Newsletter:

Aktuelle Judikatur

12 Dezember 2018

Verdeckte Ausschüttungen i.Z.m. Vermietung

Gemäß der aktuellen Judikatur des VwGH (27.6.2018, Ra 2017/15/0019) wird eine mit der Vermietung in Zusammenhang stehende Vorleistung vom Vermieter überwiegend für verdeckte Ausschüttungen bezogen, wenn die tatsächliche Miete weniger als die Hälfte der marktkonformen Miete beträgt. In diesem Fall tritt der Vorsteuerausschluss gem. § 12 Abs 2 Z 2 lit. a UStG ein.

Behandlung Zweigniederlassung und Hauptsitz als ein Unternehmen

Eine Zweigniederlassung stellt einen unselbständigen Bestandteil eines Unternehmens dar, sodass Leistungen an die Zweigniederlassung als Leistungen an das Unternehmen anzusehen sind. Nach dem Urteil des EuGHs (7.8.2018, Rs. C-16/17, TGE Gas Engineering) ist daher der Vorsteuerabzug unter denselben Voraussetzungen zu gewähren, die auch für Leistungen gelten, die direkt an das Stammhaus des Unternehmens erfolgen.

Umsatzsteuer bei Verrechnung von „Reisepackages“ an Unternehmer

Erwirbt ein Unternehmer verschiedene Reiseleistungen (z.B. Hotelnächtigung, Personenbeförderung,
Eintrittsberechtigungen etc.) und verrechnet diese an einen unternehmerischen Kunden weiter, so liegt nach Ansicht des VwGH (13.9.2018, Ra 2017/15/0050) keine (unter die B2B-Grundregel gem. § 3a Abs. 6 UStG fallende) einheitliche Leistung, sondern eine Besorgung verschiedener Einzelleistungen vor. Sowohl die Frage des Leistungsortes als auch die Person des Steuerschuldners (teilweise Reverse Charge bei ausländischem Leistenden) ist daher für jede einzelne Leistung gesondert zu beurteilen.

Anmerkung: Die Margenbesteuerung für Reiseleistungen gem. § 23 UStG ist nach dem Gesetzeswortlaut gegenüber unternehmerischen Leistungsempfängern nicht anwendbar. Der VwGH betont erneut, dass dieser Ausschluss der Margenbesteuerung europarechtswidrig ist. Im B2B-Bereich kommt Unternehmern de facto ein Wahlrecht zu, entweder von einzelnen Besorgungsleistungen auszugehen oder aber unter Berufung auf den Anwendungsvorrang des Europarechts die Margenbesteuerung gem. § 23 UStG (kein VSt-Abzug aus Eingangsleistungen, ausgangsseitig dafür nur Besteuerung der erzielten Marge) anzuwenden. Ab 1.5.2020 wird die Margenbesteuerung im B2B-Bereich allgemein verpflichtend anzuwenden sein, sofern der letztlich Reisende ein Nichtunternehmer ist.

Vorsteuererstattungsverfahren schließt Umsatzsteuerveranlagungsverfahren aus

Sofern lediglich Umsätze erbracht werden, für die nach § 19 (1) UStG die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht, ist das Vorsteuererstattungsverfahren zwingend anzuwenden. Liegen die Voraussetzungen der Vorsteuererstattungsverordnung vor, so sind die Vorsteuern nach diesem Verfahren geltend zu machen (insbesondere ist ein rechtzeitiger Erstattungsantrag erforderlich). Nach einem neuen BFG-Erkenntnis (10.10.2018, RV/2100810/2017) gilt dies auch dann, wenn das Unternehmen aufgrund von Vorjahresumsätzen zur Umsatzsteuerveranlagung erfasst ist.

