Zurücknahme der gefürchteten Section 899 aufgrund Einigung der G7-Staaten

The One Big Beautiful Bill


Veröffentlicht: 
Ansprechperson(en): Alexandra Dolezel
 

Update vom 30.6.2025: Der US Treasury Secretary verkündete am 26. Juni, dass eine Einigung mit den G7-Staaten (Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und dem Vereinigten Königreich) erzielt wurde, wonach US-Unternehmen vom Anwendungsbereich der Pillar II Regelungen, insbesondere der Sekundären Ergänzungssteuer (Undertaxed Profits Rule, UTPR), ausgenommen werden. Im Gegenzug dafür wird die gefürchtete Rachesteuer der USA, Section 899, die eine enorme Quellensteuerbelastung für ausländische Unternehmen mit US-Bezug bedeutet hätte, nicht umgesetzt und aus dem Entwurf des vorgeschlagenen „One Big Beautiful Bill Act“ entfernt werden. Nähere Details zu dieser Befreiung der US-Unternehmen von den Pillar II Regelungen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Die G7-Staaten werden dies nun im Rahmen des Inclusive Framework, dem über 140 Länder und Jurisdiktionen angehören, diskutieren und weiterentwickeln.
 
Während die Sekundäre Ergänzungssteuer i.Z.m. Pillar II der treibende Faktor hinter dem Vorschlag zur Section 899 war, sollte Section 899 auch Digitalsteuern (DST) und Diverted Profits Taxes (DPT) als „unfaire ausländische Steuern“ betreffen. Keiner dieser Punkte wird jedoch direkt durch die G7-Vereinbarung gelöst. Daher bleibt die Frage offen, ob es hierzu eine separate Initiative geben wird, um gegen solche Steuersysteme vorzugehen, oder ob die bereits laufenden Verhandlungen der USA auch hier zu einer Lösung führen werden.


Die untenstehenden Ausführungen sind folglich gem. dieser aktuellen Entwicklung vorerst wieder als gegenstandslos zu betrachten; ein akuter Handlungsbedarf für US-Tochtergesellschaften i.Z.m. der Vornahme von Gewinnausschüttungen noch im Jahr 2025 zur Vermeidung von erhöhten Quellensteuern ist damit nicht mehr gegeben. Wir halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden!
 



Am 22.5.2025 wurde vom US-Repräsentantenhaus der „One Big Beautiful Bill Act“ beschlossen, der in Section 899 steuerliche Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Drittstaaten vorsieht, die „unfaire Steuern“ (insbesondere Digitalsteuern und die Sekundären Ergänzungssteuern i.Z.m. Pillar II) zu Lasten der USA erheben: Gegenüber diesen Ländern, darunter insbesondere die EU inkl. Österreich, sollen die Steuern erhöht werden und DBA-Begünstigungen nicht mehr zur Anwendung gelangen. Die Republikaner streben die Unterzeichnung des Gesetzes durch Präsident Trump noch vor der Sommerpause am 4. Juli an. Die geplanten Bestimmungen haben insbesondere auf die Besteuerung von Unternehmensgewinnen in den USA sowie die Besteuerung von Gewinnausschüttungen an österreichische Investor:innen wesentliche Auswirkungen. Österreichische Konzerne mit US-Bezug haben folglich dringenden Handlungsbedarf. Zukünftige Gewinnausschüttungen aus den USA könnten ansonsten sehr teuer werden. 

Bereits unmittelbar nach Amtsantritt im Jänner 2025 hat Präsident Trump angekündigt, Maßnahmen gegen ausländische Staaten zu prüfen, deren Steuerregelungen US-Unternehmen diskriminieren. Im Fokus standen insbesondere Staaten, die nationale Digitalsteuern umgesetzt haben , sowie Staaten, die Regelungen zur Sekundären Ergänzungssteuer (auch genannt Untertaxed Profits Rule, UTPR) i.Z.m. Pillar II umgesetzt haben bzw. umsetzen werden. Diese Sekundären Ergänzungssteuern (in Österreich grundsätzlich ab 2025 in Kraft) könnten bewirken, dass u.a. auch österreichische Tochtergesellschaften von US-Konzernen eine Niedrigbesteuerung der US-Headquartergesellschaften in Österreich nacherheben müssten. 

