Amount B
Pillar I

Der finale OECD-Bericht zu „Pillar 1 – Amount B“ wurde veröffentlicht! Amount B wird aufgrund seines sehr breiten Anwendungsbereichs eine Vielzahl an konzerninternen Vertriebsstrukturen betreffen; prüfen auch Sie bereits jetzt, ob Ihr Unternehmen hiervon betroffen ist! 
Die OECD hat am 19.2.2024 den finalen Bericht zu Pillar 1 – Amount B veröffentlicht, der eine „vereinfachte“ Bepreisung von bestimmten routinemäßigen Marketing- und Vertriebsfunktionen (sogenannte „baseline marketing and distribution activities“) im Konzern ab 2025 vorsieht. Für die Anwendung des Amount B sind keine Umsatzschwellen vorgesehen, d.h. es können grundsätzlich sämtliche konzerninterne Routinevertriebstätigkeiten in den Anwendungsbereich des Amount B fallen. Der Bericht zu Amount B wurde auch in den Annex des Kapitel IV der OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022 aufgenommen und ist folglich in sämtlichen OECD-Mitgliedstaaten (und somit auch in Österreich) ab dem 1.1.2025 anwendbar. Etwaige ergänzende lokale Regelungen hierzu bleiben noch abzuwarten.

Der Anwendungsbereich des Amount B ist ein sehr weiter, weshalb auch Ihr Unternehmen potenziell von Amount B betroffen sein könnte. Wir empfehlen Ihnen deshalb, Ihre bestehenden konzerninternen Vertriebsstrukturen (dies betrifft Vertriebsgesellschaften, Handelsvertreter, Kommissionäre aber auch Vertreterbetriebsstätten) dahingehend zu analysieren, ob sie in den Anwendungsbereich des Amount B Regelungen fallen könnten. Gerne unterstützen wir Sie hierbei!

Nachfolgend finden Sie eine kompakte Zusammenfassung zum Anwendungsbereich sowie zur generellen Funktionsweise des Amount B. Bei Fragen stehen wir Ihnen natürlich jederzeit zur Verfügung. 

Zielsetzung und Anwendungsbereich des Amount B – Wer fällt darunter?

Ausgangspunkt und Ziel von Amount B ist es, eine Vereinfachung der Verrechnungspreisermittlung für bestimme Routinevertriebsleistungen zu erreichen und damit einhergehend mehr Rechtssicherheit und geringeren Compliance-Aufwand für Abgabepflichtige als auch Finanzverwaltungen zu schaffen. Amount B sieht eine vereinfachte Bepreisung von routinemäßigen Marketing- und Vertriebsfunktionen (sogenannte „baseline marketing and distribution activities“) im Konzern mithilfe von industrieabhängigen, standardisierten EBIT-Margen vor.
Konzerninterne Vertriebseinheiten fallen dann in den Anwendungsbereich des Amount B, wenn sie folgende Bedingungen kumulativ erfüllen: 
  • Routinemäßige Marketing- und Vertriebstätigkeiten: Die Vertriebseinheit erbringt routinemäßige („baseline“) Marketing- und Vertriebstätigkeiten (B2B) innerhalb des Konzerns. Darunter sind sowohl „buy-sell“ Strukturen zu verstehen, in deren Rahmen Produkte von verbundenen Unternehmen zugekauft und an fremde Dritte verkauft werden, als auch Handelsvertreter:innen- und Kommissionär:innentätigkeiten.
  • Bepreisung mittels einseitiger Verrechnungspreismethode: Die Tätigkeit muss auf Basis ihrer wirtschaftlichen Charakteristika zuverlässig mit einer einseitigen Verrechnungspreismethode bepreist werden können. Eine zuverlässige Bepreisung mittels einseitiger Verrechnungspreismethode ist nur dann möglich, wenn die Vertriebseinheit keine einzigartigen und wertvollen Beiträge leistet bzw. IP besitzt und/oder die ausgeübten Geschäftsaktivitäten hoch integriert sind und/oder wesentliche Risiken übernommen werden. 
  • Quantitatives Anwendungskriterium: Die operativen Aufwendungen („OPEX“) der Vertriebseinheit in Relation zu deren Nettoumsätze dürfen nicht kleiner als 3% bzw. nicht größer als 20% bzw. 30% im 3Dreijahresdurchschnitt sein.
 
