Das BMF hat am 4.5.2024 den Begutachtungsentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2024 veröffentlicht. Der Gesetzesentwurf sieht eine Vielzahl von Neuerungen vor, wovon wir die Highlights für Sie zusammengefasst haben. Die Begutachtungsfrist läuft bis 3.6.2024.   

Einkommensteuer

Lebensmittelspenden

Begleitend zur Einführung einer Umsatzsteuerbefreiung für Lebensmittelspenden soll sichergestellt werden, dass solche Zuwendungen an begünstigte mildtätige Einrichtungen auch im Bereich der Einkommensteuer zukünftig steuerneutral möglich sind. Daher soll in § 4a Abs 7 EStG eine zusätzliche Ziffer (§ 4a Abs 7 Z 5a) eingefügt werden, wonach der Restbuchwert (und somit die gesamten Einstandskosten) als Betriebsausgabe abgezogen werden darf, anstatt einen gemeinen Wert ermitteln zu müssen. Die sonstigen Regeln des 4a Abs 7 Z 5 EStG (insbesondere kein Ansatz des Teilwerts als Betriebseinnahme) sollen auch für Lebensmittelspenden gelten. Die Vorschriften sollen mit 1.1.2024 in Kraft treten.

Spendendeckel

Nach § 18 Abs 1 Z 7 EStG ergibt sich ein Spendendeckel von 10% in Höhe des Gesamtbetrages der Einkünfte. Nun wird klargestellt, dass der maßgebliche Spendendeckel vor Berücksichtigung von Zuwendungen gemäß Z 8 und Z 9 (Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen bzw. Innovationsstiftung für Bildung und deren Substiftungen) zu ermitteln ist. 
In Z 7 und Z 8 wird berichtigt, dass lohnsteuerlich begünstigt behandelte nichtselbstständige Einkünfte, die gem § 41 Abs 4 erster Satz EStG im Rahmen der Veranlagung nicht dem Einkommensteuertarif unterworfen werden, bei der Ermittlung des Spendendeckels nicht einbezogen werden. Dasselbe gilt auch für sondersteuersatzbegünstigte Kapital- und Grundstückseinkünfte. Diese sind nur zu berücksichtigen, wenn sie aufgrund der Ausübung einer Regelbesteuerungsoption im tarifsteuerpflichtigen Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind. Durch die geplanten Klarstellungen treten keine Änderungen in der Praxis ein, weil der Spendendeckel bereits bisher nach diesen Kriterien ermittelt werden musste.

Regelung zur „verunglückten“ Realteilung

Derzeit kommt es bei Realteilungen, die nicht in den Anwendungsbereich des UmgrStG fallen, zur Realisierung sämtlicher stiller Reserven. Spiegelbildlich zur Regelung betreffend „verunglückte“ Zusammenschlüsse soll durch eine Ergänzung in § 24 Abs 7 letzter Satz EStG die sinngemäße Anwendung des § 32 Abs 3 EStG auch für „verunglückte“ Realteilungen ermöglicht werden und es künftig nur noch zu einer anteiligen Realisierung hinsichtlich der in der „Fremdquote“ enthaltenen stillen Reserven kommen. Insoweit das Vermögen dem Übertragenden weiterhin zuzurechnen ist, soll es nach § 24 Abs 7 EStG zur Buchwertfortführung kommen. Die Vorschriften sollen erstmals für Übertragungen mit Stichtag nach dem 30.6.2024 zur Anwendung gelangen.

Entnahmen bei Personengesellschaften 

Nachdem mit dem AbgÄG 2023 explizite Vorschriften für die steuerliche Behandlung von Einlagen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft eingeführt wurden, soll im Zuge des AbgÄG 2024 auch die Entnahme ausdrücklich gesetzlich geregelt werden. So soll § 32 Abs 3 EStG in zwei Ziffern unterteilt werden – Z1 regelt die Einlage, Z 2 die Entnahme von Wirtschaftsgütern in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen. Wie bei Einlagen soll der Übertragungsvorgang bei Entnahmen hinkünftig steuerlich getrennt hinsichtlich der Fremdquote zu beurteilen sein. 

