Sonderbetreuungszeit & Reform der Hacklerregelung

Sonderbetreuungszeit & Reform der Hacklerregelung

Unser Thema am People Thursday, dem 27. November 2020: 
 

Update: Der Nationalrat hat in der letzten Woche u.a. die bereits in unserem Artikel vom 12.11.2020 („Rechtsanspruch auf Sonderbetreuung & Verschiebung der Angleichung der Kündigungsfristen Arbeitende/Angestellte“) angekündigten Neuerungen beim Modell der Sonderbetreuungszeit mit einigen Änderungen beschlossen. Zudem wird die abschlagsfreie Frühpension (Langzeitversichertenregelung bzw. „Hacklerregelung“) abgeschafft und durch den sog. „Frühstarterbonus“ ersetzt. Darüber hinaus wird die Verzugszinsenfreiheit der SV-Stundungen für die Beitragszeiträume bis Dezember 2020 verlängert. Die Beschlussfassung im Bundesrat und die Kundmachung im Bundesgesetzblatt bleiben noch abzuwarten.


Update Sonderbetreuungszeit

Zusätzlich zum neuen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit wurde durch einen mitberücksichtigten Abänderungsantrag nun sichergestellt, dass der Ersatzanspruch des Arbeitgebers auch im Falle einer Vereinbarung der Sonderbetreuungszeit bestehen bleibt. Rückwirkend ab 1.11.2020 gibt es somit zwei Modelle der Sonderbetreuungszeit:

Sonderbetreuungszeit mit Rechtsanspruch

Im Zeitraum zwischen 1.11.2020 und 9.7.2021, somit bis zum Ende des Schuljahres 2020/2021, haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nun auch Schlüsselkräfte!) einen Rechtsanspruch auf bis zu 4 Wochen Sonderbetreuungszeit unter Fortzahlung des Entgelts. Dieser Rechtsanspruch besteht in den schon bisher für die Vereinbarung zur Sonderbetreuungszeit geltenden Fällen:

  • Betreuungspflicht für Kinder bis 14 Jahre bei aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossenen Einrichtungen (Schulen, Kindergärten), sofern die Betreuung notwendig ist (d.h. keine andere Betreuungsperson verfügbar ist)
  • Betreuungspflicht für Menschen mit Behinderung bei aufgrund behördlicher Maßnahmen teilweise oder vollständig geschlossenen Einrichtungen sowie bei Betreuung zuhause aufgrund freiwilliger Maßnahmen
  • Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen bei Ausfall der Betreuungsperson
  • Betreuung von Angehörigen mit Behinderung bei Ausfall der persönlichen Assistenz

NEU hinzugekommen ist der Rechtsanspruch im Falle einer Betreuungspflicht für Kinder bis 14 Jahren bei einer behördlichen Absonderung.

Die Voraussetzung, dass kein anderer Anspruch auf Dienstfreistellung zur Betreuung des Kindes vorliegen darf, wurde durch die Pflicht der Arbeitnehmenden ersetzt, den Arbeitgeber unverzüglich nach Bekanntwerden der Schließung zu verständigen und alles Zumutbare zu unternehmen, damit die vereinbarte Arbeitsleistung zustande kommt.

Der Ersatzanspruch des Arbeitgebers wurde von bisher 50% auf nunmehr 100% des fortgezahlten Entgelts (gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage) erhöht.

Diese neue Regelung ist unabhängig von den bisherigen Regelungen zur Sonderbetreuungszeit. Das bedeutet: Bisher gewährte Zeiten einer Sonderbetreuungszeit (im Frühjahr, in den Sommerferien oder im Oktober 2020) sind nicht anzurechnen, ab 1.11.2020 gewährte Sonderbetreuungszeiten allerdings schon!

Sonderbetreuungszeit ohne Rechtsanspruch (Vereinbarungsmodell)

Sind die Voraussetzungen des Rechtsanspruchs auf Sonderbetreuung deshalb nicht erfüllt, weil keine notwendige Betreuung des Kindes vorliegt (insbesondere aufgrund von Betreuungsmöglichkeiten in Schulen und Kindergärten trotz deren „Schließung“), so kann Sonderbetreuungszeit im Ausmaß von bis zu 4 Wochen vereinbart werden. Der Arbeitgeber hat auch in diesem Fall Anspruch auf eine Vergütung des gesamten während der Sonderbetreuungszeit fortgezahlten Entgelts.

Achtung: Im Zeitraum zwischen 1.11.2020 und 9.7.2021 darf das Höchstausmaß von 4 Wochen Sonderbetreuungszeit insgesamt - mit oder ohne Rechtsanspruch - nicht überschritten werden. Eine zu Unrecht bezogene Vergütung muss zurückgezahlt werden!


Reform der Hacklerregelung

Seit 1.1.2020 besteht die Möglichkeit, bei Vorliegen von mindestens 540 Beitragsmonaten (45 Jahren) der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit abschlagsfrei in Pension zu gehen. Diese im Rahmen des Pensionsanpassungsgesetzes 2020 eingeführte Abschlagsfreiheit für Pensionsleistungen von Langzeitversicherten wird nun mit 31.12.2021 abgeschafft.

Als Ersatz wird der sog. „Frühstarterbonus“ eingeführt. Künftig gebührt für Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit vor Vollendung des 20. Lebensjahres einen Zuschuss i.H.v. EUR 1,00 pro Monat, begrenzt mit einem Höchstausmaß von EUR 60,00. Der Zuschuss wird bei der Pensionsfeststellung - nach Berücksichtigung allfälliger Abschläge - auf die ermittelte Pension aufgeschlagen. Voraussetzung für den „Frühstarterbonus“ ist, dass zumindest 300 Beitragsmonate (25 Jahre) aufgrund einer Erwerbstätigkeit vorliegen und davon mindestens 12 Beitragsmonate vor der Vollendung des 20. Lebensjahres erworben wurden. Die Bestimmungen über den Frühstarterbonus soll für alle Pensionsleistungen gelten, die ab dem 1.1.2022 zuerkannt werden.

Darüber hinaus wird ab dem Jahr 2022 eine monatsweise Aliquotierung der erstmaligen Pensionsanpassung eingeführt.


Weitere Änderungen

Zur Entlastung der von der Covid-19-Pandemie betroffenen Unternehmen wird die Verzugszinsenfreiheit rückwirkend auf gestundete SV-Beiträge für die Beitragszeiträume Mai bis Dezember 2020 ausgedehnt. Bisher war dies nur für die Beitragszeiträume Februar bis April 2020 möglich. Allfällig bereits gezahlte Verzugszinsen sind den Dienstgebern vom jeweiligen Sozialversicherungsträger rückzuerstatten bzw. gegenzuverrechnen.

Zudem sollen Beiträge für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit, Covid-19-Risikofreistellung oder Absonderung weiterhin - über das Jahr 2020 hinaus - verzugszinsenfrei bis zum 15. des auf die Beihilfen-, Erstattungs- oder Vergütungsauszahlung zweitfolgenden Kalendermonats zu entrichten sein.

 


Sprechen Sie mit unseren BDO Experten für Arbeits- und Lohnsteuerrecht Claudia Sonnleitner und Thomas Neumann


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