Am 21.4.2023 wurde der Begutachtungsentwurf zum Abgabenänderungsgesetz 2023 (AbgÄG 2023) veröffentlicht. Darin enthalten sind neben einigen Klarstellungen, Verwaltungsvereinfachungen und Schritten in Richtung Digitalisierung ebenfalls die bereits erwarteten steuerlichen Begleitmaßnahmen in Bezug auf grenzüberschreitende Umgründungen. Wir haben die wichtigsten ertragsteuerlichen Änderungen für Sie zusammengefasst.
Einkommensteuer
Steuerfreiheit für Entschädigungszahlungen an Wahlbeisitzer:innen
Entschädigungszahlungen die gemäß § 20 Nationalrats-Wahlordnung an Wahlbeisitzer:innen gleistet werden, sollen zukünftig „immer“ steuerfrei sein, zumal es sich um die Ausübung eines öffentlichen Ehrenamts handelt. Daher wurde im Katalog der Steuerbefreiungen (§ 3 Abs. 1 EStG) eine weitere Ziffer (§ 3 Abs. 1 Z 40 EStG) eingefügt, die diese Steuerfreiheit gewährleistet, solange die gewährten Entschädigungszahlungen die bundesgesetzlich festgelegten Beträge nicht überschreiten. Die Steuerbefreiung soll erstmals mit der Veranlagung 2024 in Kraft treten.
Entnahme von Gebäuden zu Buchwerten
Bisher sind Entnahmen von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen nach § 6 Z 4 EStG mit dem Teilwert im Entnahmezeitpunkt zu bewerten. Die Entnahme von nicht mehr betrieblich genutzten Gebäuden führt daher derzeit zu einer Realisierung stiller Reserven. Um leerstehende Betriebsgebäude außerbetrieblich leichter nutzen zu können (und somit auch die Bodenversiegelung einzudämmen), soll die Entnehme von Gebäuden aus dem Betriebsvermögen zukünftig (so wie bereits die Entnahme von Grund und Boden) zu Buchwerten möglich sein. Etwaige stille Reserven bleiben im Konzept des § 30 EStG ohnehin bis zum Veräußerungsfall steuerhängig. Durch die Entnahmeregelung zu Buchwerten kann die Gebäudebegünstigung bei Betriebsveräußerungen und Betriebsaufgaben nach § 24 Abs. 6 EStG zukünftig entfallen. Die Änderungen sollen mit 1.1.2024 in Kraft treten.
Klarstellungen i.Z.m. betrieblichen Einkünften aus Kryptowährungen
Im Zusammenhang mit betrieblichen Einkünften aus Kryptowährungen wurde nun auch gesetzlich verankert, dass die Ausnahmebestimmungen des § 27b Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 Z 2 zweiter bis vierter Satz EStG auch für Kryptowährungen gelten, die einem Betriebsvermögen zugehören. Dementsprechend sind Einkünfte aus Staking, Airdrops, Bounties und Hardforks, die im betrieblichen Bereich zufließen, ebenfalls erst im Zuge einer späteren Veräußerung zu erfassen.
Regelungen zum „Verunglücktem“ Zusammenschluss
Derzeit kommt es bei Zusammenschlüssen, die nicht unter den Anwendungsbereich des Art. IV UmgrStG fallen, zur Realisierung sämtlicher stiller Reserven. Bei einem derartigen „verunglückten“ Zusammenschluss soll zukünftig nun die Realisierung sämtlicher stiller Reserven unterbleiben. Vielmehr soll eine getrennte Betrachtung hinsichtlich Eigen- und Fremdquote erfolgen. Die Realisierung stiller Reserven soll nur in dem Ausmaß erfolgen, in dem das Vermögen dem Übertragenden nach Zusammenschluss steuerlich nicht mehr zurechenbar ist. Insoweit das Vermögen dem Übertragenden weiterhin zuzurechnen ist, soll es nach § 24 Abs. 7 EStG zur Buchwertfortführung kommen. Diese Buchwertfortführung soll jedoch nur dann zulässig sein, wenn eine Vorsorge gegen die Verschiebung von Steuerlasten getroffen wird. Die neuen Regelungen sollen erstmals für Übertragungen mit Stichtag nach dem 30.6.2023 anwendbar sein.
