Begutachtung des ökosozialen Steuerreformgesetzes 2022 Teil I

Diese Woche ging das ökosoziale Steuerreformgesetz 2022 in Begutachtung. Der vorliegende Beitrag stellt die wesentlichen Änderungen der Steuerreform sowie die Highlights der Ausgleichs- und Entlastungsmaßnahmen überblicksmäßig dar.

 

Einleitung

Im Oktober dieses Jahres wurden die Eckpunkte der ökosozialen Steuerreform 2022 vorgestellt. Die Regierung verfolgt mit der Steuerreform das Ziel, die Menschen in Österreich zu entlasten, Kostenwahrheit in Bezug auf CO2-Emissionen herzustellen sowie eine wachstumsfördernde Standortpolitik sicherzustellen. Am Montag, 8.11.2021, ging das Maßnahmenbündel in Begutachtung. Die Begutachtungsfrist beträgt vier Wochen und endet somit am 6.12.2021. Anfang des Jahres 2022 soll die Steuerreform dann im Parlament beschlossen werden. Die Änderungen sollen dann schrittweise ab 2022 in Kraft treten. Die folgende Zusammenfassung stellt die geplanten Änderungen in den Bereichen Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer und Umsatzsteuergesetz kurz dar.

 

Senkung der zweiten und dritten Tarifstufe

Um lohn- und einkommensteuerpflichtige Personen zu entlasten, soll durch die Steuerreform die zweite und dritte Tarifstufe von 35% auf 30% und von 42% auf 40% schrittweise gesenkt werden. Die Senkung der zweiten Tarifstufe soll mit Juli 2022 und die Senkung der dritten Tarifstufe mit Juli 2023 in Kraft treten.

Durch die unterjährige Senkung des Steuersatzes wird sich für die Kalenderjahre 2022 und 2023 ein Mischsteuersatz ergeben. Dieser soll durch Anwendung eines arithmetischen Mittelwertes der jeweiligen Tarifstufe zur Jahreshälfte errechnet werden, wodurch für das gesamte Kalenderjahr 2022 für die zweite Tarifstufe ein Mischsteuersatz von 32,5% und für das gesamte Kalenderjahr 2023 für die dritte Tarifstufe eine Mischsteuersatz von 41% zur Anwendung kommen wird.

Für Arbeitnehmende soll die Tarifsenkung in einer vom Arbeitgeber durchzuführenden Aufrollung entsprechend berücksichtigt werden. Die Aufrollung soll vom Arbeitgeber bis spätestens Ende September durchgeführt werden, um eine zeitnahe Entlastung der Arbeitnehmenden sicherzustellen.

Hinweis: Die Krankenversicherungsbeiträge für Einkommen unter EUR 2.500 sollen gestaffelt um 0,2 bis 1,7 Prozentpunkte gesenkt werden.

 

Entlastungen für Familien und zusätzliche Sonderausgaben

Familien sollen durch die Erhöhung des jährlichen Familienbonus Plus von EUR 1.500 auf rund EUR 2.000 pro Kind bis zum vollendeten 18. Lebensjahr unterstützt werden. Auch für Kinder ab dem 18. Lebensjahr soll die Unterstützung von rund EUR 500 auf rund EUR 650 jährlich angehoben werden. Die Erhöhung des Familienbonus Plus soll ab 1. Juli 2022 gelten.

Zudem sieht die Steuerreform vor, den Kindermehrbetrag von EUR 250 auf EUR 450 pro Kind und Jahr bis 2023 stufenweise anzuheben. Dieser soll zukünftig auch gering verdienenden und in (Ehe-)Partnerschaft lebenden Erwerbstätigen zustehen.

Neuerungen soll es auch im Bereich der abzugsfähigen Sonderausgaben gem. § 18 EStG geben. Zukünftig sollen unter bestimmten Voraussetzungen Ausgaben für die thermische Sanierung von Gebäuden bzw. den Ersatz eines fossilen Heizungssystems durch ein klimafreundliches Heizungssystem (z.B. Fernwärme) pauschal mit EUR 800 bzw. EUR 400 jährlich im Jahr der Auszahlung und den kommenden vier Kalenderjahren als Sonderausgabe in Abzug gebracht werden können. Die Regelung soll erstmals für das Veranlagungsjahr 2022 anwendbar sein.

 

Gewinnbeteiligungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sollen steuerlich attraktiver werden. Um zu einer nachhaltigen finanziellen Absicherung und Erhöhung der liquiden Mittel von Arbeitnehmenden beizutragen, soll eine Begünstigung analog zur Begünstigung für die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Kapital des Unternehmens des Arbeitgebers etabliert werden. Zudem soll die Maßnahme zur Bindung an das Unternehmen des Arbeitgebers beitragen. Die Begünstigung soll pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer jährlich maximal bis zu EUR 3.000 zustehen und ab dem 1.1.2022 gewährt werden.

