Newsletter:

Aktuelle Judikatur

27 Februar 2019

Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs

Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs setzt bei Inlandssachverhalten den Bezug der Lieferung bzw. sonstigen Leistung sowie das Vorliegen einer entsprechenden Eingangsrechnung voraus. Die Vorsteuer ist daher in jenem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die Voraussetzungen für den Abzug erstmals vollständig erfüllt sind. Dies ist der Fall, wenn die Leistung erbracht ist und der Unternehmer über eine mehrwertsteuertaugliche Rechnung verfügt. Die österreichische Judikatur und Praxis stellen hierbei grundsätzlich auf das Ausstellungsdatum und nicht auf das Einlangen der Rechnung ab.
Langt eine im Oktober 2012 ausgestellte Eingangsrechnung erst im Juli 2013 beim Leistungsempfänger ein, so ist der Vorsteuerabzug daher im Rahmen der Veranlagung für 2012 (und nicht im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 2013) geltend zu machen (BFG 17.2.2016, RV/2101723/2014). Nur wenn eine Rechnung so verspätet beim Leistungsempfänger einlangt, dass sie nicht mehr im korrekten Veranlagungseitraum berücksichtigt werden kann, ist die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Veranlagungszeitraum des Einlangens zulässig.


Beschränkung der UID-Nummer

Unternehmer sind dazu verpflichtet, dem Finanzamt jede Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die für die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer maßgebend gewesen sind, binnen eines Kalendermonats anzuzeigen. Dies gilt insbesondere für die Aufgabe der unternehmerischen Tätigkeit. Nach einem neuen BFG-Erkenntnis (9.10.2018, RV/7103655/2018) stellt eine Vereinbarung, demzufolge Transporte nach Österreich erfolgen, keinen Nachweis für eine unternehmerische Tätigkeit dar, solange kein Nachweis für die tatsächliche Durchführung einer solchen Lieferung vorliegt.
Insofern keiner unternehmerischen Tätigkeit nachgegangen wird, ist die UID-Nummer zu begrenzen.

Vertrauensschutz im Abholfall

Holt der Abnehmer die Ware im Zuge einer innergemeinschaftlichen Lieferung von dem Lieferer ab, hat der Lieferer besondere Nachweise für die  Anwendbarkeit der Steuerbefreiung zu führen.

Fehlen in einem Abholfall die formalen Erfordernisse für den innergemeinschaftlichen Transport der Waren und führen Ergebnisse eines Amtshilfeersuchens zu begründeten Zweifeln am Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit, so hat der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung unter Ausschöpfung sämtlicher zur Verfügung stehender Beweismittel nachzuweisen.
Im aktuellen BFG-Erkenntnis (17.10.2018, RV/7102917/2013) wird festgehalten, dass der Unternehmer nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelt, sofern dieser die formellen Nachweise nicht vollständig erbringen kann. In diesem Fall kann er sich nicht auf die Vertrauensschutzregelung des Art. 7 (4) UStG berufen. Diese besagt, dass die Steuerbefreiung trotzdem bestehen bleibt, obwohl die materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sofern der Unternehmer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt hat.

Vor allem die schriftliche Erklärung betreffend die physische Grenzüberschreitung der Ware durch den Abnehmer und die Feststellung der Identität des Abholenden gelten als wichtige formelle Nachweise.

Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen i.Z.m. einem steuerfreien Anteilsverkauf

Der EuGH entschied in seinem aktuellen Urteil (8.11.2018, C&D Foods, C-502/17), dass der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen in Zusammenhang mit einem steuerfreien Anteilsverkauf nur dann möglich ist, wenn der Anteilsverkauf seinen ausschließlichen und unmittelbaren Entstehungsgrund in der unternehmerischen Tätigkeit hat (und diese zum Vorsteuerabzug berechtigt) oder die Erweiterung dieser Tätigkeit bezweckt.
Bei einer Holding heißt dies unseres Erachtens, dass der Anteilsverkauf dem Erhalt oder der Erweiterung der Leistungserbringung gegenüber anderen Beteiligungen dienen muss.
Im vorliegenden Fall sollte der Verkaufserlös der Schuldentilgung dienen, da der neue Eigentümer der Holding die kreditgebende Bank war und deren Anteile an anderen Gesellschaft veräußert werden sollten. Nach Ansicht des EuGHs ist ein Vorsteuerabzug in einem solchen Fall nicht möglich, weil die Verwertung zur Schuldentilgung und nicht zum Erhalt oder zur Erweiterung der unternehmerischen Tätigkeit beabsichtigt wurde. Die Anwendung in der Praxis ist unseres Erachtens sehr eingeschränkt.


Steuersatz bei Printabonnement mit Onlinezugang

Zeitungsabonnements in Print unterliegen dem ermäßigten Steuersatz (10%), während der elektronische Zugang zum Onlineportal einer Zeitung oder der Abruf als E-Paper dem Normalsteuersatz (20%) unterliegt. Erhalten Printabonnenten zusätzlich zum Druckwerk einen kostenlosen Zugriff auf die Onlineversion bzw. auf das E-Paper, so muss diesem Online-Anteil jedoch kein gesondertes Entgelt zugerechnet werden und das gesamte  Abonnement unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 10% (VwGH 22.11.2018, Ra 2017/15/0091). Reine Online-Abonnements ohne Printausgabe unterliegen dagegen zur Gänze dem Normal- steuersatz (20%).
Wir möchten festhalten, dass zukünftig auch Zeitungen und Zeitschriften in elektronischer Form dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliegen.


