Umsatzsteuer-Update Q3/2025

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Veröffentlicht: 
Ansprechperson(en): Reinhard Rindler, Roman Haller
Mit unserem quartalsweisen Umsatzsteuer-Update informieren wir Sie kompakt über die wichtigsten Neuerungen aus den Bereichen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung im Bereich des Umsatzsteuerrechts.
 

Innerstaatliche Gesetzgebung

Durch das BBG 2025 ergeben sich folgende Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer:
  • Ausweitung des Vorsteuerpauschales (§ 14 Abs. 1 Z 1 UStG) für Unternehmer:innen mit ertragsteuerlicher Betriebsausgabenpauschalierung: Der Prozentsatz i.H.v. 1,8% des Gesamtumsatzes bleibt unverändert, der Höchstbetrag (derzeit EUR 3.960 p.a.) steigt jedoch auf EUR 5.760 für das Jahr 2025 sowie EUR 7.560 für die Folgejahre.
  • Einführung einer echten Steuerbefreiung (0% USt unter Aufrechterhaltung des VSt-Abzugs) für Verhütungsmittel und Artikel der monatlichen Damenhygiene ab 1.1.2026.
 

Finanzverwaltung

  • Die Finanzverwaltung hat den Photovoltaikerlass umfassend aktualisiert (BMF 30.7.2025, GZ 2025-0.461.257). Dieser enthält neben Aussagen zu Photovoltaikanlagen nunmehr auch Ausführungen zu Energiegemeinschaften. Im Bereich der „privaten“ Photovoltaikanlagen bleibt nach dem Entfall der Steuerbefreiung im Frühjahr die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs attraktiv, wenn mehr als 50% des erzeugten Stroms ins Netz eingespeist werden. Dafür ist freilich ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung erforderlich. Nähere Informationen zum Erlass finden Sie hier.
  • In einer Anfragebeantwortung geht das BMF (vgl. Bauleistungen und Reverse Charge) davon aus, dass für (Bau-)Leistungen an Versorgungsunternehmen das Bauleistungs-Reverse-Charge nicht zur Anwendung kommt, da das Versorgungsunternehmen kein qualifizierter Leistungsempfänger ist. Dies gilt auch dann, wenn das Versorgungsunternehmen in der Anlaufphase überwiegend Umsätze aus Hausanschlussgebühren erzielt. 
 

Europäische Union

Der MWSt-Ausschuss ist ein Gremium auf EU-Ebene, in dem Vertreter:innen der nationalen Finanzverwaltungen Umsatzsteuerfragen erörtern. Der MWSt-Ausschuss veröffentlicht regelmäßig Leitlinien, die zwar rechtlich unverbindlich sind, aber – ähnlich wie innerstaatlich die Umsatzsteuerrichtlinien – von den Finanzverwaltungen und vielfach auch vom EuGH berücksichtigt werden. Im Juli 2025 hat der MWSt-Ausschuss u.a. folgende Leitlinien aus der 125. Sitzung veröffentlicht: 
  • Einzweckgutscheine in der Unternehmerkette: Steht bei der Ausgabe eines Gutscheines der:die leistende Unternehmer:in, der Leistungsort und der Steuersatz fest, so ist die Ausgabe des Gutscheines und jede Übertragung in der Unternehmerkette USt-pflichtig, auch wenn es sich um einen Nennwertgutschein handelt (EuGH 18.4.2024, C-68/23, Finanzamt O.). Am Ende der Leistungskette steht meist ein:e Nichtunternehmer:in und es gelten daher auf dieser Absatzstufe die Leistungsortregeln für den B2C-Bereich; ebenso ist ein Übergang der Steuerschuld (Reverse Charge) auf dieser letzten Absatzstufe ausgeschlossen. Bisher offen war jedoch, was für vorgelagerte Umsätze (den Handel des Gutscheines in der Unternehmerkette im eigenen Namen) gilt. Der MWSt-Ausschuss hält dazu fast einstimmig fest, dass auf dieser Stufe die Regelungen für den B2B-Bereich gelten. Sofern der Gutschein eine sonstige Leistung verkörpert, die im B2B-Bereich unter die Grundregel fällt, gilt daher das Empfängerortprinzip. Bei einem ausländischen Leistenden greift das Reverse Charge -System.
  • Leistungsort bei hybriden Veranstaltungen: Bei Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen gilt der Veranstaltungsort als umsatzsteuerlicher Leistungsort. Dies gilt jedoch nur bei einer Präsenzteilnahme. Bei einer virtuellen Teilnahme (Streaming) gilt im B2B-Bereich nach fast einstimmiger Auffassung des MWSt-Ausschusses bei Dienstleistungen die B2B-Grundregel (Empfängerortprinzip). Kann zwischen Teilnahme in Präsenz und virtuell gewählt werden, so ist die tatsächliche Art der Teilnahme maßgeblich. Steht diese im Zeitpunkt der Fakturierung noch nicht fest, ist vorrangig von einer Teilnahme in Präsenz auszugehen. Eine spätere Rechnungsberichtigung bei virtueller Teilnahme ist möglich. Im B2C-Bereich gelten ähnliche Regelungen. Dies hat i.d.R. zur Folge, dass bei einer virtuellen Teilnahme der:die leistende Unternehmer:in USt jenes Mitgliedstaates in Rechnung stellen muss, in dem der:die Leistungsempfänger:in ansässig ist.
 

