Update Gemeinnützigkeit

Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023
Mit dem am 1.1.2024 in Kraft getretenen Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 sind für gemeinnützige Körperschaften wesentliche Neuerungen in Kraft getreten. Sowohl Änderungen der Spendenbegünstigung und in der BAO als auch die Einführung des Freiwilligenpauschales sind die Eckpunkte der eingeführten Änderungen im Rahmen des Gemeinnützigkeitsreformgesetzes 2023.
 

Spendenbegünstigung NEU

Die spendenbegünstigten Zwecke wurden auf alle gemeinnützigen Zwecke im Sinne der Bundesabgabenordnung (BAO) ausgeweitet und umfassen damit neben den bisher schon begünstigten mildtätigen Zwecken nun auch die Bereiche Bildung, Elementarpädagogik, Sport, Kunst und Kultur, Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge sowie Natur, Umwelt und Tierschutz. Allen gemeinnützigen Organisationen steht somit die Möglichkeit der Beantragung der Spendenbegünstigung beim Finanzamt offen. 
Durch die Neuerungen sind insbesondere Spenden an öffentliche Kindergärten, Schulen und Musikschulen von öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern kraft Gesetzes abzugsfähig.
Allen anderen gemeinnützigen und mildtätigen Einrichtungen wie auch privaten Bildungseinrichtungen (Privatkindergärten und -schulen, Berufsausbildungs- und Erwachsenenbildungseinrichtungen) steht die Möglichkeit offen, beim Finanzamt einen Antrag auf Spendenbegünstigung zu stellen.
Das Antragsverfahren zur Erlangung der Spendenbegünstigung wurde wesentlich erleichtert: 
  • Verkürzung der Bestandsfrist der antragstellenden Organisation von drei Jahren auf ein Jahr
  • bei kleinen Organisationen bzw. Vereinen, welche keiner gesetzlichen Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses unterliegen, reicht für die Beantragung der Spendenbegünstigung die Bestätigung der Voraussetzungen durch eine:n Steuerberater:in
  • Organisationen bzw. Vereine, die einer gesetzlichen oder statutengemäßen Pflicht zur Abschlussprüfung unterliegen, benötigen unverändert eine Prüfung der Voraussetzungen durch eine:n Wirtschaftsprüfer:in.

Die erstmalige Beantragung der Spendenbegünstigung kann ab April 2024 durch eine:n Steuerberater:in oder Wirtschaftsprüfer:in über FinanzOnline eingebracht werden. 
  • Mit dem erstmaligen Antrag sind die aktuellen Vereinsstatuten in einem OCR-lesefähigen pdf-Format zu übermitteln. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Statuten den gemeinnützigkeitsrechtlichen Formalvoraussetzungen nach der BAO entsprechen.
Bei erfolgreicher Zuerkennung der Spendenbegünstigung erfolgt die Veröffentlichung der spendenbegünstigten Organisation in der Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen des BMF.

Ab dem Datum der Zuerkennung ist eine Spende an die spendenbegünstigte Organisation bei dem:der Spender:in steuerlich abzugsfähig. 
Bei einer erstmaligen Beantragung der Spendenbegünstigung bis spätestens 30.6.2024 sind, sofern die gemeinnützige Organisation bis spätestens 31.10.2024 vom Finanzamt auf die Spendenliste gesetzt wird, alle seit 1.1.2024 an die Organisation getätigten Spenden bei dem:der Spender:in steuerlich abzugsfähig.

Alle spendenbegünstigten Organisationen, die zum 31.12.2024 über einen aufrechten Spendenbegünstigungsbescheid verfügt haben, müssen im Jahr 2024 keine neuerliche Bestätigung an das Finanzamt übermitteln; der bereits bestehende Spendenbegünstigungsbescheid wird automatisch um ein Jahr verlängert. Eine neuerliche Beantragung der Verlängerung ist erst wieder ab 2025 notwendig.
 