Unternehmereigenschaft einer Holding-Gesellschaft

Eine Holding-Gesellschaft erlangt bereits Unternehmereigenschaft, indem sie im eigenen Namen Dienstleistungen bezieht und an ihre Tochtergesellschaften mit geringem Gewinnaufschlag weiterverrechnet (Dienstleistungs-Kommission/Besorgungsleistung). Weitergehende Eingriffe in die Verwaltung der Tochtergesellschaft sind zur Begründung der Unternehmereigenschaft nicht erforderlich (VwGH 22.11.2018, Ro 2017/13/0022).


Steuerschuld für Provisionen eines Vermittlers von Profifußballspielern

Nach Auffassung des EuGHs (29.11.2018, baumgarten sports & more GmbH, C-548/17) entsteht die Umsatzsteuerschuld für Leistungen eines Vermittlers von Profifußballspielern, für die mehrere Jahre nach Vermittlung Raten gezahlt werden, auch bei grundsätzlicher Anwendbarkeit der Sollbesteuerung erst mit den geleisteten Zahlungen.

Begründet wird dies mit Art. 64 Abs. 1 MwSt-RL: „Geben Lieferungen von Gegenständen, die nicht die Vermietung eines Gegenstands oder den  Ratenverkauf eines Gegenstands im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchstabe b betreffen, und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass, gelten sie jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen.“

Im gegenständlichen Sachverhalt ist der Bezug  der Provisionen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Nämlich an den aufrechten Vertrag des vermittelten Spielers bei dem betreffenden Verein und an eine aufrechte Lizenz der Deutschen Fußball Liga des Vereins.

Unseres Erachtens kann das beschriebene EuGH Judikat nicht generell auf Ratenzahlungen angewendet werden. Bei Finanzierungsleasing und Ratenkäufen, die auch nach Art. 64 Abs. 1 MwStRL ausgenommen sind, ist daher nach wie vor von einer Steuerschuld im Zeitpunkt der Lieferung auszugehen.


Anzahlungen vor der Erbringung von Reiseleistungen durch das Reisebüro

Nach dem Urteil des EuGHs (19.12.2018, Skarpa Travel sp. z o.o., C-422/17) sind Anzahlungen, die ein Reisebüro erhält, steuerpflichtig im Zeitpunkt der Vereinnahmung, sofern die zu erbringenden touristischen Dienstleistungen zu diesem Zeitpunkt genau bestimmt sind.
Falls die zu tragenden tatsächlichen Kosten der Reise zu diesem Zeitpunkt nicht genau bekannt sind, kann die Gewinnmarge aufgrund einer Schätzung der tatsächlichen Gesamtkosten bestimmt werden.

Folgerechtsvergütungen bei Weiterveräußerung eines Kunstwerks

Bei der Weiterveräußerung eines Kunstwerks ist an den Urheber eine Vergütung, basierend auf der EU-Folgerecht-Richtlinie, zu entrichten. Die Folgerechtsvergütung steht dem Künstler selbst zu und ist nicht veräußerlich.
Bisher sah Österreich darin eine Duldung des  Weiterverkaufs und behandelte die Folgerechtsvergütung als steuerbare und steuerpflichtige Leistung des Urhebers.
Der EuGH verweist in seiner Entscheidung (19.12.2018, Kommission/Österreich, C-51/18) auf ständige Rechtsprechung, wonach eine  Lieferung oder Dienstleistung nur dann gegen Entgelt erbracht wird, wenn zwischen dem Veräußerer bzw. Leistenden und dem Erwerber bzw. Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Der Weiterverkauf eines Kunstwerks erfolgt allein zwischen dem Verkäufer und dem Käufer, ohne dass das Bestehen eines Folgerechts des Urhebers Einfluss darauf hätte.
Folgerechtsvergütungen sind somit nicht umsatzsteuerbar und umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich.

Vorsteuerquote aus Allgemeinkosten einer Zweigniederlassung für Umsätze der Hauptniederlassung in anderem Mitgliedstaat

Der EuGH (24.1.2019, Morgan Stanley & Co  International plc, C-165/17) entschied kürzlich darüber, inwiefern Vorsteuern aus Ausgaben  einer Zweigniederlassung geltend gemacht  werden können, die sowohl für mehrwertsteuerpflichtige als auch für mehrwertsteuerfreie Umsätze bestimmt sind und von der Hauptniederlassung (in einem anderen Mitgliedstaat) bewirkt werden. Die gegenständliche Entscheidung betrifft den Finanzdienstleistungssektor, kann aber für andere Branchen ebenso maßgeblich sein.

Es wird festgehalten, dass die Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat und die Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat ein Unternehmen bilden. Leistungen untereinander sind daher nicht steuerbare Innenumsätze. Der Vorsteuerabzug ist nur dann zulässig, wenn die Eingangsleistungen für steuerpflichtige Ausgangsumsätze genutzt werden. Gemäß der aktuellen Entscheidung ist dies der Fall, wenn die Eingangsleistungen für Innenleistungen an ihre Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat genutzt werden, die ihrerseits steuerpflichtige und steuerfreie Ausgangsleistungen erbringt.
Das bedeutet, dass die Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat eine Vorsteuerquote für Eingangsleistungen anwenden kann, wenn diese letztendlich in (unter anderem) steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen der Hauptniederlassung resultieren.
Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs ergibt sich aus einem Bruch aus Gesamtumsatz (im Nenner) und Umsätzen, für die das Recht auf Vorsteuer-abzug bestünde, wenn die Umsätze der Hauptniederlassung im Mitgliedstaat der Zweigniederlassung bewirkt worden wären (im Zähler).
Dies gilt auch dann, wenn das Recht auf Vorsteuerabzug deshalb besteht, weil die Zweigniederlassung für die Mehrwertsteuerpflicht der im Staat ihrer Registrierung bewirkten Umsätze optiert hat.