Diversität in der Unternehmensführung

Diversität in der Unternehmensführung

Ein Blick auf die Zusammensetzung der Führungspositionen von börsennotierten sowie im öffentlichen Sektor befindlichen Unternehmen zeigt, dass Frauen in der Geschäftsführung bzw. im Vorstand deutlich unterrepräsentiert sind. Relevante Entscheidungen werden überwiegend von Männern getroffen. Die Ursachen dafür sind vielfältig: gesellschaftlich verankerte Normen, geschlechterspezifische Werte und Erwartungen, gesetzliche Regelungen sowie vorhersehbare Einstellungen der Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern. Die Debatte um die Einführung der Frauenquote in Führungspositionen sowie die teilweise inakkurate Verwendung der gendergerechten Sprache im beruflichen Alltag zeigen, dass die Blockade „Chancengleichheit der Geschlechter“ weiterhin ungebrochen ist. Werden Frauen allerdings nur Nischenpositionen am Arbeitsmarkt zugewiesen, verpassen Unternehmen Möglichkeiten auf höhere Gewinne und eine bessere Aktienrendite.  


Die mangelhafte Repräsentation von Frauen in einflussreichen und gewinnbringenden Gesellschaftsbereichen ist systematischer Natur. Rekrutiert wird nämlich nach dem Prinzip der Ähnlichkeit, wodurch der Frauenanteil mit jeder Hierarchieebene abnimmt: Dieser Selektionsprozess resultiert in dem als „Gläserne Decke“ bezeichneten Phänomen, das hoch qualifizierte Frauen als unsichtbare Barriere am beruflichen Aufstieg hindert. Neben dem Aspekt der Gleichberechtigung wird Diversität in der Unternehmensführung auch zunehmend relevanter für die Kapitalsicherung. Für Investor:innen sind diverse Unternehmen attraktiver, „All-male-boards“ werden vom Kapitalmarkt immer öfter ausgeschlossen. Viele Unternehmen scheitern allerdings nach wie vor daran, entsprechende Rahmenbedingungen für eine diverse Belegschaft bzw. Unternehmensführung zu schaffen. Die Praxis zeigt, dass Transparenz, die Stärkung von neuen Rollenbildern sowie das Fördern von Talenten und das Auffüllen der Talent-Pipeline positiv auf Geschlechterdiversität wirken kann.
Vorständinnen nehmen direkt Einfluss auf die Unternehmenskultur und Arbeitsbedingungen sowie die Gestaltung von Personalpolitik und Vergütungsschemata. Zudem signalisieren Frauen in Führungspositionen als wichtige Rollenbilder, dass eine Karriere bis ins Topmanagement möglich ist, was anderen Frauen als Inspiration dienen kann. Personalgewinnung und die Akquirierung neuer Kund:innen kann damit durchaus gesteigert werden. Über Vielfalt im Unternehmen selbst werden die vielfältigen Bedürfnisse von Kund:innen besser verstanden und können in entsprechende zielgruppenspezifische Produkte oder Dienstleistungen umgesetzt werden. Aufgrund dessen können sich neue Märkte erschließen sowie Geschäftsbeziehungen und Kooperationen aufgebaut werden. Je höher der Reifegrad an Geschlechterdiversität, desto größer die Problemlösungskapazität, Innovationsfähigkeit und Kreativität eines Unternehmens. Dadurch ergeben sich ebenso positive Einflüsse in Bezug auf Forschung und Entwicklung sowie auf die Prozessoptimierung.

Studien zu Diversity als Erfolgsfaktor in Unternehmen

McKinsey Diversity wins – How Inclusion Matters (2020)
Diese Studie belegt, dass Diversität und Inklusion einen wichtigen Beitrag für den Geschäftserfolg leisten. Demnach haben Unternehmen mit hoher Gender-Diversität eine um 25% und damit signifikant größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Wird der Faktor der ethnischen Diversität (Interkulturalität des Vorstands) betrachtet, liegt dieser Wert sogar bei 36%. Vor allem in Krisenzeiten haben sich gemischte Führungsteams besser bewährt. Ein entscheidender Faktor, um Diversität und damit auch den Unternehmenserfolg nachhaltig zu verbessern, ist laut der Studie eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur.