Freiwilligenpauschale

  • Einführung eines steuerfreien Freiwilligenpauschales
  • „Kleines Freiwilligenpauschale“: höchstens EUR 30 pro Kalendertag bzw. maximal EUR 1.000 pro Kalenderjahr für bei gemeinnützigen Organisationen ehrenamtlich tätige Personen (z.B. Funktionär:in, Platzwart:in oder Streckenposten bei Sportvereinen).
  • „Großes Freiwilligenpauschale“: höchstens EUR 50 pro Kalendertag bzw. maximal EUR 3.000 pro Kalenderjahr für nachfolgende Tätigkeiten bei gemeinnützigen Organisationen:
    • Mildtätige, kommunalsteuerbefreite Tätigkeiten im Sozialbereich
    • Katastrophenhilfe 
    •  Ausbildner:in, Übungsleiter:in, Trainer:in
 
  • Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Zahlungen im Rahmen des Freiwilligenpauschales:
    • Das Tätigwerden für den ideellen Bereich bzw. für entbehrliche, unentbehrliche oder wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Das Tätigwerden in einem Gewerbebetrieb einer gemeinnützigen Organisation schließt ein Freiwilligenpauschale aus.
    • Kein Bezug einer pauschalen Reiseaufwandsentschädigung (PRAE) nach § 3 Abs. 1 Z 16c EStG von der gleichen Organisation.
    • Kein zusätzliches Dienstverhältnis mit der auszahlenden Organisation, für das die gleiche Ausbildung bzw. Qualifikation wie für die ehrenamtliche Tätigkeit nötig ist.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit sind von der Organisation Aufzeichnungen zu führen. Werden höhere Beträge als die genannten ausbezahlt, liegen beim Empfänger insoweit steuerpflichtige sonstige Einkünfte nach § 29 Z 3 EStG vor. Die gemeinnützige Organisation hat in einem solchen Fall den Überschreitungsbetrag bis Ende Februar des Folgejahrs elektronisch an das Finanzamt zu melden.
 

Änderungen in der Bundesabgabenordnung (BAO)

Die allgemeinen Gemeinnützigkeitsbestimmungen der Bundesabgabenordnung wurden mit dem Ziel der Rechtssicherheit und Verfahrenserleichterungen wesentlich reformiert. 

Ausgliederung von Vermögen an eigentümerlose Körperschaften (§ 39 Abs. 2 BAO)

Ausgliederungen von Betrieben und Vermögen einer gemeinnützigen Organisation an eine Tochtergesellschaft führen in der Regel zu einer Werterhöhung des Beteiligungsansatzes bei der gemeinnützigen Organisation, weshalb von keiner schädlichen Mittelverwendung auszugehen ist. Daher waren bisher schon nach den Vereinsrichtlinien Ausgliederungen an Beteiligungsgesellschaften zulässig. Mit dem GemRefG werden nun auch Vermögensübertragungen an eigentümerlose Körperschaften (Stiftungen, Vereine) als unschädlich qualifiziert, wenn 
    • die empfangende Körperschaft ebenfalls gemeinnützig ist, 
    • die Mittelzuwendung von der Satzung der übertragenden Körperschaft gedeckt ist und
    • die Mittelzuwendung sich als Mittel zur Verwirklichung eines begünstigten Zwecks der übertragenden Körperschaft darstellt.

Dachverbände und Holdings (§ 39 Abs. 3 BAO)

Für Dachverbände, die sich nur auf die Zusammenfassung und Leitung anderer gemeinnütziger Körperschaften beschränken, galt bisher schon die gesetzliche „Fiktion der unmittelbaren Förderung begünstigter Zwecke“ gem. § 40 Abs. 2 BAO. Daher kommen auch Dachverbände in den Genuss der steuerlichen Begünstigung für gemeinnützige Rechtsträger trotz Fehlens einer direkten unmittelbaren gemeinnützigen Zweckverfolgung.
Mit dem GemRefG wird in § 39 Abs. 3 BAO klargestellt, dass die Fiktion der unmittelbaren Förderung begünstigter Zwecke auch auf Körperschaften anzuwenden ist, die neben einer unmittelbaren Förderung begünstigter Zwecke auch die Zusammenfassung oder Leitung von Körperschaften übernehmen (Holdinggesellschaften). 
Von der gesetzlichen Fiktion der unmittelbaren Förderung begünstigter Zwecke kann auch dann ausgegangen werden, wenn sich unter den zusammengefassten Körperschaften auch eigennützige Körperschaften befinden, sofern die eigennützigen Körperschaften von der Zuwendung von Mitteln durch die zusammenfassende oder leitende Körperschaft ausgeschlossen sind und die Erbringung von Leistungen im Rahmen der Zusammenfassungs- und/oder Leitungsfunktion (z.B. Buchhaltung, Lohnverrechnung) gegenüber diesen Körperschaften entgeltlich, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt.