Nach ersten Zollerhöhungsmaßnahmen wurde nun am 22.5.2025 vom US-Repräsentantenhaus der „One Big Beautiful Bill Act“ beschlossen, der konkret in Section 899 spezifische steuerliche Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Drittstaaten vorsieht, die solche „unfairen Steuern“ zu Lasten der USA erheben. Die vorgeschlagene Section 899 würde die US-amerikanischen Steuersätze für bestimmte Einkünfte, die von in Ländern mit diskriminierenden Steuerpraktiken ansässigen natürlichen Personen oder Gesellschaften erzielt werden, erheblich erhöhen. 

Der Senat hat nun über den Gesetzesvorschlag zu beraten und etwaige Änderungsvorschläge einzubringen. Die Verabschiedung des geplanten Gesetzes hängt von der Schnelligkeit der Verhandlungen ab; die Republikaner drängen jedenfalls auf einen raschen Beschluss, am besten noch vor der Sommerpause am 4. Juli. 
  • Geplante steuerliche Maßnahme. Die Steuererhöhungen betreffen insbesondere die Einkommens- und Körperschaftsteuer von unter die Bestimmung fallenden Personen (z.B. in Hinblick auf Effectively Connected Income, ECI), Quellensteuern (z.B. auf Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren), die Zweigniederlassungssteuer (Branch Profits Tax) und den Steuereinbehalt bei US-Immobilientransaktionen (15% FIRPTA Withholding Tax). Die Steuererhöhung beginnt mit +5% und steigt jährlich schrittweise auf maximal +20% über den gesetzlichen Steuersatz (Maximalgrenze). Falls nach geltendem Recht für eine nicht in den USA ansässige Person ein vom nationalen US-Steuerrecht abweichender Steuersatz gilt – beispielsweise ein aufgrund eines anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens (kurz DBA) reduzierter Steuersatz – würde dieser Steuersatz als Ausgangspunkt für die geplanten Steuersatzerhöhungen gemäß der vorgeschlagenen Section 899 dienen. Beispiel: Wenn Zins- oder Lizenzzahlungen von einer US-amerikanischen Gesellschaft an eine nicht in den USA ansässige verbundene Gesellschaft derzeit aufgrund eines DBA von der US-Quellensteuer befreit sind, würde der anwendbare Steuersatz gemäß Section 899 im ersten Jahr bei 5% beginnen und anschließend schrittweise ansteigen. Der aktuelle Quellensteuersatz würde sich dann also jährlich um 5% erhöhen, bis sich der nationale Quellensteuersatz von aktuell 30% um 20% auf 50% erhöht hat. 
  • Persönlicher Anwendungsbereich. Die erhöhten Steuersätze der vorgeschlagenen Section 899 würden für eine sehr breite Kategorie ausländischer Personen gelten, die einen Zusammenhang mit diskriminierenden ausländischen Staaten aufweisen. Als unter den Gesetzesvorschlag fallende Personen gelten insbesondere: 
    • Alle natürlichen Personen und Körperschaften (einschließlich Stiftungen), die in einem diskriminierenden ausländischen Staat steuerlich ansässig sind (mit Ausnahme von US-Bürger:innen oder in den USA ansässigen Personen sowie bestimmte ausländische Körperschaften in US-Besitz)
    • Jede nicht börsennotierte ausländische Gesellschaft, wenn mehr als 50% der Stimmrechte oder des Aktienwerts einer solchen Gesellschaft direkt oder indirekt im Besitz der betroffenen Personen sind
    • Ausländische Personengesellschaften, Zweigniederlassungen und alle anderen Einrichtungen, die vom IRS als mit einem diskriminierenden Land verbunden eingestuft werden 
  • Definition „unfaire ausländische Steuern” (unfair foreign tax): Section 899 zielt auf Steuersysteme ab, die von ausländischen Jurisdiktionen verabschiedet wurden (oder verabschiedet werden) und aus Sicht der US-Regierung ausdrücklich oder implizit diskriminierend gegenüber US-Steuerpflichtigen sind. Als solche unfairen ausländischen Steuern sind im aktuellen Gesetzesvorschlag explizit folgende genannt: 
    • Sekundäre Ergänzungssteuer (Undertaxed Profits Rule, UTPR) i.Z.m. Pillar II 
    • Steuern auf digitale Dienstleistungen (Digital Services Taxes, DST)
    • Steuern auf umgeleitete Profite (Diverted Profits Taxes, DPT) Darüber hinaus ist eine Erweiterungsklausel für andere diskriminierende Steuern vorgesehen. Vierteljährlich soll in Zukunft eine Liste mit den „diskriminierenden ausländischen Staaten“ aktualisiert werden. 
  • Zeitlicher Anwendungsbereich: Die Steuersätze in Bezug auf ein diskriminierendes ausländisches Land würden ab dem „maßgeblichen Datum“ (engl. „applicable date”) des jeweiligen Lands erhöht werden. Das maßgebliche Datum eines Lands ist das erste Kalenderjahr, das entweder am oder nach dem späteren der folgenden drei Daten beginnt: 
    • 90 Tage nach der Verabschiedung von Section 899;
    • 180 Tage nach der Verabschiedung der „unfairen ausländischen Steuer“ durch die betreffende ausländische Jurisdiktion (sofern diese Steuer mehr als 90 Tage nach Section 899 verabschiedet wird); oder
    • dem erstmaligen Inkrafttreten der „unfairen ausländischen Steuer“ (falls dieses Datum mehr als 180 Tage nach der Verabschiedung durch die ausländische Jurisdiktion liegt).

