Hybride Finanzierungsinstrumente im UGB

Hybride Finanzierungsinstrumente im UGB

Einführung
Im Juli 2023 veröffentlichte das Austrian Financial Reporting Advisory Committee (AFRAC) einen Entwurf zur Stellungnahme Nr. 40 über die bilanzielle Darstellung hybrider Finanzinstrumente im UGB-Jahresabschluss. Dieser Entwurf baut weitestgehend auf der bereits bestehenden Stellungnahme KFS/RL13 auf. Auch wenn zum derzeitigen Zeitpunkt die konkrete Umsetzung noch nicht absehbar ist, ist es ratsam, die geplanten Änderungen entsprechend zu würdigen und im Einklang mit den angestrebten bilanzpolitischen Zielen in die vertragliche Ausgestaltung hybrider Finanzinstrumente einfließen zu lassen.

Der Entwurf zur neuen AFRAC-Stellungnahme Nr. 40 (im Folgenden kurz „Entwurf zu AFRAC 40“) soll auf die Bilanzierung hybrider Finanzinstrumente angewendet werden, die nach dem 31.12.2023 begeben werden. Für bereits begebene hybride Finanzinstrumente wird vor dem Inkrafttreten des Entwurfs die Anwendung der neuen Stellungnahme empfohlen. Sich aus der Anwendung der neuen Stellungnahme ergebende Umstellungen in der Bilanzierung hybrider Finanzinstrumente sind im Rahmen des Grundsatzes materieller Bilanzkontinuität sowie des Wesentlichkeitsgrundsatzes als auch der Notwendigkeit zusätzlicher Anhangangaben kritisch zu würdigen.

Eigenkapital versus Fremdkapital
Beim Eigenkapital handelt es sich um einen Saldoposten aus den Aktiven (Anlage- und Umlaufvermögen, aktive Rechnungsabgrenzungsposten und aktiv latente Steuern) einerseits und den Passiven (Rückstellungen, Verbindlichkeiten und passiven Rechnungsabgrenzungsposten) andererseits. Obwohl der Gesetzgeber in § 224 Abs. 3 lit A. UGB explizit normiert, was jedenfalls als (formelles) Eigenkapital zu behandeln ist, handelt es sich dabei aufgrund des Residualcharakters des Eigenkapitals um keine abschließende Aufzählung. Sofern Finanzierungsinstrumente zwar nicht in formeller, aber in materieller Hinsicht eine der Gläubiger:innenschutzfunktion entsprechende Haftungsqualität aufweisen, sind diese ebenso als (materielles) Eigenkapital zu bilanzieren. Dieses grenzt sich von Fremdkapital allgemein durch folgende Aspekte ab:

  • Die Leistung erfolgt durch den:die Eigentümer:in.
  • Es wird eine gewinnabhängige Vergütung gewährt.
  • Ein Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben wird begründet.
  • Es stellt das verfügbare Haftungs- und Verlusttilgungspotenzial dar.
  • Es vermittelt Herrschafts- und Vermögensrechte.
Eine besondere Stellung nimmt das Hybridkapital (Mezzaninkapital) wie z.B. Genussrechte, partiarische Darlehen, Perpetual Bonds oder stilles Gesellschafterkapital ein. Solches erfüllt sowohl die Kriterien für die Klassifikation als Eigen- als auch Fremdkapital. Dies führt in der Praxis regelmäßig zu bilanziellen Schwierigkeiten. KFS/RL 13 leitet daher die folgenden Kriterien ab, bei deren kumulativer Erfüllung eine Klassifizierung als Eigenkapital erfolgt:
  1. Nachrangigkeit
  2. Erfolgsabhängigkeit der Vergütung und Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe (Entwurf zu AFRAC 40: Kapitalerhaltung bei Vergütung)
  3. Keine Befristung der Kapitalüberlassung (Entwurf zu AFRAC 40: Kapitalerhaltung bei Rückzahlung)

Alle 3 Kriterien wurden durch den Entwurf zu AFRAC 40 inhaltlich weitestgehend übernommen. Hinsichtlich der Titulierung wurden das zweite und dritte Kriterium aufgrund der strengen Anknüpfung an das Konzept der Kapitalerhaltung bzw. den Gläubiger:innenschutzgrundsatz entsprechend umbenannt.