Vorsteuerabzugsberechtigung für Wohnmobile

Werden Wohnmobile für unternehmerische Zwecke genutzt, so berechtigen Aufwendungen für Erwerb, Anmietung und Betrieb derartiger Fahrzeuge nach einem neuen Urteil des VwGH (VwGH 17.10.2018, Ra 2017/13/0045) zum Vorsteuerabzug. Nach Ansicht des VwGH findet die Vorsteuerausschlussbestimmung für PKW von vornherein keine Anwendung auf Wohnmobile. Wird der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen, so ist zu beachten, dass eine allfällige Privatnutzung umsatzsteuerlich als Eigenverbrauch zu besteuern ist.

Vorliegen von Rechnungen für Vorsteuerabzug nicht zwingend erforderlich (formelles Erfordernis)

Der EuGH entschied in seinem aktuellen Urteil (EuGH 21.11.2018, Rs. C-664/16, Lucreţiu Hadrian Vădan), dass die Vorlage von Rechnungen für den Vorsteuerabzug nicht zwingend erforderlich ist. Die strikte Anwendung des formellen Erfordernisses, Rechnungen vorzulegen, verstößt gegen die Grundsätze der Neutralität und der Verhältnismäßigkeit.

Steuerpflichtige können demnach den Vorsteuerabzug auch dann geltend machen, wenn sie durch objektive Nachweise belegen können, dass die (materiellen) Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt sind. Insbesondere muss nachgewiesen werden, dass tatsächlich Gegenstände oder Dienstleistungen geliefert bzw. erbracht wurden, die seinen der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätzen dienten und für die er die Umsatzsteuer tatsächlich entrichtet hat.

In dem Urteil wird festgehalten, dass die Schätzung in einem vom nationalen Gericht angeordneten Sachverständigengutachten nicht als Nachweis der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts ausreicht.

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Aussagen des EuGHs immer im Kontext des jeweiligen Sachverhalts zu beurteilen sind. Unseres Erachtens ist daher zweifelhaft, ob aus der vorliegenden Entscheidung pauschal abgeleitet werden kann, dass gar keine Rechnung mehr erforderlich sein soll, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen. In der Praxis wird ein Unternehmer in den wenigsten Fällen nachweisen können, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind, wenn überhaupt kein Rechnungsdokument vorliegt. Außerdem würde diese generalisierende Sichtweise die sonstigen Entscheidungen des EuGHs zur Rückwirkung von Rechnungskorrekturen konterkarieren (z.B. in der Rechtssache Senatex). Es ist daher abzuwarten, in welcher Form der EuGH diese Rechtsprechung konkretisiert. Es ist davon auszugehen, dass die österreichische Finanzverwaltung dieses Urteil sehr kritisch sehen wird.

Umsatzsteuerpflicht bei vorzeitiger Vertragsauflösung

Der EuGH hat in einem aktuellen Urteil (22.11.2018, Rs. C-295/17, MEO – Serviços de Comunicações e Multimédia SA) entschieden, dass ein im Vorhinein festgelegter Betrag, den ein Wirtschaftsteilnehmer im Fall der vorzeitigen Beendigung eines Dienstleistungsvertrags mit einer Mindestbindungsfrist durch seinen Kunden oder aus einem diesem zuzurechnenden Grund bezieht und der dem Betrag entspricht, den dieser Wirtschaftsteilnehmer ohne vorzeitige Beendigung für die restliche Laufzeit erhalten hat, als Gegenleistung für eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung anzusehen ist und als solche der Umsatzsteuer unterliegt.

Für die Qualifizierung des im Dienstleistungsvertrag im Vorhinein festgelegten Betrags, den der Kunde bei dessen vorzeitiger Beendigung schuldet, sind die Umstände nicht entscheidend, dass der Zweck dieses Pauschbetrags darin besteht, die Kunden von der Nichteinhaltung der Mindestbindungsfrist abzuhalten und den Schaden des Betreibers durch die Nichteinhaltung dieser Frist auszugleichen. Auch nicht, dass die von einem Handelsvermittler erhaltene Vergütung für den Abschluss von Verträgen mit Mindestbindungsfrist höher ist als jene, die im Rahmen von Verträgen ohne eine solche Frist vorgesehen ist, sowie dieser Betrag nach nationalem Recht als Konventionalstrafe zu qualifizieren ist.