Dies bedeutet in der Praxis Folgendes: Bei bereits bestehenden unfairen ausländischen Steuerregelungen wird die 5%-ige Steuererhöhung bereits ab dem Kalenderjahr 2026 gelten, vorausgesetzt, dass die Regelung bis zum 30.9.2025 verabschiedet wird. Falls die Regelung hingegen weniger als 90 Tage vor dem 1.1.2026 verabschiedet wird, könnte der früheste Zeitpunkt, zu dem die Steuererhöhung angewendet wird, erst das Kalenderjahr 2027 sein.

Bis zum 1.1.2027 sollen Versäumnisse, erhöhte Quellensteuerbeträge abzuziehen oder einzubehalten, keine Strafen oder Zinsen auslösen, sofern die zur Einbehaltung oder zum Abzug verpflichtete Person gegenüber dem Secretary nachweist, dass sie nach bestem Wissen und Gewissen rechtzeitig versucht hat, den konkreten Anforderungen nachzukommen.
  • Erhebliche Auswirkungen auf österreichische Unternehmen. Österreich wird anhand des aktuellen Gesetzesentwurfs jedenfalls als diskriminierender Staat qualifiziert werden, da sowohl eine Digitalsteuer in Kraft ist als auch eine sekundäre Ergänzungssteuer i.Z.m. dem Mindestbesteuerungsgesetz (Pillar II), die für Wirtschaftsjahre ab dem 31.12.2024, Anwendung findet. Aktuell unterliegen Gewinnausschüttungen von US-Tochtergesellschaften an ihre österreichischen Muttergesellschaften aufgrund des DBA grundsätzlich einer reduzierten US-Quellensteuer i.H.v. 5% bzw. 15%.  Zinszahlungen und bestimmte Lizenzzahlungen von den USA nach Österreich unterliegen aufgrund der des DBA einer reduzierten Quellensteuer i.H.v. 0%.  Die geplanten Bestimmungen der Section 899 sehen jedoch vor, solche Erträge mit einem zusätzlichen Steuerzuschlag zu belegen und den darauf anzuwendenden Steuersatz jährlich um 5% zu erhöhen. Der gem. nationalem Recht vorgesehene Steuersatz kann maximal um 20% überschritten werden, für Quellensteuern würde dies also eine Besteuerung von bis zu 50% bedeuten. 
 
  • Empfehlung und Ausblick. Die geplante Section 899 stellt ein taktisches Druckmittel dar, das insbesondere darauf abzielt, andere Staaten (insbesondere in Europa) durch die Einführung von beträchtlichen steuerlichen Konsequenzen dazu zu bewegen, ihre Digitalsteuern abzuschaffen.  Steuerzahlende, die von diesem Vorschlag betroffen sein könnten, sollten bereits jetzt sorgfältig prüfen, welche betraglichen Konsequenzen die neuen Vorschriften auf ihre US-Steuerbelastung haben könnten, und sich konkrete Strategien zur Abmilderung negativer Auswirkungen überlegen. Um etwaigen negativen Konsequenzen vorzubeugen, ist es jedenfalls ratsam, Gewinnausschüttungen aus US-Tochtergesellschaften so bald wie möglich vorzunehmen, damit die reduzierten Quellensteuersätze gem. DBA Österreich-USA noch zur Anwendung gebracht werden können. 

Gerne sehen wir uns Ihren konkreten Fall gemeinsam mit Ihnen an und beraten Sie in Hinblick auf einen allfälligen Handlungsbedarf!
 



Autorin:  
 

Christina Höchtl

christina.hoechtl@bdo.at
+43 5 70 375 - 1518

Ansprechperson(en)