Nachrangigkeit ist i.S.v. KFS/RL 13 erfüllt, wenn im Fall der Liquidation oder Insolvenz des Emittenten ein Rückzahlungsanspruch erst nach Befriedigung aller Gläubiger:innen i.S.d. § 67 Abs. 3 IO geltend gemacht werden kann. Unbeachtlich sind Vereinbarungen über die Verteilung des Vermögens nach Befriedigung der Gläubiger:innen auf Gesellschafter:innen und Inhaber:innen des hybriden Finanzierungsinstruments. Der Entwurf zu AFRAC 40 konkretisiert, dass eine Nachrangigkeit ausschließlich gegenüber einzelnen Gläubiger:innen nicht für die Klassifizierung als Eigenkapital ausreichend ist.

Erfolgsabhängigkeit der Vergütung liegt i.S.v. KFS/RL 13 dann vor, wenn nur jene Beträge als Vergütung gewährt werden, die als ausschüttbarer Bilanzgewinn dargestellt werden bzw. als ungebundene Eigenkapitalbestandteile als solcher dargestellt werden könnten (ungebundene Kapital- und Gewinnrücklagen). Zusätzlich ist die Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe eine Voraussetzung. Ob diese laufend oder erst im Zuge der Rückzahlung erfolgt, ist irrelevant. Der Entwurf zu AFRAC 40 normiert außerdem, dass die Vereinbarung einer festen Verzinsung, Umsatzbeteiligung oder einer am Kapitalmarkt abhängigen Verzinsung unschädlich ist, wenn diese im potenziell ausschüttbaren Bilanzgewinn Deckung findet. Eine Bindung der Anspruchshöhe an den Bilanzgewinn ist nicht erforderlich.

In Bezug auf die Befristung der Kapitalüberlassung lässt KFS/RL 13 die Klassifizierung als Eigenkapital nur bei Fehlen einer zeitlichen Befristung zu. Der Entwurf von AFRAC 40 ersetzt dies durch das Kriterium der Kapitalerhaltung bei Rückzahlung. Demnach wäre nunmehr entscheidend, ob die Rückzahlung des hybriden Finanzinstruments unter Einhaltung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes nicht zulasten des gebundenen Kapitals erfolgt (Nennkapital sowie aufgrund von Gesetz oder Satzung gebundene Kapital- und Gewinnrücklagen). Ein ordentliches Kündigungsrecht des:der Kapitalgebenden wäre zwingend auszuschließen, ein außerordentliches Kündigungsrecht hingegen nicht maßgeblich.

Ausweis als Eigenkapital
Beim bilanziellen Ausweis von als Eigenkapital klassifizierten hybriden Finanzinstrumenten ist zu beachten, dass der hybride Charakter des Instruments durch entsprechende Bezeichnung in der Bilanz eindeutig zur Geltung kommt. Der Ausweis erfolgt im Eigenkapital (§ 224 Abs. 3 lit A UGB). Gemäß KFS/RL 13 ist etwaiges Auf- oder Abgeld separat vom Nennbetrag auszuweisen. Der Entwurf zu AFRAC 40 würde im Gegensatz dazu auch eine saldierte Darstellung mit entsprechender Aufschlüsselung im Anhang gestatten. Stellt das Disagio einen Teil der Vergütung für die Kapitalüberlassung dar (Zinsfunktion), so käme eine Aufstockung des materiellen Eigenkapitals über die Vertragslaufzeit in Betracht. Ein Ausweis in einem gesonderten Posten zwischen Eigen- und Fremdkapital ist durch den Entwurf zu AFRAC 40 nicht mehr vorgesehen.