Klarstellungen i.Z.m. Einlagen in Personengesellschaften
Mit den Neuregelungen zum „verunglückten“ Zusammenschluss geht ebenfalls eine Klarstellung der steuerlichen Folgen von Einlagen aus dem Privatvermögen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft (analog zur bisherigen Verwaltungspraxis) einher. Der Übertragungsvorgang ist steuerlich getrennt hinsichtlich der Eigen- und der Fremdquote zu beurteilen. Insoweit ein Wirtschaftsgut dem Übertragenden nach der Übertragung nicht mehr zuzurechnen ist (Fremdquote), stellt der Vorgang (in entsprechendem Ausmaß) eine Veräußerung dar. Soweit ein Wirtschaftsgut dem Übertragenden weiterhin zuzurechnen ist (Eigenquote), muss eine Vorsorge getroffen werden, dass es zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerbelastung (insb. durch Ergänzungsbilanzen) kommt. Diesfalls liegt bei der Mitunternehmerschaft eine Einlage nach § 6 Z 5 EStG vor. Insofern keine (ausreichende) Vorsorge für die Verschiebung von Steuerlasten getroffen wird, erfolgt eine Aufdeckung stiller Reserven.
Körperschaftsteuer
Sicherstellung der Steuerhängigkeit früher übertragener stiller Reserven bei Privatstiftungen
Nach § 13 Abs. 4 KStG können Privatstiftungen bei Veräußerung eines nicht im Betriebsvermögen gehaltenen Kapitalanteils, an dem sie in den letzten fünf Jahren zumindest zu 1% beteiligt waren, aufgedeckte stille Reserven auf Anschaffungskosten einer neu angeschafften Ersatzbeteiligung von mehr als 10% übertragen. Dabei wurde bislang von der Verwaltungspraxis und dem Schrifttum hinsichtlich der Anwendbarkeit von § 13 Abs. 4 KStG bei Kapitalerhöhungen bestehender Tochtergesellschaften ein großzügigeres Verständnis beigemessen als es der VwGH im Erkenntnis vom 17.11.2022 (Ra 2021/15/0053) getan hat. Laut VwGH ist in diesen Fällen kein nach § 13 Abs. 4 KStG begünstigter Erwerb neuer Anteile gegeben. Mit einer Übergangsbestimmung soll nun die Steuerhängigkeit bei Veräußerung für „Altfälle“ sichergestellt werden, bei denen stille Reserven im Einklang mit der bisherigen Verwaltungspraxis übertragen wurden. Die Übergangsregelung wird rückwirkend ab der Veranlagung für das Jahr 2001 (dem Jahr der Einführung der Zwischenbesteuerung) in Kraft treten.
Gesetzliche Verankerung des Typenvergleichs im Rahmen der unbeschränkten KöSt-Pflicht
In § 1 Abs. 2 Z 1 KStG sollen von nun an auch vergleichbare ausländische Rechtsgebilde explizit erwähnt sein. Dies bildet die Rechtsgrundlage für die Anwendung des Typenvergleichs auf ausländische Rechtsgebilde bei der Ermittlung der unbeschränkten Steuerpflicht (was bisher schon von der herrschenden Lehre vertreten wurde). Damit ist klargestellt, dass sowohl für Zwecke der beschränkten als auch der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht eine Beurteilung nach Maßgabe des Typenvergleichs zu erfolgen hat.
Umgründungssteuerrechtliche Änderungen
Steuerliche Begleitregelungen zum EU-Umgründungsgesetz
Im Zuge der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie zu grenzüberschreitenden Umwandlungen (Sitzverlegungen), Verschmelzungen und Spaltungen durch das EU-Umgründungsgesetz sind auch steuerliche Begleitmaßnahmen im UmgrStG vonnöten. Während bei der grenzüberschreitenden Sitzverlegung die allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen zum Weg- und Zuzug Anwendung finden und sich auch bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen steuerlich keine wesentlichen Neuerungen ergeben, stellt die Einbettung der grenzüberschreitenden Spaltung in das UmgrStG eine wesentliche Errungenschaft des AbgÄG 2023 dar.
Grenzüberschreitende Spaltungen
Bislang waren im internationalen Kontext lediglich Auslandsspaltungen (Spaltungen ausländischer Körperschaften im Ausland aufgrund vergleichbarer Vorschriften) vom Anwendungsbereich des UmgrStG umfasst. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen im EU-UmgrG wird das österreichische Umgründungssteuergesetz zukünftig nunmehr ebenfalls auf grenzüberschreitende Auf- und Abspaltungen zur Neugründung Anwendung finden. Im UmgrStG sollen daher mit dem AbgÄG 2023 Regelungen betreffend eine mögliche Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs (im Falle der Export-Spaltung) sowie Regelungen für eine mögliche Entstehung des Besteuerungsrechts (im Falle der Import-Spaltung), ergänzt werden. Die neuen Regelungen orientieren sich stark an den bereits bestehenden Regelungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen in Art. I UmgrStG.
