EU-Kommission schlägt Richtlinie für Beschleunigung der Quellensteuerverfahren vor
EU-Kommission schlägt Richtlinie für Beschleunigung der Quellensteuerverfahren vor
Damit sollen grenzüberschreitende Investitionen im Binnenmarkt attraktiver und die Bekämpfung von Steuermissbrauch gefördert werden. Die Richtlinie soll bis zum 31.12.2026 in nationales Recht übernommen werden und ab 1.1.2027 anwendbar sein.
Beweggründe der Initiative FASTER
Grundproblem einer internationalen Veranlagungsstrategie ist, dass Dividenden (und Zinsen), die über Finanzintermediäre gehalten werden, in der Regel einer Quellenbesteuerung unterliegen, weshalb die Gefahr der Doppelbesteuerung gegeben ist. Diese unerwünschte Doppelbesteuerung soll zwar mithilfe des zwischen dem Quellenstaat und dem Ansässigkeitsstaat abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) vermieden werden, doch übersteigt die Quellensteuer meistens jene Steuer, die der Quellenstaat nach dem DBA tatsächlich einbehalten darf.
Die zu viel einbehaltene Steuer kann sich der:die Anleger:in im Quellensteuerverfahren erstatten lassen. Dies stellt jedoch ein in der Praxis oftmals kostspieliges und langwieriges Unterfangen dar. Zudem sind die Erfolgschancen nicht mit Sicherheit gegeben. Wie in einer kürzlich erschienenen Studie1) aufgezeigt wurde, fordern fast 70% der (Klein-)Anleger:innen die überschüssige Steuer aufgrund der hohen Komplexität und der langwierigen und komplizierten Verfahren nicht zurück. Laut Studie entscheiden sich folglich 31% der potenziellen Anleger:innen für einen Verkauf ihrer Aktien im EU-Ausland, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Kapitalmarkts deutlich geschwächt wird.
Die FASTER-Initiative bringt einen Lösungsansatz
Seit Jahrzehnten beschäftigen sich die Europäische Kommission und internationale Organisationen damit, die Ineffizienzen und das Betrugs- und Missbrauchsrisiko im Zusammenhang mit Quellensteuerverfahren zu untersuchen und zu beseitigen. Trotz diverser bereits herausgegebener Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zur Vereinfachung der Verfahren kam es nur zu minimalen Verbesserungen. Mit dem nunmehr vorliegenden Richtlinienentwurf verfolgt die Europäische Kommission einerseits das Ziel, die Quellensteuerverfahren in der EU zu vereinfachen und zu beschleunigen und andererseits eine faire Besteuerung zu gewährleisten. Konkret sollen diese Ziele unter anderem mit Regelungen zu einer EU-weit einheitlichen elektronischen Ansässigkeitsbescheinigung („EU-wide digital tax residence certificate”- kurz eTRC) und mit schnelleren Quellensteuerverfahren erreicht werden. Darüber hinaus sollen zukünftig Finanzintermediäre in die Quellensteuerverfahren eingebunden werden, indem diese einer standardisierten Berichterstattungspflicht unterliegen sollen.
Geplante Einführung einer digitalen EU-Ansässigkeitsbescheinigung (eTRC)
Die bisher von den Steuerbehörden ausgestellten Ansässigkeitsbescheinigungen in Papierform, die als Nachweis für die Inanspruchnahme eines reduzierten DBA-Quellensteuersatzes dienen, sollen durch für alle Mitgliedstaaten einheitliche digitale EU-Ansässigkeitsbescheinigungen ersetzt werden. Die Gültigkeit der eTRC soll mindestens ein Kalenderjahr betragen. Neu ist in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedstaaten nach dem Richtlinienentwurf verpflichtet sein sollen, die eTRC innerhalb eines Tags nach Beantragung auszustellen. Dafür sollen die Mitgliedstaaten ein vollautomatisches System einführen, das es ermöglichen soll, die Anträge über ein Onlineportal zu stellen. Damit soll dem Vorwurf der mangelnden Digitalisierung im Zusammenhang mit dem Quellensteuerverfahren entgegengewirkt werden.
