Ökosoziale Steuerreform 2022

Ökosoziale Steuerreform 2022

Unser Thema am People Thursday, dem 11. November 2021: 


 

Seit Beginn dieser Woche ist die ökosoziale Steuerreform 2022 nun in Begutachtung. Die vierwöchige Frist zur Übermittlung etwaiger Stellungnahmen endet am 6.12.2021. Wir haben für Sie die wichtigsten Änderungen rund um die Personalverrechnung und den HR-Bereich zusammengefasst.

 

Senkung der Lohn- und Einkommensteuer

Nach Senkung des Eingangssteuersatzes von 25% auf 20% i.R.d. Konjunkturstärkungsgesetzes 2020 sollen nun auch die zweite und dritte Tarifstufe der Lohn- und Einkommensteuer gesenkt werden. Mit 1.7.2022 soll zuerst die zweite Tarifstufe von 35% auf 30% und mit 1.7.2023 die dritte Tarifstufe von 42% auf 40% gesenkt werden.

Da der Einkommensteuertarif kalenderjahrbezogen ist, soll die unterjährige Absenkung des Steuersatzes durch einen sich daraus ergebenen Mischsteuersatz berücksichtig werden. Für das gesamte Kalenderjahr 2022 kommt für die zweite Tarifstufe ein errechneter Mischsteuersatz von 32,5% und im Kalenderjahr 2023 für die dritte Tarifstufe ein errechneter Mischsteuersatz von 41% zur Anwendung.

Damit Arbeitnehmende möglichst zeitnah von der Tarifsenkung profitieren, soll die Tarifsenkung betreffend die Monate Jänner bis Juli 2022 im Rahmen einer vom Arbeitgeber ehestmöglich – spätestens bis Ende September 2022 - durchzuführenden Aufrollung entsprechend berücksichtigt werden. Auch Pensionistinnen und Pensionisten sollen im Rahmen der Aufrollung von der unterjährigen Tarifsenkung profitieren.


Erhöhung des Familienbonus Plus

Zur Unterstützung der Familien soll der Familienbonus Plus ab Juli 2022 wie folgt angehoben werden:

  • für Kinder bis 18 Jahre von monatlich EUR 125 auf EUR 166,68 somit von jährlich EUR 1.500 auf ca. EUR 2.000 (bzw. 2022 aufgrund der unterjährigen Erhöhung EUR 1.750,08)
  • für Kinder ab 18 Jahren von monatlich EUR 41,68 auf EUR 54,18 somit von jährlich EUR 500 auf ca. EUR 650 (bzw. 2022 aufgrund der unterjährigen Erhöhung EUR 575,16)
     

Erhöhung des Kindermehrbetrages

Zur Unterstützung der Familien soll auch der Kindermehrbetrag angehoben werden. Die Erhöhung erfolgt stufenweise:

  • Für das Kalenderjahr 2022 statt bisher bis zu EUR 250 bis zu EUR 350 pro Kind
  • Ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2023 bis zu EUR 450 pro Kind

Der Betrag verringert sich (einschleifend) um die tarifmäßig errechnete Einkommensteuer, sodass ab einer Tarifsteuer von EUR 450 (2022: EUR 350) kein Kindermehrbetrag mehr zusteht.

Zudem soll der Kreis der Bezugsberechtigten von derzeit nur Alleinerzieher/Alleinverdiener auf alle geringverdienenden Erwerbstätigen ausgedehnt und als Negativsteuer ausbezahlt werden. Der Kindermehrbetrag soll künftig auch dann zustehen, wenn eine (Ehe-)Partnerschaft vorliegt, in der beide Personen Einkünfte erzielen und die darauf entfallende Tarifsteuer jeweils weniger als EUR 450 beträgt. In diesem Fall soll der Kindermehrbetrag der bzw. dem Familienbeihilfenberechtigten zustehen.

Es soll jedoch Voraussetzung sein, dass von Steuerpflichtigen zumindest 30 Tage im Kalenderjahr steuerpflichtige aktive Erwerbseinkünfte (aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder aus nichtselbständiger Arbeit) erzielt werden. Im Gegenzug soll das bisherige Ausschlusskriterium (Bezug von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Leistungen aus der Grundversorgung oder Mindestsicherung etc. an mindestens 330 Tagen im Kalenderjahr) entfallen. Das bedeutet, künftig sollen beispielweise auch Personen, die im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung erwerbstätig sind, deren Einkommen jedoch mit der Mindestsicherung aufgestockt wird, Anspruch auf den Kindermehrbetrag haben.
 