Weiters soll eine Klarstellung erfolgen, dass die Regelung auch zur Anwendung kommt, wenn die Beteiligung an einer Personengesellschaft zum Betriebsvermögen eines Betriebes eines:einer Gesellschafter:in gehört und es zur Übertragung zwischen Einzelbetrieb und Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft kommt. Die Änderung soll erstmalig für Entnahmen nach dem 30.6.2024 anwendbar sein. 

Körperschaftsteuer

Änderungen i.Z.m. Unternehmensgruppen

§ 9 Abs 7 KStG regelt die Nicht-Abzugsfähigkeit von Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverlusten innerhalb der Unternehmensgruppe. Zu dieser Regelung soll in § 9 Abs 6 KStG die Z 4a hinzutreten. Demnach können vortragsfähige Verluste des Gruppenträgers aus Zeiten vor Wirksamwerden der Unternehmensgruppe nicht verrechnet werden, soweit darin (vormals abzugsfähige) Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Veräußerungsverluste hinsichtlich von Beteiligungen an Körperschaften enthalten sind, die zum Zeitpunkt der Abschreibung bzw.  des Veräußerungsverlusts bereits Mitglied einer anderen Unternehmensgruppe waren (gilt auch für noch nicht berücksichtigte Siebentelbeträge). Die Regelung soll am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. 
In § 9 Abs 6 Z 6 KStG soll zudem erstmals ab Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 die Möglichkeit des Verzichts auf die Zurechnung von Verlusten eines ausländischen Gruppenmitglieds geschaffen werden. 
Zusätzlich soll eine Änderung des § 9 Abs. 8 fünfter Teilstrich KStG eine Einbringung des Gruppenantrags durch Unterfertigung mittels elektronischer Signatur ermöglichen. 

Ergänzungssteuer

In § 10 a Abs 3 KStG soll ergänzt werden, dass bei der Berechnung der effektiven Steuerlast einer ausländischen Körperschaft auch eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer berücksichtigt werden soll, die nachgewiesenermaßen auf diese Körperschaft entfällt. Diese Regelung soll unabhängig davon gelten, ob die ausländische Gesellschaft nach ausländischem Recht selbst Steuerschuldner für die Ergänzungssteuer ist oder ob die Steuerschuld für die gesamte Unternehmensgruppe bei einer einzigen Geschäftseinheit liegt, wie es z.B. in Österreich nach § 6 iVm § 76 MinBestG der Fall ist. Durch Verweise auf Abs 3 in § 10a Abs 9 Z 3 und Z 4 KStG soll auch bei der Hinzurechnungsbesteuerung bzw. beim Methodenwechsel klargestellt werden, dass die nationale Ergänzungssteuer zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung angerechnet werden kann. Die Berücksichtigung der nationalen Ergänzungssteuer soll gem. einer Änderung des § 12 Abs 1 Z 10 KStG ebenso beim Abzugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren berücksichtigt werden. 

Umsatzsteuer

Leistungsortregelung Streaming-Leistungen

In der Vergangenheit ergaben sich Schwierigkeiten hinsichtlich der Bestimmung des Leistungsorts, wenn Leistungen virtuell zur Verfügung gestellt wurden. Die Leistungsortregelung des § 3a Abs 13 UStG soll daher in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/542 erweitert werden und zukünftig insbesondere auch Streaming-Leistungen umfassen, die nicht unter § 3a Abs 11 lit a UStG fallen (z.B. interaktive Online-Sprachkurse). Für diese Leistungen liegt der Leistungsort in Anlehnung an die Leistungsortregel für elektronisch erbrachte Dienstleistungen an dem Ort, an dem der:die Empfänger:in den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Änderungen sollen ab 1.1.2025 in Kraft treten.