International Labour Organization (2019)
Women in Business and Management – Business Case of Change
Diese Erhebung besagt, dass Geschlechtervielfalt zu besseren Geschäftsergebnissen beiträgt. Von den befragten Unternehmen berichten über 60% von höherer Rentabilität und Produktivität. Zudem zeigt sich, dass eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen das Bruttoinlandsprodukt auf nationaler Ebene steigert. Die Ergebnisse zeigen, dass für Unternehmen mit Chancengleichheit und einer geschlechtergerechten Unternehmenskultur die Chancen 60% besser sind, Talente zu binden und zu gewinnen. Von den befragten Unternehmen, die die Auswirkungen der Geschlechtervielfalt im Management verfolgen, berichten knapp drei Viertel (74%) von Gewinnsteigerungen von 5 bis 20%.

Gender Diversity Index - für die 50 größten börsennotierten Unternehmen Österreichs (2022)
Im BCG Gender Diversity Index Austria analysiert die Boston Consulting Group jährlich die 50 größten börsennotierten Unternehmen Österreichs. Der Hintergrund: Geschlechterdiversität in Unternehmen ermöglicht Innovationskraft, Kund:innenorientierung und bessere finanzielle Kennzahlen. Ergebnis ist ein Unternehmensranking, das auf Parität zwischen Frauen und Männern in Bezug auf Besetzung sowie Vergütung in Vorstand und Aufsichtsrat basiert. Im Jahr 2022 wurden die Führungsgremien zunehmend weiblicher, Frauen sind heute in einem Drittel der österreichischen Vorstände vertreten. Das ist doppelt so häufig, wie noch 2018. Dennoch geht es nur langsam voran. Der Frauenanteil in Aufsichtsräten stagniert mit durchschnittlich 29 Prozent knapp unter der gesetzlich vorgeschriebenen Quote. Der Zuwachs an Vorständen, in denen mindestens eine Position von einer Frau besetzt ist, hat sich seit 2020 von zuvor 6 auf 4 Prozentpunkte pro Jahr verlangsamt. Frauen sind nur in 3 von 10 dieser Topgremien repräsentiert. Der Index hat einen Höchstwert von 100 Punkten. Dieser gibt an, dass in einem Unternehmen sowohl im Aufsichtsrat als auch im Vorstand Männer und Frauen gleich stark vertreten sind und eine gleich hohe Vergütung erzielen. Nur 13 Unternehmen erreichen in der Auswertung für das Jahr 2022 mehr als 50 Punkte. Darunter beispielsweise: Ottakringer, Erste Group, OMV, BKS Bank und Frauenthal.
Mit der Umsetzung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), der europäischen Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung, wird die Offenlegung von Diversitätsinformationen zu Belegschaft und Führung in berichtspflichtigen Unternehmen vorangetrieben. Unternehmen müssen unter anderem darüber berichten, wie die Themen Chancengleichheit und Gleichstellung der Geschlechter behandelt werden und welche Maßnahmen zur Verbesserung getroffen wurden bzw. in Planung sind. Dazu zählen auch Angaben über die Geschlechterverteilung in der obersten Führungsebene.  

Fazit 

Um einen nachhaltigen Wandel herbeizuführen, ist ein klares Bekenntnis des Managements notwendig: Flankierend braucht es Maßnahmen wie Jobsharing-Modelle und frauenfreundliche Bewerbungs- und Einstellungsprozesse. Es erfordert außerdem Transparenz im Hinblick auf die bestehenden Geschlechterverhältnisse im Aufsichtsrat sowie im Vorstand und ein umfassendes Monitoring, um Entwicklungen zu evaluieren sowie Handlungsfelder abzuleiten. Durch die erweiterte Berichterstattung der CSRD werden sich Unternehmen zunehmend mit der Thematik Gender Diversity auseinandersetzen müssen. Was einfach klingt – nämlich Vielfalt anzuerkennen und Individualität als positiv zu betrachten – geht in der Realität mit oft emotionalen Debatten einher und stellt Unternehmen oftmals vor große Herausforderungen. Neben Fairness und Chancengleichheit geht es allerdings vor allem um die Produktivität der Unternehmen. Diversität in der Unternehmensführung zieht einen Kulturwandel nach sich, fördert Kreativität sowie Innovation und steigert Effizienz und Produktivität. Positive Einflüsse sind zudem in Bezug auf Forschung, Entwicklung sowie auf Prozessoptimierung zu beobachten. Faktoren, die es Unternehmen erst ermöglichen, Erfolge zu verzeichnen, mit dem Wandel der Zeit zu gehen und sich gegen andere Unternehmen am Markt durchsetzen zu können.
 

 

Autorin: Sabrina Hopf
sabrina.hopf@bdo.at
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