Die alternde Bevölkerung - Chance und Herausforderung zugleich?

 

Die Weltbevölkerung altert! Obwohl diese Tendenz schon seit Jahrzehnten zu erkennen ist, zählt die immer älter werdende Weltbevölkerung heute zu einem der größten Megatrends, die unsere Zukunft prägen werden.

Eine alternde Bevölkerung wirkt sich auf viele verschiedene Facetten unserer Gesellschaft aus. Infolgedessen gehört vor allem die Gesundheitsbranche zu einem der Bereiche, der hier vor den größten Herausforderungen steht. Dabei sind sowohl der öffentliche als auch der private Gesundheitssektor gefordert, die anfallenden Risiken und erhöhten Kosten zu minimieren. Der Schlüssel, um diese Herausforderungen in Chancen zu verwandeln, liegt dabei wie so oft in der Entwicklung neuer Innovationen. Nur mithilfe neuer Technologien, zeitgemäßer Geschäftsmodelle und Visionen können die bevorstehenden Schwierigkeiten überwunden und neue Möglichkeiten wahrgenommen werden.

 

Wir werden immer älter

Betrug die weltweite Zahl der Menschen mit 65 Jahren oder älter im Jahr 2019 noch 703 Millionen, wird sich diese bis 2050 Prognosen zufolge mehr als verdoppeln.1) Besonders ausgeprägt ist dieser Trend der Bevölkerungsalterung in Europa, wo die über-65-Jährigen im Jahr 2021 bereits 20,8% der Bevölkerung ausmachten – Tendenz auch hier steigend.2) Die Gründe für diese Entwicklung liegen klar auf der Hand: eine steigende Lebenserwartung als Folge stetiger Innovationen im Gesundheitswesen bei gleichzeitig sinkenden Geburtenraten.

 

Ironischerweise hatte ein Anstieg der Lebenserwartung bisher nicht automatisch eine gesündere Bevölkerung zur Folge. Der Zeitraum, in dem wir die zusätzlichen Jahre bei guter Gesundheit genießen können, ist im Vergleich zur stetig steigenden Lebenserwartung nur um einen Bruchteil gewachsen. Eine Verbesserung der Lebensqualität und Gesundheit bis zum Lebensende rückt damit in den Vordergrund medizinischer Bestrebungen und ersetzt das frühere Ziel der „einfachen" Lebensverlängerung.

 

Wie die alternde Bevölkerung unsere Gesundheitssysteme fordert

Der medizinische Fortschritt und der damit verbundene Anstieg der Lebenserwartung werden zwar als äußerst positiv empfunden, doch sieht sich die Gesellschaft mit verschiedenen Herausforderungen aus dieser Entwicklung konfrontiert.

Eine immer älter werdende Bevölkerung stellt beispielsweise neben einer sozialen auch eine wirtschaftliche Belastung dar. Das wohl größte Problem sind dabei die steigenden Kosten im Gesundheitssektor. Es wird erwartet, dass die alternde Bevölkerung bis 2035 einen Anstieg der öffentlichen Ausgaben um etwa 1,5% des BIP verursacht. Zusätzlich droht ein Personalengpass die ohnehin schon knappen Ressourcen noch weiter zu belasten. Schätzungen zufolge fehlen in Europa etwa 1 Millionen Beschäftigte im Gesundheitsbereich.4)

Darüber hinaus ist eine Veränderung der medizinischen Prioritäten im Zusammenhang mit der alternden Bevölkerung zu beobachten. Einerseits verlagert sich das Forschungsinteresse langsam auf altersbedingte Krankheiten wie etwa Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Stoffwechselkrankheiten. Andererseits wird der Schwerpunkt vermehrt auf Prävention und Rehabilitation gelegt. Dabei steht zunehmend die langfristige Verbesserung der Lebensqualität der älteren Generation im Fokus.

 

Innovation als Schlüssel zur Erschließung neuer Chancen

Um die oben genannten Herausforderungen zu bewältigen und ein hohes Niveau der Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, kann ein Aspekt die Situation drastisch verbessern: Innovation.

Das öffentliche Gesundheitswesen kann nur begrenzt Maßnahmen ergreifen, um den drohenden Kostendruck und Personalmangel abzumildern. Daher ist der private Sektor gefordert, Lösungen für eine effektivere und effizientere Versorgung zu entwickeln.