 

Erhöhung Gewinnfreibetrag

Auch für Unternehmerinnen und Unternehmer bringt die ökosoziale Steuerreform 2022 Erleichterungen. Unter anderem soll der Gewinnfreibetrag für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen, von 13% auf 15% für die ersten EUR 30.000 erhöht werden. Somit steigt auch der Grundfreibetrag, für den keine Investitionen erforderlich sind, von bisher EUR 3.900 auf EUR 4.500. Die Erhöhung des Gewinnfreibetrags soll in erster Linie Einzelunternehmen und Personengesellschaften im KMU-Bereich nach der Covid-19-Krise unterstützen, die nicht von der reduzierten Körperschaftsteuer profitieren.

 

Investitionsförderungen

Es soll ein Investitionsfreibetrag für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens eingeführt werden, um Anreize für (ökologische) Unternehmensinvestitionen zu schaffen. Der Investitionsfreibetrag beträgt grundsätzlich 10% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und kann im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung als zusätzliche Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Um insbesondre klimafreundliche Investitionen anzukurbeln, erhöht sich der Investitionsfreibetrag um 5% bei Anschaffung bzw. Herstellung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern, die dem Bereich Ökologisierung zuzuordnen sind. Der Investitionsfreibetrag soll maximal von Anschaffungs- und Herstellungskosten i.H.v. EUR 1.000.000 im Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden können. Umfasst das Wirtschaftsjahr keine zwölf Monate, so ist der Betrag entsprechend zu aliquotieren.

Auswirkung auf die Höhe der Absetzung für Abnutzung soll der Investitionsfreibetrag nicht haben. Jedoch setzt die Inanspruchnahme des Investitionsfreibetrags die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder eine vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung voraus. Somit steht der Investitionsfreibetrag auch Körperschaften offen. Nur bei pauschaler Gewinnermittlung nach § 17 EStG oder einer darauf gestützten Pauschalierungsverordnung kann der Investitionsfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden.

Eine weitere Voraussetzung für die Geltendmachung des Investitionsfreibetrags ist es, dass die entsprechenden Wirtschaftsgüter eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und einem inländischen Betrieb bzw. einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, wenn der Betrieb oder die Betriebsstätte der Erzielung von betrieblichen Einkünften dient.

Für bestimmte Wirtschaftsgüter kann der Investitionsfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden. Dazu zählen Wirtschaftsgüter, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, für die gem. § 8 eine Sonderform der Absetzung für Abnutzung vorgesehen ist (ausgenommen Kraftfahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 g pro km), geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden, unkörperliche Wirtschaftsgüter, die nicht dem Bereich Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Liefe Science zuzuordnen sind, gebrauchte Wirtschaftsgüter sowie Anlagen, die der Förderung, dem Transport oder der Speicherung fossiler Energieträger dienen oder fossile Energieträger direkt nutzen. Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Investitionsfreibetrag in Anspruch genommen wurde, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden sie ins Ausland verbracht, soll es zu einer Nachversteuerung kommen. Dies trifft nicht zu, wenn die Wirtschaftsgüter in Folge höherer Gewalt ausscheiden. Der Investitionsfreibetrag soll erstmals für Wirtschaftsjahre zur Anwendung kommen, die nach dem 31.12.2022 beginnen.

Der Begutachtungsentwurf sieht zudem eine erneute Anhebung der betraglichen Grenze für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern gem. § 13 EStG mit Wirkung 1.1.2023 vor. So sollen zukünftig Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis zu EUR 1.000 (bisher: EUR 800) sofort als Betriebsausgabe bzw. als Werbungskosten abgesetzt werden können. Die erneute Anhebung der Grenze soll wiederum Investitionsanreize schaffen.

 

Regionaler Klimabonus

Zum Ausgleich der CO2-Bepreisung erfolgt eine pauschale Rückvergütung über den regionalen Klimabonus. Die Höhe der Rückvergütung bestimmt sich nach der Einstufung der Wohnsitzgemeinde und kann wie folgt dargestellt werden:

  • Kategorie 1: EUR 100 pro Person und Jahr (urbane Zentren mit höchstrangiger ÖV-Erschließung)
  • Kategorie 2: EUR 133 pro Person und Jahr (urbane Zentren mit zumindest guter ÖV-Erschließung)
  • Kategorie 3: EUR 167 pro Person und Jahr (Zentren sowie das Umland von Zentren mit zumindest guter Basiserschließung)
  • Kategorie 4: EUR 200 pro Person und Jahr (ländliche Gemeinden und Gemeinden mit höchstens Basiserschließung)

Kinder steht der Klimabonus zu 50% des Wertes zu. Die Auszahlung erfolgt über einen Zuschlag zum Klimabonus von Personen, die Kinder haben. Die genauen Modalitäten der Auszahlung sind noch nicht bekannt.