Schnellverfahren zur Entlastung der Quellensteuer
Folgende Systeme hat die Europäische Kommission in ihrem Richtlinienentwurf zur Beschleunigung der Quellensteuerverfahren vorgeschlagen, wobei es den Mitgliedstaaten freisteht, eines davon oder eine Kombination aus beiden Systemen zu wählen:
- Entlastung an der Quelle (Relief at Source System)
Bei diesem System wird direkt im Zeitpunkt der Auszahlung der Dividende oder der Zinsen der vom jeweiligen DBA vorgesehene reduzierte Quellensteuersatz angewandt. - Schnelles Erstattungsverfahren (Quick Refund System)
Im Rahmen des Schnellerstattungsverfahrens wird im ersten Schritt die nach dem jeweiligen nationalen Recht vorgesehene Quellensteuer einbehalten. Dem nachgelagert soll die Rückerstattung der zu viel einbehaltenen Steuer spätestens binnen 25 Tagen ab der Rückerstattungsanfrage erfolgen.
Dieses von der Europäischen Kommission bevorzugte Verfahren soll vor allem der Bekämpfung von Missbrauch dienen. Aus diesem Grund sieht die Europäische Kommission in ihrem Richtlinienentwurf vor, dass dieses System insbesondere bei jenen Mitgliedstaaten implementiert wird, die in den letzten Jahren stark von Cum-Cum- und Cum-Ex-Praktiken betroffen waren.
Einbindung der Finanzintermediäre in das Erstattungsverfahren
Um in den Genuss einer der beiden soeben vorgestellten Erstattungsverfahren zu gelangen, müssen die Anleger:innen mit Finanzintermediären („certified financial intermediaries”- kurz „CFI”) in Verbindung treten und mit ihnen diverse Informationen austauschen.
Die Aufgaben der CFI sollen neben der Einhaltung der Anti-Geldwäschebestimmungen auch eine Due Diligence Prüfung des:der Anlegers:in sein, der:die dem CFI zu bestätigen hat, dass er:sie wirtschaftliche:r Eigentümer:in der Erträge aus den börsennotierten Wertpapieren ist und dass bezüglich der Wertpapiere keine finanzielle Vereinbarung zum Ex-Tag vorliegt. Zusätzlich sollen die Finanzintermediäre die Entlastung an der Quelle bzw. die Rückerstattung der überschüssigen Steuer im Auftrag und im Namen des:der Anlegers:in beantragen.
Änderungen und Digitalisierungsfortschritte in Deutschland
In Deutschland kam es kürzlich zu Änderungen im Beantragungsprozess zur Rückerstattung überschüssiger Quellensteuern. Die Neuerung tragen der Zielsetzung der Digitalisierung und Vereinfachung der Quellensteuerverfahren Rechnung. Die Rückerstattung der zu viel einbehaltenen Steuer in Deutschland erfolgt künftig über das neu eingerichtete Elster-Onlineportal, für das sich die Anleger:innen selbst oder Bevollmächtigte registrieren müssen. Nach Registrierung und Erhalt eines Zertifikats zur Authentifizierung kann der Antrag auf Rückerstattung der Quellensteuer online gestellt und gleichzeitig die Ansässigkeitsbescheinigung übermittelt werden. Damit soll von der Papierform abgekommen und das Verfahren, das meist mehrere Jahre dauern kann, beschleunigt werden.
Fazit
Der durch die Europäische Kommission veröffentlichte Richtlinienentwurf FASTER beinhaltet erste Lösungsansätze für die bereits seit Jahrzehnten bestehenden Probleme im Zusammenhang mit den Quellensteuerrückerstattungsverfahren. Zwar wird keine unionsweite einheitliche Sofortentlastung an der Quelle eingeführt, wie dies von vielen Investor:innen und Finanzintermediären gefordert worden ist, dennoch verspricht die Initiative ein schnelleres Verfahren und geringere Komplexität. Der Richtlinienentwurf ist somit zu begrüßen. Ob dieser auch von den Mitgliedstaaten der EU angenommen wird, bleibt abzuwarten.
Autorin:
Marijana Krizanac |