USt-Organschaft: Leistungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte

Leistungen zwischen inländischem Stammhaus und ausländischen Betriebsstätten sind grundsätzlich nicht umsatzsteuerbar. Dies gilt nach einem neuen EUGHUrteil jedoch nicht, wenn das inländische Stammhaus Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist.


In der Rs Danske Bank (EUGH 11.3.2021, Rs C-812/19) hatte der EuGH über den Fall einer Bank mit Sitz (Stammhaus) in Dänemark und Zweigniederlassung (Betriebsstätte) in Schweden zu entscheiden. Das dänische Stammhaus hat Leistungen an die schwedische Zweigniederlassung erbracht. Es war gleichzeitig gemeinsam mit anderen Konzerngesellschaften Teil einer dänischen Mehrwertsteuergruppe (Organschaft). Strittig war, ob die Leistungen des Stammhauses an die Zweigniederlassung umsatzsteuerpflichtig sind.

Die Umsatzsteuer wird vom Prinzip der Unternehmenseinheit bestimmt. Unternehmensinterne (Dienst-)Leistungen zwischen verschiedenen Unternehmensteilen sind daher – auch wenn sie grenzüberschreitend erbracht werden – im Allgemeinen nicht umsatzsteuerbar. Von diesem Grundsatz sieht der EuGH nunmehr aber eine entscheidende Ausnahme vor: Sofern das Stammhaus nämlich Teil einer Mehrwertsteuergruppe (Organschaft) ist. Laut EuGH stehen sich in diesem Fall mit Organschaft einerseits und ausländischen Unternehmensteilen (Zweigniederlassungen, Betriebsstätten) andererseits zwei verschiedene Steuerpflichtige gegenüber. Leistungen zwischen diesen Unternehmensteilen sind daher steuerbar.

Im Ausgangsfall hat der EuGH daher eine Umsatzsteuerpflicht für die vom dänischen Sitz an die schwedische Zweigniederlassung erbrachten Leistungen bejaht. Da die Steuerschuld für grenzüberschreitende Dienstleistungen auf den Leistungsempfänger übergeht (Reverse Charge), ergeben sich für voll vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer abgesehen von Erklärungspflichten keine Änderungen. Unternehmer ohne vollen Vorsteuerabzug sind jedoch auf Basis der EuGH-Ansicht zukünftig mit einer USt-Belastung für unternehmensinterne Leistungen konfrontiert. Es gilt daher zukünftig abzuwägen, ob die Vorteile einer umsatzsteuerlichen Organschaft im Inland die Nachteile im Verhältnis zum Ausland wettmachen. Im Inland kann für Banken und Versicherungen auch die Zusammenschlussbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 28 UStG eine interessante Alternative zur Organschaft darstellen.

Von einer Steuerpflicht der Leistungen zwischen Stammhaus und ausländischer Betriebsstätte ist im Übrigen auch dann auszugehen, wenn zwar nicht das Stammhaus, aber die Betriebsstätte Teil einer ausländischen Mehrwertsteuergruppe (Organschaft) ist (EuGH 17.9.2014, RS C-7/13, Skandia).

Fazit

Leistungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte sind nach Ansicht des EuGH umsatzsteuerpflichtig, sofern einer der beiden Unternehmensteile Mitglied einer umsatzsteuerlichen Organschaft ist. Insbesondere für Unternehmer ohne vollen VSt-Abzug, v.a. Banken und Versicherungen, besteht daher Handlungsbedarf bzw. sollte das Urteil zum Anlass genommen werden, bestehende Strukturen auf umsatzsteuerliches Optimierungspotenzial zu prüfen.


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Roman Haller
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