Zuwendungen ins Ausland unter Anrechnung der Zwischensteuer

Letztes Jahr durfte die österreichische Privatstiftung ihr 30-jähriges Jubiläum feiern. Nach wie vor gehört sie zu einer beliebten Rechtsform, um Vermögen zu schützen und zu verwalten, aber auch um etwaige Erbstreitigkeiten zu vermeiden. Derzeit bestehen über 3.000 Privatstiftungen in Österreich.

Während dieses 30-jährigen Bestehens des Stiftungsrechts sind die Familienkreise der Stifter:innenfamilien kontinuierlich größer geworden und die Anzahl der Begünstigten nimmt dementsprechend zu. Insbesondere die Möglichkeit zu ortsungebundenem digitalem Arbeiten und der damit einhergehend globalen Mobilität bewegt vermehrt Begünstigte von Privatstiftungen dazu, ihren Wohn- und Arbeitsplatz zumindest zeitweilig ins Ausland zu verlegen. Aus diesem Grund ist die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (BFG) im Hinblick auf die Anrechnung von geleisteten Zuwendungen an Begünstigte auf die Zwischensteuerbemessungsgrundlage für österreichische Privatstiftungen von immer höherer Relevanz. 
 

Anrechnung von Zuwendungen auf die Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer

Nach aktueller Rechtslage können Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte zu einer steuerlichen Mehrbelastung bei der Privatstiftung führen. Eine Reihe von Einkünften unterliegt bei Privatstiftungen der sogenannten Zwischensteuer. Als solche sind vor allem Einkünfte aus Kapitalvermögen (z.B. aus der Veräußerung von Unternehmensanteilen, Zinseinkünfte) sowie Einkünfte aus nicht gewerblichen Grundstücksveräußerungen zu nennen. 
Die Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer kann durch Zuwendungen an die Begünstigten reduziert werden. In Summe soll dadurch eine doppelte Steuerbelastung auf Ebene der Begünstigten vermieden werden. Die zwischensteuerpflichtigen Transaktionen der Privatstiftung werden steuerlich so gestellt, als hätte diese die:der Begünstigte unmittelbar selbst bezogen. Nach aktueller Rechtslage ist die Möglichkeit der Berücksichtigung von Zuwendungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer davon abhängig, ob die Privatstiftung für die geleisteten Zuwendungen Kapitalertragsteuer (27,5%) abzuführen hat.

Berücksichtigung von Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte

Im Falle einer Zuwendung an eine:n im Ausland ansässigen Begünstigte:n wird dieses Kriterium häufig nicht erfüllt. Gemäß § 13 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) können geleistete Zuwendungen nur dann die Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer reduzieren, wenn für Zuwendungen an im Inland ansässige Begünstigte Kapitalertragsteuer einbehalten wurde oder für Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte Quellensteuer einbehalten werden darf. Ob Quellensteuer einbehalten werden darf, ist von den Bestimmungen des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) abhängig. 

Maßgeblich dafür, ob ein Recht auf die Einbehaltung Quellensteuer besteht, ist im Regelfall Artikel 10 des jeweiligen DBA. Der Artikel 10 regelt im überwiegenden Teil der DBA (nach Maßgabe der OECD) das Besteuerungsrecht von Dividenden. Ist dieser anwendbar, steht es Österreich zu, Quellensteuer (meist 15%) auf die Zuwendung einzubehalten. Die Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer darf in diesem Fall nur um den anteiligen Zuwendungsbetrag im Verhältnis der Quellensteuer zur Kapitalertragsteuer (27,5%) gekürzt werden. Im Falle von Inlandszuwendungen dürfte hingegen die Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer um 100% des Zuwendungsbetrags gekürzt werden. 

Entspricht das im jeweiligen Fall anzuwendende DBA dem OECD-Musterabkommen, fallen Zuwendungen nicht unter den Dividendenbegriff des Artikels 10 des DBA. In diesem Fall wird dem Ansässigkeitsstaat des:der Empfängers:in der Zuwendung das ausschließliche Besteuerungsrecht dieser Einkünfte zugerechnet. In Österreich besteht somit kein Recht auf Einbehalten einer Quellensteuer. Da eine Besteuerung in Österreich nicht vorliegt, darf nach derzeitiger Rechtslage keine Anrechnung der Zuwendung auf die Zwischensteuerbemessungsgrundlage erfolgen. 

Bereits seit der Einführung der angeführten Regelungen des § 13 Abs. 3 KStG betreffend die Reduktion der Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer durch geleistete Zuwendungen, wurde diese Vorschrift in der Literatur stark kritisiert. Die Ungleichbehandlung von Zuwendungen, abhängig von der Ansässigkeit der:des Begünstigten, wurde dabei als unionsrechtswidrig erachtet. 

Aktuelle Rechtsprechung des BFG zur Anrechnung von Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat jüngst zu diesem Thema Stellung bezogen (RV/4100535/2016, 5.1.2024). Im erwähnten Verfahren war die Beschwerdeführerin eine österreichische Privatstiftung, deren Begünstigte sowohl im In- als auch im Ausland ansässig sind. Durch die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen und die dadurch erfolgte Einschränkung des Quellenbesteuerungsrechts in Österreich konnten die Zuwendungen an ausländische Begünstigte entweder aliquot oder gar nicht von der Bemessungsgrundlage der Zwischensteuer abgezogen werden. Nach der Auffassung des BFG führt ebendiese Vorschrift zur Unionsrechtswidrigkeit: Die Ungleichbehandlung von im Ausland ansässigen Begünstigten im Vergleich zu solchen, die im Inland ansässig sind, stellt für das BFG einen Bruch der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit dar. Dieser wird insbesondere mit dem für die Stiftung aus der Nichtanrechenbarkeit der Zuwendungen entstehenden Liquiditätsnachteil begründet. Wiewohl die fragliche Regelung aufgrund einer Entscheidung des EuGH mit dem Abgabenänderungsgesetz 2015 bereits abzuändern war, stimmt das BFG damit auch unter der derzeitigen Rechtslage den kritischen Literaturstimmen zu. Eine Vereinbarkeit mit der unionsrechtlich verankerten Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb der EU und mit Drittstaaten kann nach Auffassung des BFG daher mit der derzeitigen Fassung des KStG nicht hergestellt werden.

Das BFG hat für das Verfahren eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zugelassen. Eine Amtsrevision ist anhängig. Es bleibt daher abzuwarten, wie der VwGH bzw. ggf. der EuGH im Rahmen eines Ersuchens um Vorabentscheidung urteilt.