Zeitlich unbefristete Rechnungsberichtigung in der Umsatzsteuer

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass auf Rechnungen eine zu hohe oder zu niedrige Umsatzsteuer ausgewiesen wird. In Fällen, in denen eine zu hohe Umsatzsteuer in Rechnung gestellt wird (z.B. 20% statt 10%), kommt es gemäß § 11 Abs. 12 UStG grundsätzlich zu einer Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung. Eine solche kann nur im Wege einer entsprechenden Rechnungskorrektur mit Wirkung ex nunc beseitigt werden. Das bedeutet, die Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung fällt erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung (und nicht rückwirkend) weg.

Lange Zeit war fraglich, ob eine solche Rechnungsberichtigung auch vorgenommen werden kann, wenn für die Veranlagungszeiträume, in denen die Steuerschuld entstanden ist, bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Dieser Frage hat sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seiner Entscheidung vom 15.12.2022 zur Gz Ro 2019/13/0034 gewidmet.

 

Sachverhalt und Verfahren bis zum VwGH

Eine Krankenanstalt hat einer Arztordination in den Jahren 2004 bis 2013 Geräte, Ordinationsräumlichkeiten und Nebenräume entgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Leistungen wurden mit 20% anstatt richtigerweise mit 10% Umsatzsteuer fakturiert. Nachdem der Fehler bemerkt worden war, wurden die Rechnungen im März 2015 korrigiert. Der Differenzbetrag wurde an die Arztordination zurückbezahlt und von dieser als Betriebseinnahme versteuert.

Die Finanzverwaltung erkannte die Rechnungsberichtigung nur die Zeiträume 2008 bis 2013 an. Demgegenüber versagte sie eine Korrektur für die vorangegangenen Wirtschaftsjahre, weil diesbezüglich bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Das Bundesfinanzgericht (BFG) ließ demgegenüber die Rechnungsberichtigung antragsgemäß für sämtliche Zeiträume zu und hielt fest, dass dem Gesetz keine zeitliche Befristung für die Durchführung von Rechnungskorrekturen zu entnehmen sei. Dagegen richtete sich die Amtsrevision des Finanzamts Österreich.

 

Rechtliche Würdigung durch den VwGH

Der VwGH teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des BFG und wies die Revision als unbegründet ab.

Im zu beurteilenden Sachverhalt seien die Finanzbehörde, der Steuerpflichtige und das BFG unstrittig von einer ursprünglichen Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung ausgegangen. Somit stünde ausschließlich die Frage im Raum, ob sich die für die Jahre 2004 bis 2007 bereits eingetretene Festsetzungsverjährung in irgendeiner Weise auf die grundsätzliche Möglichkeit einer Rechnungskorrektur auswirken kann. Eine Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung falle erst mit der tatsächlichen Durchführung einer Rechnungsberichtigung, das heißt ex nunc, weg. Eine solche könne allerdings – abweichend von der Ansicht der Finanzverwaltung - zeitlich unbefristet vorgenommen werden, zumal weder das UStG noch die allgemeinen Verfahrensbestimmungen der BAO anderes vorsähen.

 

Fazit

Mit seiner Entscheidung vom 15.12.2022 hat der VwGH die wohl überwiegende Ansicht im Fachschrifttum bestätigt, wonach eine Rechnungsberichtigung ohne zeitliche Befristung möglich ist.

In diesem Zusammenhang gilt es allerdings hervorzuheben, dass eine Rechnungskorrektur mit Entfall der überhöhten Steuerschuld mit Wirkung ex nunc ganz grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn es bei Ausstellung der ursprünglichen (unrichtigen) Rechnung überhaupt zur Begründung einer Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung gekommen ist. Hinsichtlich dieser Frage sei auf unseren Beitrag zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rs P GmbH (C-378/21) verwiesen.

Noch nicht höchstgerichtlich entschieden ist die Frage, ob auch eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung gem. § 11 Abs. 14 UStG (unberechtigter Steuerausweis) zeitlich unbefristet durch Rechnungskorrektur beseitigt werden kann. UE sind die Ausführungen des VwGH auch auf die Steuerschuld gem. § 11 Abs. 14 UStG übertragbar, sofern die – strengeren – Anforderungen an eine diesbezügliche Korrektur dem Grunde nach erfüllt sind.

 

Sie haben Fragen zur Rechnungsberichtigung? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!

 


Autorin:

Stefanie Geringer

stefanie.geringer@bdo.at
+43 5 70 375 - 1588

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