EU-Taxonomie-Verordnung:

Die EU-Taxonomie-Verordnung: ein großer Treiber für nachhaltiges Wirtschaften

Die Einführung der Taxonomie auf EU-Ebene soll wesentlich dazu beitragen, dass Investitionen zukünftig in Richtung nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten gelenkt werden. Dadurch soll vor allem das von der EU verfolgte Ziel der Klimaneutralität bis 2050 mittels eines rechtlichen Rahmenwerks erreicht werden: in Form einer in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbaren Verordnung. Die EU-Taxonomie-Verordnung stellt einen EU-weiten Klassifizierungskatalog dar und legt fest, welche Wirtschaftsaktivitäten grundsätzlich taxonomiefähig sind und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit diese Tätigkeiten in weiterer Folge als „ökologisch nachhaltig“ eingestuft werden können und somit taxonomiekonform sind.

Die EU-Taxonomie umfasst (bis dato) vor allem emissionsintensive Sektoren. Auch der Immobiliensektor ist ein großer Emissionsverursacher, weshalb demnach vor allem die Stärkung von nachhaltigen Investitionen mit gleichzeitiger Reduktion der negativen Auswirkungen auf die Umwelt forciert werden soll.

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die allgemeinen Voraussetzungen für die Einordnung einer Wirtschaftstätigkeit als „ökologisch nachhaltig“, die in der EU-Taxonomie enthaltenen, für die Immobilienwirtschaft maßgeblichen Bestimmungen sowie den Konnex zwischen EU-Taxonomie-Verordnung und CSRD.

 

Allgemeine Voraussetzungen für eine Einstufung einer Wirtschaftstätigkeit als „ökologisch nachhaltig“ bzw. taxonomiekonform 

Grundsätzlich verfolgt die Taxonomie sechs Umweltziele:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme

Damit Wirtschaftstätigkeiten als taxonomiekonform eingestuft werden können, müssen diese zunächst einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der genannten Umweltziele leisten. Darüber hinaus müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Keine wesentliche Beeinträchtigung der anderen Umweltziele: Zusätzlich darf die ausgeübte Tätigkeit die übrigen Ziele nicht erheblich beeinträchtigen. Ein Taxonomieziel soll demnach nicht auf Kosten eines anderen erreicht werden.
  • Berücksichtigung bestimmter Mindestschutzkriterien: Abschließend muss die Einhaltung gewisser sozialer Mindestschutzstandards sichergestellt werden.1) 

Im Rahmen der sogenannten „technischen Bewertungskriterien“ erfolgt einerseits eine Beschreibung der jeweiligen Wirtschaftstätigkeit und andererseits die Festlegung bestimmter technischer Kriterien, anhand derer beurteilt werden kann, ob eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zu einem der sechs Ziele leistet und ob keine wesentliche Beeinträchtigung der übrigen vorliegt. Neben eines tiefgründigen Verständnisses für das rechtliche Rahmenwerk bedarf es zusätzlich technischen Know-hows, um die jeweilige Aktivität richtig einordnen zu können. Bisher wurden lediglich für die ersten beiden Hauptziele entsprechende Beurteilungskriterien im Rahmen einer delegierten Verordnung erlassen bzw. veröffentlicht.2) Die übrigen Kriterien zu den verbleibenden Klimazielen 3-6 sollen noch bis zum Jahresende 2022 folgen.

 

Die Anforderungen der EU-Taxonomie an die Immobilienwirtschaft

Für die Immobilienbranche ist in den technischen Bewertungskriterien der Abschnitt „7. Baugewerbe und Immobilie“ von maßgeblicher Bedeutung.3) Grundsätzlich sind in dieser Kategorie folgende Wirtschaftstätigkeiten umfasst:

  • Errichtung neuer Gebäude
  • Renovierung bestehender Gebäude
  • Erwerb von und Eigentum an Gebäuden sowie
  • Bestimmte Einzelmaßnahmen:
  • Installation, Wartung und Reparatur von energieeffizienten Geräten
  • Installation, Wartung und Reparatur von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Gebäuden (und zu Gebäuden gehörenden Parkplätzen)
  • Installation, Wartung und Reparatur von Geräten für die Messung, Regelung und Steuerung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
  • Installation, Wartung und Reparatur von Technologien für erneuerbare Energien

 

Für die Beurteilung, ob eine Wirtschaftsaktivität (nicht) taxonomiefähig bzw. -konform ist, lässt sich folgende, sehr vereinfachte Vorgangsweise ableiten:

