Sommerzeit ist Praktikumszeit

Sommerzeit ist Praktikumszeit

Unser Thema am People Thursday, dem 30. April 2024: 


Für viele Schüler:innen sowie Student:innen öffnen sich in den Sommermonaten die Türen zu neuen beruflichen Erfahrungen und Möglichkeiten. Praktika oder Volontariate bieten die Chance, nicht nur erste Schritte in der Arbeitswelt zu machen, sondern sich auch persönlich weiterzuentwickeln und das erlernte Fachwissen direkt in der Praxis zu erproben. Doch was unterscheidet ein reguläres (Ferial-)Praktikum von einem Volontariat? Wann entsteht ein Arbeitsverhältnis? Diese Fragen werfen ein Licht auf verschiedene arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte, die es zu beachten gilt.

Ausbildungszweck als wesentliches Merkmal eines Praktikums

Da ein Praktikum in erster Linie dem Erwerb von Kenntnissen sowie Fähigkeiten und nicht der Erbringung einer Arbeitsleistung dient, besteht grundsätzlich weder eine Arbeits- noch eine Entgeltpflicht. Besteht bereits eine Teilversicherung in der Unfallversicherung als Schüler:in oder Student:in, liegt in der Regel ein Berufspraktikum vor. Dabei muss der:die Arbeitgeber:in grundsätzlich keine Anmeldung zur Sozialversicherung vornehmen (sofern kein Entgelt gezahlt wird). Weder der:die echte Praktikant:in noch der:die Volontär:in sind als Arbeitnehmer:in im arbeitsrechtlichen Sinn zu qualifizieren.

Rechtliche Besonderheiten

Jugendliche dürfen in den Ferien nur dann beschäftigt werden, wenn sie mindestens 15 Jahre alt sind und die allgemeine Schulpflicht (Abschluss der 9. Schulstufe) erledigt haben. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelt es sich um Kinder im Sinne des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes (KJBG) und eine Beschäftigung ist grundsätzlich ausgeschlossen. 
Bei Vorliegen bestimmter Merkmale kann ein Praktikum auch ein reguläres Arbeitsverhältnis darstellen. Für den:die Arbeitgeber:in bedeutet dies, dass der:die Praktikant:in die Arbeitnehmer:inneneigenschaft im Sinne des Arbeitsrechts erfüllt und daher den arbeitsrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) sowie dem gegebenenfalls anzuwendenden Kollektivvertrag unterliegt und auch zur Sozialversicherung anzumelden ist. Hinsichtlich der Arbeits- und Ruhezeiten sieht der Gesetzgeber striktere Regelungen in Form von strengeren Arbeitszeitgrenzen, strengeren Arbeitsruhevorschriften und einem grundsätzlichen Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht vor. 
Entscheidend für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sind vor allem Merkmale, wie die Weisungsgebundenheit, die persönliche Arbeitspflicht, die organisatorische Eingliederung in den Betrieb und der Anspruch auf Arbeitsentgelt. Überwiegen diese Merkmale, wird von einem (meist befristeten) Arbeitsverhältnis im klassischen Sinne gesprochen. Typische Ferienjobs von Schüler:innen oder Student:innen in den Sommermonaten stellen daher grundsätzlich reguläre, wenn auch befristete Arbeitsverhältnisse dar.

Achtung - Gefahr der Umqualifizierung: Ob das „Praktikum“ vertraglich als Praktikum, Volontariat, Ausbildungsverhältnis o.ä. bezeichnet wird, ist unerheblich. Entscheidend ist immer eine Gesamtbetrachtung der tatsächlichen Umstände. Die Beweislast liegt dabei beim Arbeitgebenden, da im Zweifel nicht vom Vorliegen eines „unentgeltlichen“ Praktikums oder Volontariats ausgegangen wird. Vorteilhaft ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem:der Arbeitgeber:in und dem:der Praktikant:in bzw. Volontär:in, in der die Rechte und Pflichten des:der Praktikant:in sowie die näheren Arbeitsbedingungen festgehalten werden. Diese vertraglich vereinbarten Bedingungen sollten in jedem Fall auch tatsächlich so umgesetzt werden. Wenn ein:e Praktikant:in eine:n Arbeitnehmer:in während dessen:deren Urlaubszeit vertritt und in dieser Zeit die für ein Arbeitsverhältnis charakteristischen Kriterien erfüllt sind, liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RS0029510) jedenfalls ein Arbeitsverhältnis vor.

Besonderheit: Volontariat

Volontär:innen sind Personen, die ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Vertiefung praktischer Kenntnisse und Fertigkeiten ohne Arbeitspflicht und ohne Anspruch auf Entgelt in einem Unternehmen tätig sind. Es handelt sich um eine freiwillige Weiterbildung. Merkmale wie Weisungsfreiheit, keine Bindung an die betriebliche Arbeitszeit, keine Eingliederung in die Organisation des:der Arbeitgebers:in, keine Arbeitspflicht und kein Entgeltanspruch kennzeichnen ein Volontariat. Sind diese Kriterien erfüllt, liegt auch keine Arbeitnehmer:inneneigenschaft im Sinne des Arbeitsrechts vor, sodass arbeitsrechtliche, gesetzliche und kollektivvertragliche Regelungen grundsätzlich keine Anwendung finden. Das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz (KJBG), das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) sowie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) sind jedoch immer zu berücksichtigen.

Ebenso gilt es zu beachten, dass auch bei einem unentgeltlichen Volontariat eine Meldung an die AUVA zu erfolgen hat und Unfallversicherungsbeiträge zu entrichten sind. Wird ein „Taschengeld“ für den Volontär vereinbart, ist jedoch eine Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger (ÖGK) vorzunehmen - je nach Höhe des Taschengeldes entweder als nur unfallversicherte:r geringfügig Beschäftigte:r (bis zu einem monatlichen Betrag von EUR 518,44 im Jahr 2024) oder als vollversicherte:r Dienstnehmer:in.
 


Autorin:

Franziska Waltersdorfer

franziska.waltersdorfer@bdo.at
+43 5 70 375 - 8108

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