Rechtsprechung des EuGH

  • Die Wiedereinfuhr von zuvor aus der EU exportierten Waren ist von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, wobei die Befreiung aber an formale Verpflichtungen geknüpft ist. In der Rs Palmstrade (EuGH 12.6.2025, C-124/24) kommt der EuGH zum Ergebnis, dass die Rückwarenbefreiung auch bei Verletzung dieser Formvorschriften anwendbar ist, sofern kein Täuschungsversuch vorliegt. 
  • In der österreichischen Rs P GmbH II (1.8.2025, C-794/23) befasst sich der EuGH mit der Steuerschuld kraft Rechnungslegung: Sofern in einer Rechnung an eine:n Nichtunternehmer:in zu Unrecht USt in Rechnung gestellt wird, entsteht keine Steuerschuld kraft Rechnungslegung. Ist der:die Leistungsempfänger:in dagegen Unternehmer:in, so begründet die unrichtige Fakturierung (weiterhin) eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung, auch wenn der:die Leistungsempfänger:in ein:e Unternehmer:in ohne VSt-Abzugsberechtigung ist. Sind die Leistungsempfänger:innen unbekannt (Kleinbetragsrechnungen), so ist der Anteil der unternehmerischen bzw. nichtunternehmerischen Leistungsempfänger:innen – und damit auch die Höhe der Steuerschuld kraft Rechnungslegung – zu schätzen.
  • Erklärt ein:e unternehmerische:r Kund:in, die Ware in das EU-Ausland zu transportierten, befördert er:sie diese jedoch tatsächlich (und nachweislich) in einen Drittstaat, so liegt zwar keine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung, jedoch eine ebenso steuerbefreite Ausfuhrlieferung vor (EuGH 1.8.2025, C-602/24, W. Sp. z o.o.)
  • Verlangt ein:e Unternehmer:in von seinen:ihren Kund:innen beim Touristenexport eine Gebühr für die Rückerstattung der Umsatzsteuer an die Kund:innen, so handelt es sich dabei um Entgelt für eine steuerpflichtige sonstige Leistung (EuGH 1.8.2025, C-427/23, Határ Diszkont Kft.)
  • Bei vertraglich vereinbarten Zahlungen, die zwischen Konzerngesellschaften geleistet werden, um aus verrechnungspreistechnischen Gründen eine sachgerechte Gewinnallokation zu erreichen, handelt es sich umsatzsteuerlich um (variables) Entgelt für eine sonstige Leistung, wenn zwischen diesen Konzerngesellschaften Dienstleistungen erbracht werden (EuGH 4.9.2025, C-726/23, Arcomet Towercranes). Aufgrund der Vielfalt an Sachverhaltskonstellation bleibt eine Prüfung der umsatzsteuerlichen Konsequenzen von Verrechnungspreisanpassungen im Einzelfall empfehlenswert. Beim EuGH ist derzeit zudem noch ein weiterer Fall i.Z.m. Verrechnungspreiskorrekturen anhängig (C-603/24, Stellantis Portugal).
  • Geschäftsleitende Holdinggesellschaften erbringen umsatzsteuerpflichtige Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften. Vielfach sind die damit erzielten Erlöse für die Holding aber nicht kostendeckend, da diese auch eigene, nicht an die Töchter verrechenbare Aufwendungen hat. In der Rs Högkullen (3.7.2025, C-808/23) hält der EuGH fest, dass das für die Leistungen verrechnete Entgelt – zumindest im Anwendungsbereich der Normalwertregelung, d.h. z.B. bei Tochtergesellschaften ohne vollen Vorsteuerabzug – umsatzsteuerlich auf Fremdüblichkeit geprüft werden kann. Dabei ist aber das fremdübliche Entgelt für die einzelne, konkret erbrachte Leistung zu ermitteln. Unzulässig ist es dagegen laut EuGH, sämtliche Kosten der Holding in die Bemessungsgrundlage des Ausgangsumsatzes miteinzubeziehen.
 