  • (Grundsätzliche) Identifizierung der Wirtschaftstätigkeit des jeweiligen Unternehmens unabhängig von den Bestimmungen der EU-Taxonomie
  • Beurteilung der Wirtschaftstätigkeiten auf deren Taxonomiefähigkeit: Genaue Identifizierung und ein genauer Abgleich mit den Bestimmungen der Taxonomie erforderlich, insbesondere mit den technischen Bewertungskriterien (Dokumentation und Nachweise essenziell)
  • Steht die entsprechende (taxonomiefähige) Wirtschaftstätigkeit im Einklang mit den technischen Bewertungskriterien – und leistet somit einen wesentlichen Beitrag zu einem der Umweltziele sowie beeinträchtigt keines der übrigen - und erfüllt diese zudem die erforderlichen Mindestschutzbestimmungen, kann eine Taxonomiekonformität bejaht werden.

 

Beispiel zur Verdeutlichung:
Immobiliendeveloper A, dessen Geschäftsmodell hauptsächlich aus der Entwicklung von Neuprojekten besteht, und die auf Wohnbausanierung spezialisierte Baufirma B machen sich erstmalig Gedanken über die EU-Taxonomie: Bei A kommt nach Abgleich mit den Beschreibungen der Verordnung die Kategorie „Errichtung neuer Gebäude“, bei B „Renovierung bestehender Gebäude“ in Frage. Die Wirtschaftsaktivitäten der beiden Unternehmen sind somit potenziell taxonomiefähig. In einem nächsten Schritt werden die jeweiligen Aktivitäten unter genauerer Berücksichtigung der technischen Bewertungskriterien auf ihre Taxonomiekonformität überprüft:
Bei Neubauten muss u.a. der Primärenergiebedarf mindestens 10% unter dem Schwellenwert eines Niedrigstenergiegebäudes liegen. Renovierungen von Bestandsgebäuden müssen den Bedingungen für größere Renovierungen entsprechen oder die Renovierung muss zu einer Einsparung des Primärenergiebedarfs um 30% verglichen mit dem Zeitpunkt vor der Renovierung führen.

 

EU-Taxonomie & Reporting

Mit der Identifizierung von (nicht) taxonomiefähigen und -konformen Wirtschaftstätigkeiten steht sowohl die qualitative als auch die quantitative Berichterstattung in engem Zusammenhang. Unternehmen, die bereits jetzt der Berichtspflicht gemäß NFRD unterliegen (in Ö: Umsetzung durch NaDivEG), aber auch der durch CSRD in Zukunft erweiterte Adressatenkreis sollen gemäß EU-Taxonomie-Verordnung offenlegen, inwiefern und in welchem Umfang die Tätigkeiten des Unternehmens als ökologisch nachhaltig einzustufen sind.

Gefordert wird insbesondere auch die Angabe des Anteils von ökologisch nachhaltigen Wirtschafstätigkeiten im Zusammenhang mit folgenden KPI:

  • Umsatzerlöse (Turnover)
  • Investitionsausgaben (CapEx)
  • Betriebsausgaben (OpEx)

Die Angaben zu Umsatz, OpEx und CapEx sollen durch qualitative Angaben ergänzt werden.4)

 

Fazit

Auch die Immobilienwirtschaft bleibt von der EU-Taxonomie-Verordnung nicht unberührt. Diese verfolgt grundsätzlich das Ziel, Zahlungsströme in Richtung nachhaltige Investitionen zu lenken. Dieser seitens der EU vorgegebene Klassifizierungskatalog inkludiert ein breites Spektrum an bau- und immobilienrelevanten Wirtschaftstätigkeiten: angefangen vom Neubau bis zur Renovierung von Bestandsgebäuden sowie bestimmten Einzelmaßnahmen, deren Beurteilung in Bezug auf eine Taxonomiefähigkeit sowie -konformität einer detaillierten rechtlichen und technischen Prüfung samt entsprechenden Nachweisen bedürfen. Neben dem Inhalt der EU-Taxonomie-Verordnung an sich sowie der damit Hand in Hand gehenden technischen Bewertungskriterien muss zusätzlich das Zusammenspiel mit den (Nachhaltigkeits)Berichterstattungsvorschriften – insbesondere gemäß CSRD – beachtet werden, auf die die EU-Taxonomie ebenfalls wesentlichen Einfluss hat.

 

 


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Lesen Sie dazu hier weiter:  ESG in der Immobilienwirtschaft
 


 

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1) Siehe dazu Art. 18 Taxonomie-VO (u.a. Befolgung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte).

2) Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 sowie Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 der Kommission vom 4. Juni 2021 („Climate Delegated Act“).

3) Unter Berücksichtigung der NACE-Codes.

4) Im Rahmen der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 der Kommission vom 6. Juli 2021 („Disclosure Delegated Act“).

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