Art. VI UmgrStG soll entsprechend nur zur Anwendung kommen, insoweit es zu keiner Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreich hinsichtlich stiller Reserven und eines allfälligen Firmenwerts kommt. Wenn eine Einschränkung des Besteuerungsrechts Österreichs vorliegt, soll es zu einer analogen Anwendung des Ratenzahlungskonzepts (unter den bereits bekannten Voraussetzungen) kommen.
Grenzüberschreitende Ausgliederung
Ein weitgehendes Novum stellt die grenzüberschreitende Ausgliederung dar, die zukünftig eine weitere Gestaltungsmöglichkeit als steuerliche Einbringung unter Gesamtrechtsnachfolge für grenzüberschreitende Strukturierungen bietet. Ausgliederungen i.S.d. § 47 Abs. 5 EU-UmgrG sollen zukünftig unter Art. III UmgrStG fallen und entsprechend steuerlich als Einbringung zu behandeln sein (gesellschaftsrechtlich gelten sie jedoch als Spaltung). Bei der Ausgliederung i.S.d. EU-UmgrG überträgt eine Gesellschaft einen Teil ihres Vermögens auf eine oder mehrere dadurch neu gegründete Gesellschaften gegen Gewährung von Anteilen an die übertragende Gesellschaft.
Um die Anwendungsvoraussetzungen des Art. III für grenzüberschreitende Ausgliederungen zu erfüllen, muss (analog wie bei der Einbringung) qualifiziertes Vermögen i.S.d. § 12 Abs. 2 UmgrStG vorliegen und die sonstigen formalen und materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 UmgrStG erfüllt sein. Bei Nichterfüllung der Anwendungsvoraussetzungen des Art. III UmgrStG stellt die grenzüberschreitende Ausgliederung steuerlich eine „verunglückte“ Einbringung mit den damit verbundenen Rechtsfolgen dar.
Die Regelungen sind erstmals auf Umgründungen anwendbar, die nach dem 31.1.2023 beschlossen wurden.
Ausnahme bei der Buchwertfortführung in RE-Import-Fällen
Zur Vermeidung von Steuergestaltungen soll die Ausnahme der Buchwertfortführung bei Re-Import-Fällen in § 6 Z 5 lit h EStG auch auf Konstellationen ausgeweitet werden, bei denen die Steuerschuld der zuziehenden Beteiligung in der Vergangenheit nach § 16 Abs. 1a UmgrStG nicht entstanden ist. Diese Regelung soll bereits mit 1.4.2023 rückwirkend in Kraft treten.
Entstrickungregelungen auf Anteilsinhaberebene
Darüber hinaus wurden im Zuge des AbgÄG 2023 die Entstrickungsregelungen des UmgrStG auf Anteilsinhaberebene erweitert. Dabei soll gegen eine Einschränkung des Besteuerungsrechts auf Anteilsinhaberebene für side-stream Verschmelzungen (und Spaltungen) ohne Gewährung einer Gegenleistung vorgesorgt werden. Dementsprechend soll es im Falle der Weiterveräußerung oder einem sonstigen Ausscheiden der Anteile an der übernehmenden Körperschaft durch den ausländischen Anteilsinhaber zur Besteuerung kommen. Die Regelungen sind erstmals für Verschmelzungen aber auch für Ab- und Aufspaltungen mit Stichtag nach dem 30.6.2023 anwendbar.
Erweiterung beim Verzicht auf die Gegenleistung
Der taxative Katalog des § 19 Abs. 2 UmgrStG regelt die Fälle, in denen eine Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft im Zuge einer Einbringung unterbleiben kann, ohne dabei die Anwendungsvoraussetzungen des Art. III zu verletzen. Bislang war ein Verzicht nach § 19 Abs. 2 UmgrStG bei Beteiligung am einzubringenden Vermögen und an der übernehmenden Körperschaft im selben Verhältnis nicht möglich. Zukünftig soll der Verzicht auf die Gewährung einer Gegenleistung nach § 19 Abs. 2 UmgrStG auch möglich sein, wenn alle an der übernehmenden Körperschaft Beteiligten begünstigtes Vermögen einbringen, an dem sie insgesamt im Verhältnis zueinander im selben Beteiligungsausmaß wie an der übernehmenden Körperschaft beteiligt sind.