Rechtsprechung des BFG

  • Krypto Mining in Form des „Pool Minings“ ist aus Sicht des BFG mangels identifizierbarem Leistungsempfänger:innen nicht steuerbar. Damit verbunden geht auch ein Vorsteuerausschluss einher (BFG 20.5.2025, RV/5100186/2024; Parteienrevision anhängig).
  • Aus Erwerb und Betrieb eines als Versuchsfahrzeug genutzten (Verbrenner-)Pkws steht nach Ansicht des BFG der Vorsteuerabzug zu (BFG 30.7.2025, RV/5100122/2024; Amtsrevision anhängig).
  • Eine „private“ Photovoltaik-Anlage berechtigt dann zum Vorsteuerabzug, wenn zumindest die Hälfte des produzierten Stroms in das öffentliche Netz eingespeist wird (BFG 30.6.20205, RV/7103143/2022). Dies entspricht der bisherigen Praxis und auch der Ansicht der Finanzverwaltung (vgl. zum Photovoltaik-Erlass auch bereits oben). 
  • Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung ist, dass derselbe Gegenstand weiterveräußert wird. Führt der:die Wiederverkäufer:in über die bloße Instandsetzung hinausgehende Arbeiten an diesem Gegenstand durch, so ist die Differenzbesteuerung nicht zulässig. Der Verkauf eines Gegenstandes, der aus gebrauchten (ohne Vorsteuerabzug) und neu angeschafften Teilen (mit Vorsteuerabzug) zusammengebaut wurde, ist daher (zur Gänze) umsatzsteuerpflichtig (BFG 3.7.2025, RV/5100677/2021). Der deutsche BFH hat erst vor kurzem i.Z.m. sg. „Upcycling“ ähnlich entschieden (vgl BFH 11.12.2024, XI R 9/23). 
 

Sonstiges 

  • Beim Verkauf eines Non-Fungible-Token (NFT) liegt aus Sicht des (deutschen) Finanzgerichts Hannover (10.7.2025, 5 K 26/24) eine elektronisch erbrachte Dienstleistung vor. Es gilt daher auch im B2C-Bereich das Empfängerortprinzip. In Österreich gibt es soweit ersichtlich noch keine Rechtsprechung zu dieser Frage.

Ansprechperson(en)


Daniela Policzer

Daniela Policzer 
daniela.policzer@bdo.at 
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