Zusätzlich sind Konzerne von diesem Ansatz ausgeschlossen, sofern folgende Punkte zutreffen: 
  • Die zugrundeliegende Vertriebstätigkeit umfasst den Vertrieb von unkörperlichen Waren, Dienstleistungen oder von sogenannten „Commodities“.
  • Die Vertriebseinheit führt neben der Vertriebstätigkeit auch Nicht-Vertriebsaktivitäten (z.B. Produktion, F&E, Beschaffung etc.) durch, es sei denn, es kann eine verlässliche GuV-Segmentierung und separate Bepreisung vorgenommen werden.
  • Unternehmen, die Waren auf Großhandels- und Einzelhandelsbasis vertreiben, sind ausgeschlossen, wenn der gewogene durchschnittliche Nettoeinzelhandelsumsatz in den letzten 3 Jahren mehr als 20% des gewogenen durchschnittlichen Gesamtnettoumsatzes der Vertriebseinheit ausgemacht hat.
  • Eine Ausnahme von der Anwendung des Amount B besteht zudem, wenn zur Ermittlung des fremdüblichen Verrechnungspreises ein interner Preisvergleich angewandt werden kann.
  
Unsere Empfehlung: Wir empfehlen, Ihre konzerninternen Vertriebsstrukturen dahingehend zu prüfen, ob potenziell bereits ein Ausschlusskriterium zur Anwendung gelangen kann. Auch das quantitative Anwendungskriterium kann relativ einfach nachgeprüft werden! Wir unterstützen Sie sehr gerne bei weiteren Detailfragen.
 

Ermittlung der Vergütung auf Basis des vereinfachten Ansatzes

Sofern die oben genannten qualitativen und quantitativen Faktoren erfüllt sind und die Ausschlusskriterien nicht zutreffen, kommt der Ansatz zur Bepreisung von Vertriebsfunktionen wie folgt zur Anwendung:
Es wurde von der OECD eine weltweite Datenbankstudie für Routinevertriebstätigkeiten erstellt. Die aus diesem globalen Datensatz abgeleiteten Finanzinformationen bildeten die Grundlage für die Amount B Preismatrix: In Abhängigkeit von der Industrie und dem Verhältnis von Operating Asset to Sales (kurz OAS; Nettobetriebsvermögen)/Operating Expense to Sales (kurz OES; Betriebskostenintensität) wurde vonseiten der OECD eine Preismatrix erarbeitet, die fremdübliche EBIT-Margen zwischen 1,5% und 5,5% für Routinevertriebsgesellschaften vorsieht. 
Je nach Höhe der OAS- und OES-Ratio sowie der Zugehörigkeit zur Industrie wird der Routinevertriebsgesellschaft gemäß der Amount B Preismatrix eine fremdübliche EBIT-Marge zugeordnet, wobei eine Abweichung von +/- 0,5 Prozentpunkte von der Ziel-EBIT-Marge noch als fremdüblich gilt.
Die Unterscheidung in drei Industriegruppen basiert auf einer OECD-eigenen Klassifizierung der Produkte, die im Report näher dargestellt ist. Nachfolgend finden Sie eine kompakte Übersicht der Industriegruppierungen: 
  • Gruppe 1 – perishable foods, grocery, household consumables, construction materials and supplies, plumbing supplies and metal. 
  • Gruppe 2 – IT hardware and components, electrical components and consumables, animal feeds, agricultural supplies, alcohol and tobacco, pet foods, clothing footwear and other apparel, plastics and chemicals, lubricants, dyes, pharmaceuticals, cosmetics, health and wellbeing products, home appliances, consumer electronics, furniture, home and office supplies, printed matter, paper and packaging, jewellery, textiles hides and furs, new and used domestic vehicles, vehicle parts and supplies, mixed products and products and components not listed in group 1 or 3. 
  • Gruppe 3 – medical machinery, industrial machinery including industrial and agricultural vehicles, industrial tools, industrial components miscellaneous supplies. 1)

Die ermittelte Standardvergütung ist zusätzlich mittels eines „Operating expense cross check“ zu verproben, d.h. es ist ein zusätzlicher Verprobungsmechanismus auf Basis der Kostenaufschlagsmethode vorgesehen, mithilfe der eine Überkompensation von funktionsschwachen Vertriebsgesellschaften (durch Korrektur der Ziel-EBIT-Marge nach unten) vermieden werden soll. Weiters sieht die OECD auch die Möglichkeit von gewissen Anpassungsrechnungen für qualifizierte Länder mit begrenzten Daten im globalen Datensatz oder vergleichsweise schlechten Länderratings (unter BBB-) vor.

