Vorsteuer betreffend eine von einem Kleinunternehmer kraft Rechnung geschuldete Umsatzsteuer
Das BFG hielt in seinem Erkenntnis vom 19.12.2018 (RV/7103033/2010) fest, dass ein Kleinunternehmer ein Grundstück nur dann steuerpflichtig vermieten kann, wenn er auf die Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 6 (1) Z 27 UStG für Kleinunternehmer verzichtet und die Optionsmöglichkeit zur Steuerpflicht für Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 6 (2) UStG ausübt.
Die von einem Kleinunternehmer fälschlicherweise in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ist grundsätzlich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Der Leistungsempfänger könnte grundsätzlich nur im Zivilrechtsweg eine Rechnungsberichtigung und die Erstattung der bezahlten Umsatzteuer vom Rechnungsaussteller verlangen.
Da im gegenständlichen Sachverhalt der Rechnungsaussteller bereits verstorben ist, sodass die Einforderung im Zivilrechtsweg nicht mehr möglich ist und die Umsatzsteuer ordnungsgemäß an das Finanzamt abgeführt wurde, kann die Vorsteuer in diesem Fall ausnahmsweise geltend gemacht werden (vgl. EuGH; 15.3.2007; C-35/05 Reemtsa i.S.d. EuGH; 26.04.2017; C-564/15 Tibor Farkas).
Rückwirkende Sanierung eines missglückten Dreiecksgeschäfts
Im aktuellen Erkenntnis (RV/2100801/2017) hatte das BFG zu entscheiden, ob durch eine Berichtigung von Rechnungen ein missglücktes Dreiecksgeschäft rückwirkend saniert werden kann.
Hintergrund dieses Judikats ist die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Senatex vom 15.9.2016, wonach die rückwirkende Berichtigung von Rechnungen in Bezug auf nicht materielle Angaben (beispielsweise UID-Nummer des Leistenden) möglich sei. Bisher war nicht klar, wie die österreichische Finanzverwaltung bzw. das BFG dieses Urteil im Zusammenhang mit der rückwirkenden Sanierung eines missglückten Dreiecksgeschäfts auffasst.
Nun steht fest, dass das BFG weiterhin eine restriktive Meinung vertritt und eine rückwirkende Sanierung des Dreiecksgeschäfts durch Ausstellung berichtigter Rechnungen nicht möglich ist. Das BFG hat bereits in seinem Erkenntnis vom 10.12.2018 (RV/7100231/2012) festgehalten, dass die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung des Art. 25 UStG einer ordnungsgemäßen Rechnung bedarf.
Laut BFG ist der Übergang der Steuerschuld eine materielle Voraussetzung für ein Dreiecksgeschäft und eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung gemäß Art. 25 Abs. 4 UStG maßgeblich für den Übergang der Steuerschuld. Die Rechnung des Erwerbers hat demnach einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers zu enthalten.
Wegen der Schwere der Folgen des Übergangs der Steuerschuld und der Warnfunktion der Rechnung sind aus Sicht des BFG strenge Anforderungen im Zusammenhang mit Dreiecksgeschäften zu stellen. Somit ist die Rechnung als materiellrechtliche Voraussetzung für den Übergang der Steuerschuld anzusehen.
Der Nachweis der übergegangenen Steuerschuld kann nur mit einer entsprechenden Rechnung erfolgen. Somit wird daran festgehalten, dass nur eine Rechnung mit dem Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts das Vorliegen eines solchen begründen kann.
Nachträglich berichtigte Rechnungen können daher zu keiner rückwirkenden Korrektur einer entstandenen Steuerschuld führen.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass aus österreichischer Sicht ein missglücktes Dreiecksgeschäft nicht durch Ausstellung berichtigter Rechnungen sanierbar ist, weil die korrekte Rechnung mit dem Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts und der Übergang der Steuerschuld zu den materiellen Voraussetzungen des Vorliegens eines Dreiecksgeschäfts zählen.
Leistungsaustausch bei Hausübergabe unter Fruchtgenussvorbehalt
Die Einräumung eines Wohnrechts an den Übergeber einer Liegenschaft stellt laut BFG (RV/1100638/2015, 22.1.2019) keine Gegenleistung für den Erwerb der Liegenschaft dar.
Eine Schenkung mit lebenslangem Fruchtgenussvorbehalt für den Übergeber stellt eine unentgeltliche Liegenschaftsübertragung dar. Sie ist daher keine für eine bestimmte Dauer gegen Entgelt erfolgende Einräumung eines dinglichen Rechts.
Keine Vorsteuererstattung bei Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (BFG 23.1.2019, RV/2100024/2019)
Enthält eine Rechnung über eine innergemeinschaftliche Lieferung keine UID-Nummer des Empfängers (etwa, weil diese noch nicht vergeben wurde), darf bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen über die Steuerfreiheit keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Eine dennoch ausgewiesene Umsatzsteuer wird kraft Rechnung geschuldet und ist beim Empfänger nicht erstattungsfähig.
Kleinunternehmerregelung bei unterjährigem Zuzug (VwGH 31.1.2019, Ra 2017/15/0034)
Die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer (Jahresumsatz bis EUR 30.000) kann nur von in Österreich ansässigen Unternehmern in Anspruch genommen werden.
