichkeit nutzt und den Steuersatz auch für elektronische Publikationen auf 10% reduziert, bleibt abzuwarten.