Steuerbegünstigte Mitarbeitergewinnbeteiligung

Analog zur bestehenden Begünstigung für die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Kapital eines Unternehmens soll nun auch eine Begünstigung für Mitarbeitergewinnbeteiligungen eingeführt werden. Die Begünstigung soll pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer maximal bis zu EUR 3.000 jährlich zustehen. Zusätzlich dürfen sämtliche im Kalenderjahr steuerfrei ausbezahlten Gewinnbeteiligungen den steuerlichen Vorjahresgewinn nicht übersteigen. Bei einer allfälligen Überschreitung des Höchstbetrags sind die Zuwendungen steuerpflichtig und der Arbeitgeber haftet hinsichtlich der Lohnsteuer, die auf den zu Unrecht steuerfrei belassenen Teil der Zuwendung bei der jeweiligen Arbeitnehmerin bzw. beim jeweiligen Arbeitnehmer entfällt.

Die Begünstigung soll für Gewinnbeteiligungen gelten, die ab 1.1.2022 gewährt werden.

Im Begutachtungsentwurf ist allerdings keine Befreiung von den Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnnebenkosten (KommSt, DB, DZ) vorgesehen, eine steuerbegünstigte Mitarbeitergewinnbeteiligung bleibt somit (zumindest vorerst) beitrags- und lohnnebenkostenpflichtig.
 

Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter

Die betragliche Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter soll von derzeit EUR 800 auf EUR 1.000 angehoben werden. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des abnutzbaren Anlagevermögens sollen somit künftig bis zu einem Betrag von maximal EUR 1.000 sofort als Betriebsausgabe bzw. als Werbungskosten abgesetzt werden können. Dies soll

  • im betrieblichen Bereich erstmals für Wirtschaftsjahre gelten, die nach 31.12.2022 beginnen.
  • im außerbetrieblichen Bereich erstmalig i.R.d. Veranlagung 2023 in Anspruch genommen werden können.

Diese Änderung ist auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung, insbesondere bei der Abgrenzung zwischen einem dienstnehmerähnlichen freien Dienstvertrag i.S.d. § 4 Abs. 4 ASVG und einem unternehmerischen freien Dienstvertrag (Neuer Selbständiger i.S.d. § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG) von Bedeutung. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines unternehmerischen freien Dienstvertrags nach dem GSVG ist nämlich die Verwendung wesentlicher eigener Betriebsmittel. Nach der Rechtsprechung ist ein Betriebsmittel dann als wesentlich einzustufen, wenn es sich dabei nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und durch die Aufnahme in das Betriebsvermögen eine unternehmerische Struktur geschaffen wurde.
 

Senkung der Krankenversicherungsbeiträge 

Mit Wirkung ab 1.7.2022 soll jener Teil des Krankenversicherungsbeitrages, der von den Versicherten zu tragen ist, für niedrige und mittlere Einkommen gesenkt werden. Die Senkung soll entsprechend einer gesetzlich festgelegten Staffelung abhängig von der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage erfolgen. Dabei handelt es sich um Festbeträge, die nicht der jährlichen Aufwertung unterliegen.

Mit Wirkung ab 1.7.2022 soll jener Teil des Krankenversicherungsbeitrags, der von den Versicherten zu tragen ist, für niedrige und mittlere Einkommen gesenkt werden. Die Senkung soll entsprechend einer gesetzlich festgelegten Staffelung abhängig von der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage erfolgen. Dabei handelt es sich um Festbeträge, die nicht der jährlichen Aufwertung unterliegen.

Die stufenweise Absenkung soll sowohl für erwerbstätige Versicherte als auch für die Gruppe der Pensionistinnen und Pensionisten gelten, wobei die Absenkungen von dem für die jeweilige Versichertengruppe zur Anwendung gelangenden Beitragssatz zu erfolgen haben.

Beispielsweise soll der Beitragsteil für vollversicherte Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer statt 3,87%

  • 2,17%, sofern das monatliche Entgelt einen Betrag von EUR 1.100 nicht übersteigt;
  • 2,37%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 1.100 bis zu EUR 1.800 beträgt;
  • 2,47%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 1.800 bis zu EUR 1.900 beträgt;
  • 2,67%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 1.900 bis zu EUR 2.000 beträgt;
  • 2,87%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 2.000 bis zu EUR 2.100 beträgt;
  • 3,07%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 2.100 bis zu EUR 2.200 beträgt;
  • 3,27%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 2.200 bis zu EUR 2.300 beträgt;
  • 3,47%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 2.300 bis zu EUR 2.400 beträgt;
  • 3,67%, sofern das monatliche Entgelt über EUR 2.400 bis zu EUR 2.500 beträgt,

der allgemeinen Beitragsgrundlage betragen.

Zur Sicherstellung der Aufwandsneutralität der Krankenversicherung soll eine entsprechende Differenzleistung des Bundes vorgesehen werden.

 


 

Mehr über die Begutachtung des ökosozialen Steuerreformgesetzes

 


Sprechen Sie mit unseren BDO Experten für Arbeits- und Lohnsteuerrecht Claudia Sonnleitner und Thomas Neumann



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