Bei einem unterjährigen Zuzug nach Österreich ist die Kleinunternehmerregelung erst ab dem Kalendermonat anwendbar, in dem der Hauptwohnsitz im Inland begründet wird. Davor ausgeführte Umsätze (hier: Vermietungstätigkeit) mit österreichischem Leistungsort sind steuerpflichtig. Anmerkung: In Zuzugsfällen sollte geprüft werden, ob die (bei entsprechenden Jahresumsätzen automatische) Anwendung der Kleinunternehmerregelung gewünscht wird oder ob eine Option zur Steuerpflicht zweckmäßiger ist. Ein Wechsel zur Steuerbefreiung führt gerade bei Vermietungstätigkeiten häufig zu negativen Vorsteuerberichtigungen.
Sonderklassegebühren bei Krankenanstalten (VwGH 31.1.2019, Ro 2017/15/0029)
Von Krankenanstalten vereinnahmte Sonderklassegebühren unterliegen dem 10%igen Steuersatz. Die Steuerbefreiung für ärztliche Heilbehandlung ist nicht anwendbar, auch wenn die Krankenanstalt einen Teil dieser Gebühren als „Arztanteil“ an den behandelnden Arzt weiterleitet.
Ein direkter Leistungsaustausch zwischen behandelndem Arzt und Patienten – der als ärztliche Heilbehandlung steuerbefreit sein könnte – würde eine entsprechende unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen Arzt und Patient sowie ein Auftreten der in die Abrechnung involvierten Krankenanstalt in fremdem Namen und auf fremde Rechnung voraussetzen.
Steuerpflicht bei Übertragung eines landwirt-schaftlichen Betriebes (VwGH 31.1.2019, Ro 2017/15/0013)
Die entgeltliche oder unentgeltliche (Eigenverbrauch) Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist entgegen Rz 2876 UStR nicht von der Pauschalierung des § 22 UStG erfasst. Sie ist daher entsprechend den allgemeinen Bestimmungen des UStG zu beurteilen.
Die Übertragung führt somit regelmäßig – wie Betriebsübergaben allgemein – zu einer Umsatzsteuerschuld auf Ebene des Veräußerers. Sowohl bei entgeltlichen als auch bei unentgeltlichen (§ 12 Abs. 15 UStG) Betriebsübergaben kann die anfallende Umsatzsteuer an den Erwerber verrechnet werden.
Eine dem Erwerber in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann von diesem jedoch nur dann als Vorsteuer geltend gemacht werden, wenn der Erwerber zur Regelbesteuerung optiert (Verzicht auf § 22 UStG).
Der Vertrauensschutz des Zollspediteurs bei einer Einfuhr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung/Verbringung
Gemäß der aktuellen Entscheidung des EuGH (14.2.2019, Vetsch, C-531/17) ist die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung dem als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur nicht zu versagen. Dies trifft zu, wenn der Empfänger wie im Fall des Ausgangsverfahrens der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Verbringung bei einem späteren mit der Verbringung in keinem Zusammenhang stehenden Umsatz eine Steuerhinterziehung begeht und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.
Ohne persönlichen Schuldvorwurf kommt der Vertrauensschutz dem Zollspediteur zugute. Dieser besagt, dass die Steuerbefreiung trotzdem bestehen bleibt – obwohl die materiellen Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sofern der Unternehmer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt hat.
Zeitliche Begrenzung der Möglichkeit Rechnungen im Zuge der Mehrwertsteuererstattung zu berichtigen
Der EuGH hielt in seinem Urteil (14.2.2019, Nestrade SA, C-562/17) fest, dass Mitgliedstaaten dazu befugt sind, die Möglichkeit, fehlerhafte Rechnungen zur Ausübung des Rechts auf Mehrwertsteuererstattung zu berichtigen, zeitlich zu begrenzen.
Die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität sind hierbei zu beachten: Im Wesentlichen bedeutet dies, dass jemand, der durch das Unionsrecht verliehene Rechte geltend macht, nicht gegenüber demjenigen benachteiligt werden darf, der rein nationale Rechte geltend macht. Des Weiteren darf die Ausübung eines Rechts nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert werden.
Leistungsortregel betreffend die Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen ist auf mehrtägige Fortbildungskurse anwendbar (EuGH 13.3.2019, Srf konsulterna AB, C-647/17)
Die Ermöglichung der Teilnahme an einer mehrtätigen Fortbildungsveranstaltung ist als Eintrittsberechtigung zu qualifizieren, auch wenn Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgen.
Der EuGH geht nicht darauf ein, ob die Veranstaltung allgemein zugänglich sein muss, wie dies in Österreich von der Finanzverwaltung gefordert wird.
Fahrunterricht gilt nicht als mehrwertsteuerbefreiter Schulunterricht
Der EuGH entschied in seinem aktuellen Urteil (14.3.2019, A & G Fahrschul-Akademie, C-449/17), dass unter Fahrunterricht der Erwerb der Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge durch Fahrschulen zu verstehen ist.
Fahrunterricht ist nicht als Schul- und Hochschulunterricht i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der MwStSystRL zu verstehen. Es ist daher keine Steuerbefreiung auf Fahrunterricht anzuwenden.
Umsatzsteuerbefreiung bei Ausfuhrlieferungen
Nach Auffassung des EuGH (28.3.2019, Milan Vinš, C-275/18) dürfen Nationalstaaten die Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen nicht von der Voraussetzung abhängig machen, dass Gegenstände der Ausfuhr in das Zollverfahren der Ausfuhr überführt worden sind. Dies gilt nur dann, wenn feststeht, dass die materiellen Anforderungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind.
Als materielle Voraussetzung gilt insbesondere, dass die betreffenden Gegenstände tatsächlich aus dem Gebiet der Union verbracht worden sind. Dies konnte im gegenständlichen Fall durch Belege des Postdienstanbieters nachgewiesen werden.