Hinsichtlich laufender Vergütungen sieht KFS/RL 13 vor, dass ein gesonderter Ausweis als Finanzierungsaufwand erfolgt, wenn eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Leistung besteht und das emittierende Unternehmen ein ausreichendes Ergebnis erzielt. Vergütungen zur Wiederauffüllung eines durch Verlustanteile geschmälerten Kapitals sind gemäß KFS/RL 13 hingegen nach dem Jahresüberschuss auszuweisen. Wird die Höhe der Vergütung von der Hauptversammlung/Gesellschafter:innenversammlung beschlossen, erfolgt der Ausweis zulasten des Bilanzgewinns in einem vorgelagerten Posten.
Der Entwurf von AFRAC 40 hingegen verzichtet auf diese Differenzierung. Demnach wären sowohl laufende Vergütungen als auch Verlustanteile aus dem Hybridkapital nach dem Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag in einem separaten Posten vor dem Gewinn-/Verlustvortrag auszuweisen. Im Falle von Verlustanteilen käme alternativ eine Saldierung bzw. offene Absetzung vom im Eigenkapital ausgewiesenen Hybridkapital mit entsprechender Aufschlüsselung im Anhang in Frage. Gleiches würde auch für künftige Wiederauffüllungsbeträge gelten.

Ausweis als Fremdkapital
Erfüllt das Hybridkapital nicht die Kriterien zur Qualifikation als Eigenkapital, ist es als Verbindlichkeit auszuweisen. Vergütungen zur Bedienung des Hybridkapitals werden im Finanzergebnis abgebildet. Wird durch eine Verlustbeteiligung die Rückzahlungsverpflichtung des Emittenten herabgesetzt, so ist der Herabsetzungsbetrag als Ertrag im Finanzergebnis auszuweisen. Wird die Rückzahlungsverpflichtung hingegen nicht gemindert (Vormerkposten für künftige Gewinnbeteiligung), kommt es zu keiner Berücksichtigung der Verlustbeteiligung – weder in der Bilanz noch in der GuV. Wesentliche Änderungen wären nach dem derzeitigen Entwurf zu AFRAC 40 nicht zu erwarten. Ein Ausweis in einem gesonderten Posten zwischen Eigen- und Fremdkapital wäre dann möglich, wenn dies für die Darstellung eines möglichst getreuen Bilds der Finanzlage erforderlich ist.

Fazit
Während der Entwurf zu AFRAC 40 in seiner derzeitigen Fassung weitgehend auf KFS/RL 13 basiert, bestehen dennoch vereinzelte Unterschiede. Im Vergleich sind die Regelungen des Entwurfs zu AFRAC 40 stärker an den Grundsatz der Kapitalerhaltung bzw. das Gläubiger:innenschutzprinzip angeknüpft und dahingehend möglichst allgemeingültig formuliert. Zudem beschränkt sich der Entwurf zu AFRAC 40 in seiner derzeitigen Fassung auf die Bilanzierung beim Emittenten. Die bilanzielle Abbildung bei Investor:innen kann AFRAC-Stellungnahme 14 („Bilanzierung von nicht-derivativen Finanzinstrumenten (UGB)“, Juni 2021) entnommen werden. Auch wurde die Behandlung von Hybridkapital als erfolgswirksamer Zuschuss nicht in den Entwurf zu AFRAC 40 übernommen, sondern lässt sich aus AFRAC-Stellungnahme 6 („Zuschüsse im öffentlichen Sektor“, Dezember 2015) ableiten.

Weitere Aspekte werden im Beitrag Höltschl/Stückler, Hybride Finanzinstrumente im UGB, DJA 2023, 129  beleuchtet oder lassen sich auch direkt in der aktuellen Entwurfsfassung zu AFRAC 40 nachlesen: Entwurf AFRAC 40.

 

Autor:innen: 

Milos Milosevic
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Verena Nitschinger
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