Dieser Ansatz folgt einer ex-post Betrachtungsweise. Das bedeutet, dass eine tatsächlich erzielte EBIT-Marge, die außerhalb der jeweiligen vordefinierten Bandbreite liegt, auf die betreffende Nettomarge zu korrigieren ist.

Implementierung in nationales Recht und weitere offene Fragestellungen

Die OECD stellt es den einzelnen Staaten frei, die Regelungen des Amount B zu implementieren (generelles Umsetzungswahlrecht). Sofern sich ein Staat zur Implementierung entschließt, hat er zudem die Wahl zwischen folgenden beiden Umsetzungsoptionen:
  • Verpflichtende Anwendung für den Abgabepflichtigen und die Finanzverwaltung: Insofern die Kriterien zur Anwendung von Amount B erfüllt werden, hat der Abgabepflichtige verpflichtend Amount B anzuwenden.
  • Optionale Anwendung (im Sinne eines Safe Harbours): Dem Abgabepflichtigen wird freigestellt, Amount B bei Erfüllung der Anwendungskriterien anzuwenden. Diese Option soll sodann für mind. 3 Jahre gelten.

Aufgrund dieser Wahlrechte ist im Moment noch nicht klar, wie Amount B in den einzelnen Staaten implementiert wird. Die österreichische Finanzverwaltung hat sich bisher noch nicht zur Umsetzung in Österreich geäußert. Neuseeland hat sich beispielsweise bereits gegen die Anwendung der Amount B Regelungen entschieden.
Aufgrund der vermutlich nicht einheitlichen Umsetzung der Amount B Regelungen ist zu befürchten, dass der vereinfachte Bepreisungsansatz nicht wie ursprünglich gedacht zu einer Verringerung der Compliance-Tätigkeiten und zu mehr Rechtssicherheit führen wird: Vielmehr besteht das immanente Risiko, dass, wenn das Land des Transaktionspartners den vereinfachten Amount B Ansatz nicht akzeptiert, zusätzliche Nachweise hinsichtlich der Fremdüblichkeit der Bepreisung erbracht werden müssen. Zudem besteht das Risiko einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung.

Fazit

Wenngleich die Bemühungen auf OECD-Level zur Vereinfachung der steuerlichen Verrechnungspreispraxis grundsätzlich begrüßenswert sind, so zeigt sich bei Durchsicht des Amount B Reports, dass dieses Ziel nur sehr bedingt erreicht wird. Insbesondere aufgrund des generellen Umsetzungswahlrechts als auch der wählbaren Umsetzungsoptionen besteht die reelle Gefahr, dass die Amount B Regelungen nicht einheitlich in den OECD-Staaten umgesetzt werden. Vielmehr wird sich der Abgabenpflichtige in der Praxis aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem „Fleckerlteppich” an unterschiedlichen Regelungen konfrontiert sehen, was entgegen der ursprünglichen Intention von Amount B zu einem erhöhten Compliance-Aufwand sowie auch mehr Rechtsunsicherheit führen wird.
Die OECD hat im Rahmen der Veröffentlichung des Amount B Reports zusätzliche Follow-up-Arbeiten angekündigt; die weiteren Entwicklungen in Zusammenhang mit Amount B bleiben somit abzuwarten.
 
 

Autor: 

Christoph Pelikan

christoph.pelikan@bdo.at
+43 5 70 375 - 1708




1) OECD (2024), Pillar One - Amount B: Inclusive Framework on BEPS, ECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, Paris Pillar One - Amount B : Inclusive Framework on BEPS | OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project | OECD iLibrary (oecd-ilibrary.org)