Kooperationen (§ 40 Abs. 3 BAO)

Eine unmittelbare Förderung des gemeinnützigen Zwecks ist die grundlegende Voraussetzung für die Erlangung eines gemeinnützigen Status. Eine unmittelbare Förderung liegt nur vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen Zweck selbst erfüllt.
§ 40 Abs. 3 BAO stellt klar, dass eine unmittelbare Förderung des gemeinnützigen Zwecks auch durch Kooperationen mit anderen begünstigten Körperschaften gegeben ist, vorausgesetzt das Eingehen von Kooperationen findet in der Satzung Deckung.
Sind nicht alle Kooperationspartner gemeinnützig, ist das Eingehen von Kooperationen nur dann zulässig, wenn 
  • sowohl der Zweck der Kooperation als auch der Beitrag der gemeinnützigen Körperschaft eine unmittelbare Förderung ihres begünstigten Zwecks darstellen und
  • ein Mittelabfluss an eigennützige Kooperationspartner:innen ausgeschlossen ist.

Rückwirkende Satzungsänderungen (§ 41 BAO)

Die bisher nur nach den Vereinsrichtlinien zulässige rückwirkende Satzungsänderung wurde mit den GemRefG gesetzlich normiert. Gem. § 41 BAO sind nun auch rückwirkend Satzungsänderungen gesetzlich möglich, wenn 
  • aus der ursprünglichen Satzung eine begünstigte Zielsetzung abgeleitet werden konnte und 
  • die tatsächliche Geschäftsführung bereits vor der Satzungsänderung der geänderten Satzung entsprochen hat.

Nachversteuerung bei Wegfall der Vermögensbindung für begünstigte Zwecke (§ 43 BAO)

Wird bei Auflösung einer gemeinnützigen Körperschaft das verbleibende Vermögen nicht für den gemeinnützigen Zweck verwendet, kommt es gemäß § 43 BAO zu einer Nachversteuerung der in den letzten 7 Jahren steuerfrei erzielten Einkünfte. Dies gilt ebenso bei Abänderung der satzungsgemäßen Vermögensbindung für gemeinnützige Zwecke.
 

Ausnahmegenehmigungen (§ 44 Abs. 2 BAO, § 45a BAO)

Die Umsatzgrenze für begünstigungsschädliche Betriebe wurde von EUR 40.000 auf EUR 100.000 erhöht („automatische Ausnahmegenehmigung“ gem. § 45a BAO). Bis zu dieser Umsatzgrenze dürfen begünstigungsschädliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ohne vorab die Zustimmung der Finanzverwaltung einholen zu müssen.
Bei Überschreiten der Umsatzgrenzen für eine automatische Ausnahmegenehmigung besteht für die Finanzverwaltung die gesetzliche Möglichkeit, für noch nicht veranlagte Zeiträume eine rückwirkende Ausnahmegenehmigung gem. § 44 Abs 2 BAO zu gewähren.


Zusammenfassung

Das Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 bringt umfangreiche steuerliche Erleichterungen für gemeinnützige Organisationen, ehrenamtlich Tätige und Spender:innen. Die Spendenbegünstigung gem. § 4a EStG wurde auf alle gemeinnützigen Zwecke ausgeweitet sowie das Antragsverfahren für kleine Organisationen wesentlich erleichtert. Gemeinnützige Organisationen erfahren durch die Änderungen in der BAO mehr Rechtssicherheit. Ehrenamtlich tätige Personen können von gemeinnützigen Organisationen mit dem kleinen bzw. großen Freiwilligenpauschale eine steuerfreie Vergütung erhalten.
Für einen erfolgreichen Antrag auf Erlangung der Spendenbegünstigung sind die Statuten bzw. der Gesellschaftsvertrag von entscheidender Bedeutung. Überprüfen Sie daher schon jetzt, ob diese den gemeinnützigkeitsrechtlichen Formalvoraussetzungen entsprechen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Statutenprüfung sowie bei der Beantragung der Spendenbegünstigung!

 


 

Autor:

Philip Fuchs

philip.fuchs@bdo.at
+43 5 70 375 - 1138