Steuerbefreiung für Lebensmittelspenden

Bislang müssen Unternehmer Lebensmittelentnahmen gegebenenfalls als Entnahmeeigenverbrauch versteuern. Zukünftig soll eine echte Steuerbefreiung für Lebensmittelspenden an bestimmte begünstigte Einrichtungen (hier wird auf das EStG abgestellt) zur Anwendung gelangen. Ein (anteiliges) Recht auf Vorsteuerabzug ist daher nicht ausgeschlossen. Die Regelung soll ab 1.1.2025 anwendbar sein. 

Kleinunternehmerregelung

Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/285 sind umfassende Änderungen bezüglich der Sondervorschriften für Kleinunternehmer:innen (Art 281 ff der Richtlinie 2006/112/EG) beschlossen worden. Aufgrund dieser Änderungen soll insbesondere auch § 6 Abs 1 Z 27 UStG im Wege des AbgÄG 2024 angepasst werden. 

a)    Anwendung künftig auch für in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer:innen

Zukünftig sollen auch Unternehmer:innen, die ihr Unternehmen nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, die Steuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 27 UStG anwenden können. Hierfür ist zunächst Voraussetzung, dass der:die betreffende Unternehmer:in zusätzlich zur nationalen Umsatzschwelle von EUR 42.000 (Bruttogrenze) die unionsweite Umsatzschwelle von EUR 100.000 sowohl im laufenden als auch im vorangegangenen Kalenderjahr (noch) nicht überschreitet. Welche Umsätze einzubeziehen sind, ist in § 6 Abs 1 Z 27 UStG umfassend beschrieben. Bei Überschreitung dieser Schwellen soll die Befreiung ab dem Zeitpunkt des Überschreitens grundsätzlich nicht mehr anwendbar sein (zur Toleranzregelung betreffend die nationale Schwelle siehe unterhalb). Eine weitere Voraussetzung stellt die Beantragung der Inanspruchnahme der Kleinunternehmer:innenbefreiung für Zwecke der in Österreich bewirkten Umsätze in jenem Mitgliedstaat, in dem der:die Unternehmer:in das Unternehmen betreibt, dar. Bei Erfüllung der Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmer:innenbefreiung erhält der:die Unternehmer:in von der Steuerbehörde des Ansässigkeitsstaats eine „Kleinunternehmer-Identifikationsnummer“ mit dem Suffix „-EX“ ausgestellt. Seine in Österreich erbrachten Umsätze hat der:die Kleinunternehmer:in in eine Erklärung aufzunehmen, die er:sie bei der zuständigen Steuerbehörde des Ansässigkeitsstaats einzureichen hat, welche die Informationen an die österreichischen Behörden weiterleitet. 

b)    Anpassung der Umsatzgrenze, Toleranzregelung, Verzicht auf die Kleinunternehmer:innenbefreiung

Derzeit ist die Umsatzgrenze des § 6 Abs 1 Z 27 i.H.v. EUR 35.000 als Nettogrenze zu verstehen. Faktisch beträgt die Kleinunternehmer:innengrenze bei Unternehmer:innen mit Umsätzen, die zum Normalsteuersatz zu versteuern sind, EUR 42.000. Zukünftig soll es sich bei dem Betrag um eine Bruttogrenze handeln. Damit es jedoch zu keiner realen Änderung der Grenze kommt, soll der im Gesetz genannte Betrag auf EUR 42.000 angepasst werden. 
Eine weitere Änderung betrifft die Toleranzregelung. In der derzeitigen Ausgestaltung ist ein einmaliges Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15% innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren unbeachtlich. Zukünftig soll eine 10-%-Toleranzregelung eingeführt werden. Anders als bisher soll ein Überschreiten der Toleranzregelung nicht mehr auf den Jahresbeginn zurückwirken, sondern die Befreiung entfällt mit dem Umsatz, mit dem die 10-%-Toleranzregelung überschritten wurde. Für diesen und alle folgenden Umsätze ist die Befreiung nicht mehr anwendbar. Bei Überschreiten der Kleinunternehmer:innengrenze um nicht mehr als 10% kann die Kleinunternehmer:innenbefreiung noch bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahrs in Anspruch genommen werden.
Auf die Anwendung der Kleinunternehmer:innenbefreiung kann verzichtet werden. Wenn es sich um eine:n Unternehmer:in handelt, der:die das Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betreibt, muss der Verzicht über den Ansässigkeitsmitgliedstaat erklärt werden. Der Verzicht soll nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahrs und für Unternehmer:innen, die ihr Unternehmen im Inland betreiben, nur spätestens bis zum 31.1. des betreffenden Kalenderjahrs möglich sein und kann nach wie vor frühestens nach fünf Jahren widerrufen werden.