 

Besteuerung von Kryptowährung

Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen werden derzeit nur innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist besteuert. Im Zuge der ökosozialen Steuerreform soll es nun auch zu weitreichenden Neuerungen in Bezug auf die Besteuerung von Kryptowährungen kommen. Dabei soll die Besteuerung von Kryptowährungen in Einklang mit der Besteuerung von Wertpapieren gebracht werden. Aus diesem Grund sollen die Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 EStG um Einkünfte aus Kryptowährung in Abs. 4a erweitert werden. Zudem soll im neuen § 27b EStG eine eigenständige Regelung geschaffen werden, die den Umfang der Steuerpflicht in Bezug auf Kryptowährung genauer festlegt.

Zu den Einkünften sollen künftig sowohl die laufenden Einkünfte aus Kryptowährung (Früchte) als auch die realisierte Wertsteigerung zählen. Derivate, die sich auf Kryptowährungen beziehen, zählen bereits aufgrund der geltenden Rechtslage zu den Einkünften aus Derivaten gem. § 27 Abs. 4 EStG. Somit wird es bei diesen Derivaten zu keiner Änderung kommen.

Für Einkünfte aus Kryptowährungen soll der besondere Steuersatz gem. § 27a Abs. 1 Z 2 EStG von 27,5% zur Anwendung kommen. Nur falls die zugrundeliegenden Verträge in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht keinem unbestimmten Personenkreis angeboten werden, sollen die Einkünfte nach Tarif versteuert werden.

In Kraft treten sollen die Neuerungen am 1.3.2022 auf alle Kryptowährungen, die seit dem 28.2.2021 angeschafft wurden. Für gehaltene Kryptowährungen, die vor dem 28.2.2021 gekauft wurden, ist bei Inkrafttreten der Neuerungen die einjährige Spekulationsfrist bereits abgelaufen. Kryptowährungen, die vor dem 28.2.2021 gekauft wurde, sind somit als Altvermögen zu qualifizieren; dadurch soll eine Besteuerung unterbleiben.

Bei Anwendbarkeit des besonderen Steuersatzes von 27,5% sollen Einkünfte aus Kryptowährung der Kapitalertragsteuerabzugspflicht unterliegen. Zum Abzug der KESt verpflichtet sind inländische Schuldner der Kryptowährung, inländische Dienstleister oder inländische Betriebsstätten ausländischer Dienstleister. Die Abfuhr der KESt soll, abweichend zu der Abfuhr für andere Kapitaleinkünfte, nur einmal jährlich am 15.2. des Folgejahres erfolgen. Ab der Veranlagung 2023 soll für inländische Dienstleister die Verpflichtung zur KESt-Abfuhr in Kraft treten.

 

Senkung Körperschaftsteuer

Um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Österreich zu sichern und zu steigern und um zur Erhaltung von Arbeitsplätzen beizutragen, soll nun auch der Körperschaftsteuersatz stufenweise gesenkt werden. Für Veranlagungen im Kalenderjahr 2023 soll der Körperschaftsteuersatz auf 24% und ab der Veranlagung 2024 auf 23% abgesenkt werden.

 

Änderung des Umsatzsteuergesetzes

Bei nachträglicher Übertragung einer Wohnung in das Wohnungseigentum aufgrund eines Anspruches gem. § 15c Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) soll der Vorsteuerberichtigungszeitraum von zwanzig Jahren auf zehn Jahre reduziert werden. Dies soll zur Förderung der Eigentumsbildung beitragen. Auch für die Aufbewahrungsdauer der Aufzeichnungen und Unterlagen soll es zu einer entsprechenden Verkürzung kommen.

 

Fazit

Die ökosoziale Steuerreform Teil I soll für Familien, Arbeitnehmende und Unternehmen Entlastungen bringen. Die Regierung schätzt die Steuermindereinnahmen auf rund EUR 580 Mio. im Jahr 2022, die im Jahr 2025 bis auf EUR 3.372 Mio. steigt und insgesamt bis 2025 die heimische Wirtschaft und ihre Steuerzahler mit über EUR 18 Mrd. entlasten soll. Inwiefern das vorgeschlagenen Maßnahmenbündel tatsächlich umgesetzt wird, hängt nun von der Gesetzesbegutachtung und der finalen Gesetzeswerdung im Parlament ab.

 

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