Neuerungen für Pflegekräfte aus Drittstaaten

Neuerungen für Pflegekräfte aus Drittstaaten

Unser Thema am People Thursday, dem 22. September 2022:


 

Wie wir bereits in unserem People Thursday Beitrag vom 11.8.2022 berichtet haben, steht eine Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes sowie einiger anderer Gesetze an, um den Zugang für Fach- und Schlüsselkräfte aus Drittstaaten zu erleichtern. Die Änderungen der Novelle treten mit 1. Oktober in Kraft.

Das Kernstück der anstehenden Änderungen stellt die Novellierung der Rot-Weiß-Rot-Karte darf. Bis dato standen Pflegeberufe zwar schon auf der Liste der bundesweiten Mangelberufe, jedoch scheiterten einige Antragsteller:innen an der erforderlichen Punkteanzahl für die Rot-Weiß-Rot-Karte für Mangelberufe. Ein häufiges Problem waren die fehlenden Punkte für das Alter, da bis dato nur Punkte für Antragsteller:innen bis 40 Jahre vergeben wurden. Insoweit bringt die anstehende Novelle eine Erleichterung: In der Kategorie „Alter“ werden ab dem 1.10.2022 5 Punkte vergeben, wenn die Fachkraft über 40 Jahre ist. Dadurch soll älteren Antragsteller:innen das Erreichen der erforderlichen Mindestpunkte erleichtert werden. Durch die Novelle erfolgte auch eine Aufwertung der Englischkenntnisse. Leider wurden Punkte für andere Sprachkenntnisse neben Deutsch und Englisch nicht in die Novelle übernommen.

Eine wesentliche Änderung gibt es für Pflegekräfte aus Drittstaaten, die ihre Ausbildung in Österreich absolviert haben: Im August 2022 hat der Bundesminister für Arbeit von seiner Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht und Ausländer:innen vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen, die über ein Aufenthaltsrecht nach dem NAG1) verfügen und in Österreich eine Ausbildung in einem Pflegeassistenzberuf oder im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege erfolgreich absolviert haben und in Österreich nach dem GuKG2)  zur Berufsausübung berechtigt sind.3) In der Praxis bedeutet dies, dass Pflegekräfte, die eine Ausbildung in Österreich erfolgreich abgeschlossen haben, fortan keine gesonderte Beschäftigungsbewilligung für die Ausübung eines Pflegeberufs benötigen, solange sie über einen Aufenthaltstitel nach dem NAG verfügen.

 

Update zur Indexierung von Familienbeihilfe und Absetzbeträgen

Wie in unserem Beitrag „Aktuelles: Indexierung von Familienbeihilfe und Absetzbeträgen unionsrechtswidrig“ vom 26.6.2022 ausführlich berichtet, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 16.6.2022 entschieden, dass die von Österreich gesetzlich vorgesehene Indexierung der Familienbeihilfe und diverser Absetzbeträge nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

 

Seit 1.1.2019 wurden zahlreiche Familienleistungen an die Lebenserhaltungskosten des Wohnsitzstaats des Kinds angepasst. Dabei war sowohl eine Anpassung an höhere („nach oben“ indexiert) als auch an geringere („nach unten“ indexiert) Lebenserhaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kinds vorgesehen. Von der Indexierung waren Arbeitnehmer:innen betroffen, die in Österreich eine Erwerbstätigkeit ausüben und deren Kinder dauerhaft in einem anderen EU- oder EWR-Staat als Österreich bzw. in der Schweiz leben. Neben der Familienbeihilfe, dem Kinderabsetzbetrag und dem Familienbonus Plus waren auch der Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag sowie der Unterhaltsabsetzbetrag von der Indexierung betroffen. Österreich hat nun Maßnahmen getroffen, um das Urteil des EuGH umzusetzen und einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen. Die Indexierungsbestimmungen wurden im Zuge einer Novelle des Familienlastenausgleichsgesetzes sowie des Einkommensteuergesetzes rückwirkend zum 1.1.2019 aufgehoben. Gleichzeitig wurde eine gesetzliche Grundlage für Nachzahlungen geschaffen.

 

Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag

Die Umstellung auf die österreichischen (= nicht indexierten) Beträge erfolgte bereits mit der Auszahlung für den Anspruchsmonat Juli.

Nachzahlungen für im Zeitraum Jänner 2019 bis Juni 2022 „nach unten“ indexierte Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträge wurden Anfang August automationsunterstützt überwiesen, sofern der Finanzverwaltung die relevanten Daten für die Auszahlung bekannt waren. Es ist zu beachten, dass keine gesonderte Mitteilung über die Anweisung der Nachzahlung an die Empfänger:innen erfolgte. Wenn der Finanzverwaltung nicht alle relevanten Daten für die Auszahlung bekannt waren und daher bisher keine Nachzahlung durchgeführt wurde, muss die Nachzahlung von den betroffenen Personen gesondert beim Finanzamt beantragt werden. Die Antragstellung kann über das Antragsformular „Beih100“ oder elektronisch via FinanzOnline erfolgen.

Zwischen Jänner 2019 und Juni 2022 zu viel gewährte Differenzbeträge zwischen den „nach oben“ indexierten Familienbeihilfen und Kinderabsetzbeträgen und den nunmehr geltenden österreichischen Beträgen werden nicht zurückgefordert.

 

Familienbezogene Absetzbeträge

(Familienbonus Plus, Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Kindermehrbetrag)

Für „nach unten“ indexierte Absetzbeträge gilt der österreichische Wert rückwirkend per 1.1.2019. Bereits ergangene Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2019 bis 2021 werden von Amts wegen geändert und es werden automatisch neue Bescheide erlassen. Die Differenz wird nach Erstellung des geänderten Bescheids auf das Bankkonto der:s Berechtigten überwiesen oder auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben. Werden die Absetzbeträge für das laufende Jahr (2022) in der Lohnverrechnung berücksichtigt, muss der Arbeitgeber eine Aufrollung durchführen und die österreichischen Werte bereits ab Jänner in der Lohnverrechnung berücksichtigen.

Es erfolgt keine Rückforderung der „nach oben“ indexierten Beträge für die Jahre 2019 bis 2021. Im Kalenderjahr 2022 werden bis inklusive Juli 2022 weiterhin die „nach oben“ indexierten Beträge berücksichtigt. Ab August 2022 werden die österreichischen (= nicht indexierten) Beträge herangezogen. Dies gilt sowohl, wenn die Absetzbeträge bereits in der Lohnverrechnung berücksichtigt werden, als auch dann, wenn die Absetzbeträge erst im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung bzw. Steuererklärung für das Jahr 2022 geltend gemacht werden.

 

   

 

1) Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, derzeit i.d.F. BGBl. I Nr. 106/2022.

2) Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, derzeit i.d.F. BGBl. I Nr. 128/2022.

3) Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 19. September 1990 über Ausnahmen vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. II Nr. 325/2022.

 

 

 


 

Autor:innen:

Cornela Stangl
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