c)    Ausweitung der Möglichkeit zur vereinfachten Rechnungsausstellung

Zukünftig sollen Kleinunternehmer:innen unabhängig vom Rechnungsbetrag die Möglichkeit haben, vereinfachte Rechnungen gem § 11 Abs 6 UStG auszustellen. Kommt die Kleinunternehmer:innenbefreiung nicht mehr zur Anwendung (z.B. aufgrund des Überschreitens der Kleinunternehmer:innengrenze), wird die vereinfachte Rechnungsausstellung nur noch für jene Rechnungen zulässig sein, deren Gesamtbetrag – wie bisher – EUR 400 nicht übersteigt.

d)    Vorsteuerabzug

Unternehmer:innen, die in Österreich zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, können ab 1.1.2025 die Kleinunternehmer:innenbefreiung gegebenenfalls auch in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen. Aus diesem Grund soll Art 12 Abs. 5 UStG dahingehend angepasst werden, dass der Vorsteuerabzug betreffend Eingangsumsätze, die mit im Zielmitgliedstaat unter die Kleinunternehmer:innenbefreiung fallende Umsätze in Zusammenhang stehen, ausgeschlossen ist. Wie auch bisher soll für von § 6 Abs 1 Z 28 UStG erfasste Umsätze der Vorsteuerabzug generell ausgeschlossen sein. 

e)    Inanspruchnahme der Kleinunternehmer:innenbefreiung von in Österreich ansässigen Unternehmern in anderen MS

Im Inland ansässige Unternehmen sollen die Kleinunternehmerbefreiung spiegelbildlich (bei Nicht-Überschreitung der unionsweiten sowie der jeweils maßgeblichen nationalen Schwelle im laufenden und vorangegangenen Kalenderjahr) auch in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen können. Dafür muss mittels eines hierfür eingerichteten Portals eine Vorabmitteilung eingebracht werden, die die Informationen gem Art 6a Abs 2 UStG enthalten soll. Die "Kleinunternehmer-Identifikationsnummer" soll grundsätzlich bis spätestens 35 Werktage nach Eingang der Vorabmitteilung erteilt werden. 
Ab dem Zeitpunkt der Registrierung soll eine Verpflichtung zur Einreichung von quartalsweisen Meldungen über die Umsätze bestehen. Diese sollen bis zum Ende des auf das Kalendervierteljahr folgenden Monats einzureichen sein. Eine Überschreitung der unionsweiten Schwelle muss innerhalb von 15 Werktagen bekanntgegeben werden. Umsätze, die bis dahin bewirkt wurden, müssen noch gemeldet werden. Das Verfahren soll jederzeit freiwillig beendet werden können; daneben kann es in gewissen Fällen (insb. Einstellung der Tätigkeit) zum Ausschluss vom Verfahren kommen. 

Die Änderungen in Bezug auf die Kleinunternehmer:innenregelung sollen ab 1.1.2025 in Kraft treten. 

Differenzbesteuerung bei Kunstgegenständen

Die Anwendung der Differenzbesteuerung soll nicht mehr möglich sein, wenn die Lieferung an oder Einfuhr durch eine:n Wiederverkäufer:in dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Änderung soll mit 1.1.2025 in Kraft treten.