Erleichterungen für Geschäfte im Rückwirkungszeitraum
Zukünftig sollen nach § 18 Abs. 3 UmgrStG Rechtsbeziehungen zwischen Einbringendem und übernehmender Körperschaft bezogen auf das eingebrachte Vermögen mit steuerlicher Wirkung auf den dem Einbringungsstichtag folgenden Tag rückbezogen werden können, sofern es eine vertragliche Grundlage gibt, die dem allgemeinen ertragsteuerlichen Fremdvergleichsgrundsatz standhält. Als Ausnahme dieses neu eingeführten Rückwirkungsgrundsatzes bleiben Rechtsbeziehungen des:der Einbringenden (als natürliche Person) zur übernehmenden Körperschaft im Zusammenhang mit dessen:deren eigener Beschäftigung. Derartige Verrechnungen sollen erst ab Vertragsabschluss für Zeiträume (frühestens) nach Abschluss des Einbringungsvertrags steuerwirksam sein. Diese Regelungen gelten nach § 34 Abs. 1 UmgrStG insbesondere auch für Spaltungen. Anwendbar sollen die Regelungen erstmals für Umgründungen mit Stichtag nach dem 30.6.2023 sein.
Technische Änderungen
Digitale KESt-Befreiungserklärung
Bisher ist die KESt-Befreiungserklärung vom Abzugsverpflichteten als schriftliche Kopie ans Finanzamt weiterzuleiten. Diese bisherige KESt-Befreiungserklärung soll nun durch eine vollelektronische Datenübermittlung zwischen den abzugsverpflichteten Kreditinstituten und der Finanzverwaltung ersetzt werden. Durch die automatisierte Übermittlung soll ebenfalls das Haftungsrisiko von Kreditinstituten reduziert werden.
Einheitliche Regelung für Ausübung von Wahlrechten
Zur Verbesserung der Rechtssicherheit und einer Vereinheitlichung soll eine Generalnorm für das Stellen von Anträgen und die Ausübung von Wahlrechten geschaffen werden. In § 39 Abs. 4 EStG wird daher eine Generalnorm eingefügt, die künftig nur durch speziellere Einzelbestimmungen verdrängt werden soll. Dementsprechend sind Besteuerungswahlrechte und Anträge in der Steuererklärung auszuüben, wenn sie die veranlagte Einkommensteuer betreffen und soweit dies auf dem amtlichen Vordruck oder im Rahmen der automationsunterstützten Datenübertragung vorgesehen ist. Darüber hinaus wird die nachträgliche Änderung/Ausübung bzw. der Rückzug derartiger Wahlrechte (soweit nichts anderes bestimmt ist) gesetzlich verankert.
Digitalisierung der Meldung von Umgründungen
Nach § 43 Abs. 1 UmgrStG besteht eine allgemeine Anzeigepflicht für Umgründungen. Bislang war diese Anzeige jedoch nicht standardisiert über FinanzOnline einbringbar. Zukünftig soll die Anzeige elektronisch über ein standardisiertes Formular via FinanzOnline möglich sein. Dabei sollen wesentliche Daten und Informationen zur Umgründung wie zum Vermögen, der übertragenden und übernehmenden Partei, dem Umgründungsstichtag, der Art der Umgründung und ob gegebenenfalls ein Auskunftsbescheid nach § 118 BAO erteilt wurde, bekannt gegeben werden. Erstmals wird die standardisierte elektronische Anzeige für Umgründungen wirksam, die nach dem 31.12.2023 beschlossen oder vertraglich unterfertigt wurden.
Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Rulinganträgen
Ab 1.1.2024 dürfen Auskunftsbescheide nach § 118 BAO lediglich über FinanzOnline eingebracht werden. Diese Verpflichtung gilt jedoch nur für Abgabenpflichtige, die im Zeitpunkt der Antragstellung über eine inländische Steuernummer verfügen.
Elektronische Übermittlung von behördlichen Schriftsätzen an das BFG
Zukünftig soll die elektronische Übermittlung von behördlichen Schriftsätzen samt Beilagen an das BFG ermöglicht werden.
Autorin:
Magdalena Holzer
magdalena.holzer@bdo.at
+43 5 70 375 - 1088
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