Angesichts der beispiellosen Zerstörungen durch die Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien besteht in der österreichischen Bevölkerung vielfach der Wunsch, den Menschen vor Ort zu helfen. Wenn Unternehmer:innen Waren aus ihrem Unternehmen unentgeltlich für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen, müssen sie in diesem Zusammenhang in der Regel eine Eigenverbrauchsbesteuerung durchführen. Unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen besteht jedoch die Möglichkeit, Hilfsgüter umsatzsteuerfrei in die Türkei zu liefern.
Die unentgeltliche Überlassung von Produkten aus dem Unternehmen führt nach den allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts zu einem Entnahmeeigenverbrauch, wenn der Erwerb bzw. die Herstellung der Produkte zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Der Entnahmeeigenverbrauch ist einer Lieferung von Gegenständen gleichgestellt. Somit lösen Sachspenden in der Regel Umsatzsteuer aus.
Für Sachspenden, die in Zusammenhang mit der jüngsten Erdbebenkatastrophe geleistet werden, besteht jedoch unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, eine solche Umsatzbesteuerung zu vermeiden. Die Grundlage hierfür bildet die Verordnung (VO) BGBl 1992/787 (Umsatzsteuerentlastung bei Hilfsgüterlieferungen ins Ausland).
Damit die entsprechenden Hilfsgüterlieferungen nach Maßgabe der VO BGBl 1992/787 als nicht umsatzsteuerbare Umsätze behandelt werden können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es handelt sich um entgeltliche oder unentgeltliche Hilfsgüterlieferungen im Rahmen von nationalen und internationalen Hilfsprogrammen in Notstandsfällen.
- Die widmungsgemäße Verbringung in den begünstigten Staat kann der Abgabenbehörde nachgewiesen werden (Nachweisvorsorgepflicht). Dies ist laut einer Information des BMF erfüllt, wenn die Hilfsgüter an inländische karitative Organisationen für die entsprechenden Zwecke zur Hilfe vor Ort übergeben werden.
- Der Bestimmungsort der Hilfsgüter liegt in einem der in der Verordnung aufgezählten Staaten. Dies trifft auf Sachspenden zu, die für die Türkei bestimmt sind. Für Hilfsgüterlieferungen mit Syrien als Bestimmungsland ist die Verordnung demgegenüber nicht anwendbar, weshalb Unternehmer:innen in Zusammenhang mit Lieferungen von Hilfsgütern nach Syrien einen Eigenverbrauch zu besteuern haben.
- Da es nach der Verordnung ausschließlich darauf ankommt, dass der Bestimmungsort in einem der aufgezählten Staaten liegt, können die betreffenden Hilfsgüter auch an inländische karitative Organisationen geliefert werden, die sie zur Hilfeleistung vor Ort nutzen (siehe oben).
- Allfällige entgeltliche Lieferungen müssen an Körperschaften öffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden) oder gemeinnützige Rechtsträger erfolgen. Zudem darf beim Empfänger kein Recht auf Vorsteuerabzug bestehen.
- Vor Erbringung der Hilfsgüterlieferungen muss eine schriftliche Erklärung gegenüber dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt abgegeben werden. Aus dieser Erklärung müssen sich folgende Umstände ergeben:
- Art und Menge der Hilfsgüter;
- Genaue Bezeichnung und Anschrift des:der Abnehmer:in der Sachspende (bzw. der entgeltlichen Lieferung);
- dass dem:der Abnehmer:in keine Umsatzsteuer angelastet wird.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt: Der Vorsteuerabzug bleibt trotz der Behandlung der Hilfsgüterlieferungen als nicht steuerbarer Umsatz erhalten.
Fazit
Im Allgemeinen führen Sachspenden aus dem Unternehmen zu einem steuerpflichtigen Eigenverbrauch. Unter Einhaltung gewisser Voraussetzungen besteht allerdings die Möglichkeit, unentgeltliche und sogar entgeltliche Hilfsgüterlieferungen im Kontext der jüngsten Erdbebenkatastrophe, die für die Hilfe vor Ort in der Türkei bestimmt sind, als nicht steuerbare Umsätze zu behandeln. Der Vorsteuerabzug bleibt in diesen Fällen erhalten.
Autorin:
Stefanie Geringer |