Einerseits besteht der Bedarf an traditionellen pharmazeutischen Entwicklungen in Verbindung mit wirksameren Behandlungen für altersbedingte Krankheiten. Andererseits kann eine vermehrte Orientierung auf Innovationen im Bereich der Früherkennung und der Identifizierung von gesundheitlichen Risikofaktoren (z.B. durch die P4-Medizin) dazu beitragen, Ressourcen zu sparen und die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern.

Zusätzlich zu den bekannten Pharma-Innovationen versprechen neuartige Kombinationen traditioneller Therapien mit modernen Technologien (z.B. Nanotechnologie, KI etc.), den offenen Bedarf an medizinischer Versorgung zu decken. Im Kern dieser neuen therapeutischen Möglichkeiten stehen die sogenannten digitalen Therapeutika (DTx). Diese effizienten und innovativen Möglichkeiten der Patient:innenversorgung können ein wichtiger Faktor zur Bewältigung der Herausforderungen einer alternden Bevölkerung sein.

 

Spotlight

Virtue Health und seine Plattform "Look Back" sind ein Beispiel für präventive digitale Therapien, die Teil einer Lösung für die Herausforderungen einer alternden Bevölkerung sein können. Das Unternehmen hat eine Plattform entwickelt, die mittels virtueller Realität Menschen mit Demenz hilft. Der therapeutische Zugang des Unternehmens zielt darauf ab, die Krankheit durch Erinnerungen und kognitive Stimulierung zu bekämpfen. Dabei wird älteren Menschen geholfen, verschiedene Orte virtuell zu besuchen und somit vergangene Erinnerungen erneut zu erleben. Darüber hinaus kann das VR-Erlebnis von den Pflegekräften in einer App beobachtet werden. Mithilfe einer Reihe vorgeschlagener Fragen können so relevante Gespräche über frühere Erfahrungen stattfinden. Somit zielt die Plattform nicht nur darauf ab das psychische Wohlbefinden von Demenzkranken, sondern auch das ihrer Angehörigen zu verbessern. Neben privaten Kostenträgern, die die App bei der Pflege ihrer älteren Angehörigen einsetzen, gehört auch der britische National Health Service (NHS) zu den Akteuren, die den neuen Therapieansatz in Pflegeheimen, Tageszentren und Gedächtniskliniken bereits testen.

 

Der erfolgreiche Einstieg in diese neuen Geschäftsfelder erfordert nicht nur traditionelles pharmazeutisches Wissen, sondern auch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und technologischer Kompetenzen. Für etablierte Marktteilnehmer:innen ist es oft sinnvoll, mit Start-ups und anderen unkonventionellen Playern in diesem Bereich zusammenzuarbeiten, um schnell die notwendigen Kompetenzen aufzubauen und innovative Visionen umzusetzen.

Alles in allem stellt die alternde Bevölkerung uns als Gesellschaft vor eine Reihe von Herausforderungen. Wirksame und innovative Handlungen können dabei nur durch die Einbeziehung einer Vielzahl unterschiedlicher Akteure und die Förderung unkonventioneller Partnerschaften gelingen!

 

Zusammenfassend

  • Eine weltweit alternde Bevölkerung stellt sowohl den öffentlichen als auch den privaten Gesundheitssektor vor große Herausforderungen, vor allem in Bezug auf Kostendruck und Personalmangel.
  • Für Pharmaunternehmen bietet dieser Megatrend aber auch neue Chancen.
  • Einerseits kann der Schwerpunkt der pharmazeutischen Forschung auf altersbedingte Krankheiten und präventive Behandlungen verlagert werden.
  • Andererseits können durch die Kombination traditioneller Therapien mit modernen Technologien weitere Geschäftsfelder erschlossen werden.
  • Um die notwendigen Kompetenzen innerhalb der traditionellen Pharmaunternehmen schnell aufzubauen, können Partnerschaften mit innovativen Start-ups helfen, bestehende Lücken zu schließen.

 

Ausblick

Aufgrund der Schwierigkeiten und Chancen, die die alternde Weltbevölkerung für die Gesundheitssysteme und die Pharmaindustrie mit sich bringt, werden zukünftige Veränderungen im Zusammenhang mit diesem Megatrend sicherlich mit Interesse zu verfolgen sein. Dennoch bleibt die Frage bestehen: Können sich unser Gesundheitssystem und die Pharmaindustrie schnell genug anzupassen, um die kommenden Herausforderungen zu bewältigen? Und welche Rolle werden innovative Technologien und neue therapeutische Ansätze in einer alternden Gesellschaft spielen? 

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Autorin: 

Anna Hörtenhuber

anna.hoertenhuber@bdo.at
+43 5 70 375 - 1710

 
 

 


 

 

 

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